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Title: 500 Schwänke
Author: Roda, Alexander Roda
Language: German
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  ####################################################################

                     Anmerkungen zur Transkription

  Der vorliegende Text wurde anhand der Buchausgabe von 1922 so weit
  wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Typographische Fehler
  wurden stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche und heute nicht mehr
  verwendete Schreibweisen bleiben gegenüber dem Original unverändert;
  fremdsprachliche Ausdrücke sowie Passagen in Dialekt bleiben
  ebenfalls unkorrigiert.

  Für Zitate innerhalb wörtlicher Rede wurden der besseren
  Übersichtlickeit halber einfache Anführungszeichen verwendet.

  Das Original wurde in Frakturschrift gesetzt; besondere
  Schriftschnitte werden im vorliegenden Text mit Hilfe der folgenden
  Sonderzeichen gekennzeichnet:

        fett:     =Gleichheitszeichen=
        gesperrt: +Pluszeichen+
        Antiqua:  ~Tilden~

  ####################################################################



                             500 Schwänke



                               Roda Roda

                             500 Schwänke


                      Umschlag von A. Weisgerber
                      Karikatur von Walter Trier


                          19. bis 24. Auflage


                    Dr. Eysler & Co. A. G., Berlin



                       Alle Rechte vorbehalten!

          ~Copyright 1922 by Dr. Eysler & Co. A. G., Berlin.~


                Druck: Dr. Eysler & Co. A. G., Berlin.



    Paul Busson

     gewidmet



           Die Karikatur ist den Lustigen Blättern entnommen



Wie ich hier sitze,


[Illustration]

hat man mich am 13. April 1872 geboren. Nur das Monokel ist etwas
später hinzugekommen.

Meine Bildung, soweit von Bildung die Rede sein kann, verdanke ich dem
Gymnasium zu Ungarisch-Hradisch. Doch bekam ich, als ich dreizehn Jahre
alt war, eine Gouvernante -- die bot mir manche Aufklärung, besonders
auf biologischem Gebiet.

Anfangs wollt ich mich der Landwirtschaft widmen. Auch mein Vater
war Agrarier gewesen -- doch im vergeblichen Kampf mit dem Klima
hatte er den Glauben an Gott verloren. Infolgedessen erbte ich nur
etwas Uhrkette von ihm -- die konservativ-patriotische Gesinnung der
Landwirte hingegen in so homöopathischer Verdünnung, daß ichs mit ihr
kaum elf Jahre beim Militär aushielt.

1901 verließ ich die Armee. Über meine Lebensführung in den folgenden
vier Jahren verweigere ich die Aussage.

1905 etablierte ich mich in München als Schriftsteller.

Ich darf mich rühmen, ein ~selfmade-man~ zu sein; klomm den mühsamen
Pfad der Lyrik hinan -- bis es mir gelang, eines Julinachmittags
1906 sechsundvierzig Schüttelreime zu dichten. Dadurch gelangte ich
zu einigem Wohlstand. Doch ich verpraßte das Geld nicht, das mir so
in den Schoß gefallen war, sondern kaufte dafür ein ausgemustertes
Pferd der Königlich Bayerischen Post. Bald konnte ich einen wohlfeilen
Göpel erstehen und bespannte ihn mit meinem Pferdchen. Es hieß
Sophie. Tagaus, tagein trottete Sophie im Hof rund um den Göpel; ein
Transmissionsriemen reichte von unten in meine Stube und trieb hier
sechs Schreibmaschinen.

Die Jahreswende 1907 machte Epoche in meinem Leben. Ich erwarb eine
kleine Wasserkraft und verkaufte das Pferd an den Hofcharcutier
Deininger. Gleichzeitig trat ich in das Alter der Geschlechtsreife
und schrieb meinen Entwicklungsroman. Er hatte viel Erfolg. Schon
1908 konnte ich einen Explosionsmotor einstellen und sechs neue
Schreibmaschinen mit automatischer Verstabulatur.

Seitdem dichte ich meistens dramatisch, wenigstens vormittags. Zum
zweiten Frühstück verfasse ich gern eine Erholungsballade -- seis über
Konradin, den letzten Hohenstaufen, seis über Cesare Borgia oder König
Etzel.

Die Zeit von eins bis fünf ist dem Humor geweiht. Auf dem Weg ins Café
Stephanie lasse ich mich von einer jungen Dame begleiten, die neben mir
hergaloppiert und meine Gedankensplitter aufzeichnet. Einer oder der
andre erweist sich als mißlungen; den werfen wir dann weg.

Von sechs bis sieben plagiiere ich, dann schimpfe ich ein Stündchen
über meine Verwandten.

Um acht halte ich meine Hauptmahlzeit -- kalter Aufschnitt, den ich aus
Pietät von Deininger beziehe. In der Verdauungspause diktiere ich eine
feinpsychologische Novelle. Grade in der Annaliese der Frauenseele
glaube ich es zu einiger Meisterschaft gebracht zu haben.

So verbringe ich meine Tage. Auf den Nobelpreis aspiriere ich nicht;
ich sehe ein, daß da mein Talent ein unüberwindliches Hindernis
bildet. Doch ich hoffe, daß es mir gelingen wird, noch zu Lebzeiten in
Breslau anerkannt zu werden; ein Schicksal, das bisher keinem Dichter
beschieden war.

  +Roda Roda+



500 Schwänke



Der Bräutigam in der Kolonie

Willem Reibetanz hatte eine Farm bei Windhuk und wollte gern auch eine
Frau. Er gab ein Inserat ins Hamburger Echo auf.

Es kam zu einem Briefwechsel mit Lina und Käthe Tiedemann. Zuerst zum
Spaß und dann im Ernst. Eines Tages reiste Lina zu ihrem Bräutigam nach
Windhuk ab.

Lange warteten die Eltern auf eine Hochzeitskunde.

Endlich kam ein Kabel:

„~lina ankam gestorbenem zustande verweigere annahme sendet kaethe.~“



Respekt


Wir zogen aus dem Wiener Rathauskeller heim -- eine ganze Karawane,
unbändig aufgelegt -- und brüllten in die stille Nacht.

Da kam teufelswild ein Schutzmann auf uns zu und schrie: wir wären
verhaftet.

Meine Kusine antwortete:

„~Edite, bibite, collegiales ...!~“

„Verzeihung,“ stammelte der Schutzmann, „Verzeihung! Die Herrschaften
saan Ausländer.“



Die Traurede


Als Lütkes heirateten -- Herrgott, war das eine Traurede!

„Aejje die Braautlojte in den haajligen Stand der Aejje träten ...“
-- so fing die Rede an und floß unaufhaltsam fort -- eine deutsche
Meile. Immerzu von der Braut, die der Pastor getaauft, erzoogen und
konfirmiirt hatte.

Dann eine kleine Abschweifung zum Bräutigam.

„Ond non, liebe Christen,“ sprach er, „kehren wir zorüück zo der so oft
berührten Braaut ...“



Tugend


Der Pfarrer kam zu armen Leuten.

„Eure Tochter ist doch hoffentlich brav und sittsam?“

„Naa, naa, Hochwürden -- dazu reicht’s bei uns nöt.“



Die Base


„Wer ist denn die Dame dort, die immer herüberblickt?“

„Meine Kusine.“

„So? Na, für eine Base sieht die Dame Sie aber merkwürdig unverwandt
an.“



Das Varieté


„Nichts,“ sagte Komteßchen, „ärgert mich so sehr an der Unfreiheit
meiner Mädchenjahre wie das Verbot, ein Varieté zu besuchen. Alle Welt
geht ins Varieté -- alle Welt redet davon -- und ich kann mir nicht
einmal im Entferntesten vorstellen, wie es dort aussehen mag.“

„Komteßchen -- Varieté, das ist sehr einfach: oben quält ein Kerl
wundervoll kluge Hunde, unten schreien die Leute: ‚Bravo‘, und die
Musik spielt ‚Deutsche Wacht auf Helgoland‘.“


Die Frau von heute


Der kleine Karl blättert im Modejournal.

„Sieh nur Mama, was für lange Beine jetzt modern sind!“



Die Vorliebe


In Agram war ein Beamter der Landesregierung verurteilt worden und kam
ins Zuchthaus nach Lepoglawa.

Er sollte sich eine Beschäftigung nach seinen Neigungen wählen.

„Wissen S’,“ sagte er, „am liebsten tu i halt alleweil regieren.“



Die Initialen


Mein Freund Kurz, der Architekt, wurde nach Tirol berufen -- da
hatte ein Berliner Kommerzienrat ein Schloß gekauft und wollte sichs
einrichten lassen.

Am meisten Kopfzerbrechen machten dem Berliner die Wappen über den
Türen. Die fremden Wappen verletzten seinen Besitzerstolz -- ein eignes
Wappen hatte er nicht -- und leer konnten die Stellen auch nicht
bleiben.

„Wie wärs,“ sagte Kurz, „wenn wir Ihre werten Initialen hinsetzten?“

„Aber Herr Architekt -- ich heiße doch Walter Cohn.“



Fragment


Auch die Frau hat ihre Flegeljahre: wenn ihre Tochter geheiratet hat.



Ordination


„Was fehlt Ihnen?“

„Hinterm Ohr bin ich halt aufgekratzt, Herr Doktor.“

„Aber, Mann, das ist ja schrecklich! Wovon haben Sie denn das?“

„Halt von die schlechten Zeiten, Herr Doktor.“



Das Gymnasium


Wir fanden uns nach zehn Jahren zusammen, wir Abiturienten des
Piaristengymnasiums. So wills ein alter Brauch.

Empfang, Festkommers; am nächsten Morgen Messe und Besuch der
Schulräume.

Im Lehrerzimmer legte uns der Direktor das Goldne Buch der
Mutteranstalt vor. Wir sollten einen klassischen Spruch einschreiben
und unsre Namen.

Man einigte sich auf:

„Wir lernen nicht für die Schule, sondern fürs Leben.“

Doch keiner konnt es ins Lateinische übersetzen.



Brautleute


„Wirst du mir immer treu bleiben, Isidor?“

„Bin ich en Prophet, Geliebte?“



Schwabing


„Deine Braut hat ja fabelhafte Erfolge im Kunsthandwerk. Sie soll auf
der Ausstellung einen Topf für dreißig Mark verkauft haben?“

„Erst nach der Verlobung. Ursprünglich hatte ich gar nicht
beabsichtigt, eine Geldheirat zu machen.“



Das Ehepaar


Mein Freund Röhren, Ende der Fünfzig, hat ein siebzehnjähriges Mädel
geheiratet.

Aber hübsch, das muß ich sagen. Ich hätt ihm so viel Geschmack nicht
zugetraut.

Ich begegnete Röhrens fünf Wochen nach der Hochzeit.

„Na, Gnädigste ...“ begann ich ...

Er vermutete wohl, ich würde was Unanständiges sagen, und flüsterte mir
rasch zu:

„Um Himmels willen -- ~elle ne sait rien~.“



Der Pessimist


„Guten Tag, Herr Meier!“

„Oh! Loben Sie den Tag nicht vor dem Abend!“



Politik


Wie wichtig doch alles war, was auf dem Balkan passierte!

Einmal, während der Wiener Delegationssitzungen, erhielt der Minister
Kallay folgende Depesche:

„Gatzko in der Herzegowina.

Dem Jowan sind zwei Ochsen gestohlen worden. Was wird Europa dazu
sagen?“



Die Pädagogin


Sagt man „~que voulez-vous de cela~“ oder „-- ~pour cela~“?

Als jeder anders entschied, suchten wir die Grammatik. -- Nirgends zu
finden.

Zum Glück wohnt eine französische Lehrerin im zweiten Stock -- die will
ich um eine Grammatik bitten.

Sie hatte keine.

„Denn,“ sprach sie mit bezauberndem Lächeln, „-- ick hunterrichten nur
Erren.“



Vaterliebe


„Was mir meine Söhne für Sorgen machen! Gleich möcht ich den Jakob drum
geben, wenn ich nur den Gustav und Moritz nit hätt.“



Königsberg


Herr v. Mollnow kommt in die Buchhandlung und verlangt einen Globus.

Der Buchhändler bringt einen, zwei, sieben -- sechzehn.

„Zu groß. Alles zu groß,“ sagt Herr v. Mollnow. „Ich möchte einen
Globus, wo Astpreißen allein drauf is.“



Der Spruch


Wir haben Gäste bekommen -- und Kathis, unsres Stubenmädchens gute
Schürzen sind in der Wäsche.

„So nehmen Sie doch eins von den Zierhandtüchern vor!“ sagt meine Frau.

Kathi bringt die Suppe. Anstelle der Schürze trägt sie ein Handtuch mit
der Aufschrift:

    „Grüß Gott, tritt ein,
    Bring Glück herein!“



Ehe


„Sag, Oskar -- was wünschst du dir zum Geburtstag?“

„Das Skelett deiner Mama.“



Naturkraft


„Hohorohoho! Rororohoho!“ dröhnte es vor dem Tor.

Ich schickte den Liftboy hinaus: man möchte die Hengste wegführen, sie
störten mich durch ihr Gewieher.

Er kam zurück.

„Verzeihen,“ sagte er, „das sind die beiden Herren Gutsbesitzer aus
Mecklenburg. Sie lächeln.“



~Traduttore -- traditore~


Mein Freund Pflanz, der berühmte Übersetzer, ist eben kolossal
beschäftigt: er übersetzt Strindberg für einen Leipziger Verleger und
Oskar Wilde für Berlin.

Leider kam gestern sein Töchterchen aus, geriet ins Arbeitszimmer und
riß die Titelblätter von den Büchern.

Der arme Pflanz ist totunglücklich. Er ist nicht mehr imstande,
festzustellen, welches Strindberg ist und welches Oskar Wilde.



Fragment


Die Zweckmäßigkeit der Naturanordnungen äußert sich oft in den
kleinsten Dingen. Wie weise, zum Beispiel, daß die Geruchsorgane nicht
in den Unterleib verlegt sind!



Bibliophilie


Doktor Massek hat ein populäres Buch geschrieben. Nun kündigt der
Verleger es an:

  Massek, „Heilung der Hämorrhoiden“      --
  broschiert                       ℳ  72.--
  dasselbe in Geschenkeinband      ℳ  85.--
  dasselbe, Liebhaberausgabe       ℳ 220.--



Veranlagung


Ich wußte nichts Rechtes zu beginnen.

Da sagte mir Mr. Parson:

„Wir in Amerika sind so weit, daß wir keinen Menschen auf den
ungünstigen Platz stellen, und niemand braucht bei uns nachzudenken,
welchen Beruf er ergreifen soll. Wir haben das Vokations-Bureau.“

„?“

„Ein Bureau zur Prüfung der individuellen Fähigkeiten. Eine Reihe von
tüchtigen Psychologen prüft den Bewerber, stellt Übungen an -- und die
Art, wie er auf Fragen und Reizworte reagiert, die Form, in der er
Gedankengänge entwickelt und Assoziationen knüpft -- das alles gibt
den Psychologen Anhaltspunkte für die Beurteilung des Bewerbers. Man
stellt dem Beobachteten einen Schein aus, der das Ergebnis der Versuche
auf eine knappe Formel bringt -- und damit ist die Zahl jener Berufe
abgegrenzt, die für den Bewerber in Betracht kommen; für die er begabt
ist.“

Ich ließ mich im Vokations-Bureau untersuchen.

Mein Zeugnis lautete:

„Mädchenhändler.“



Die Verwandten


Einer der stimmungsvollsten Abende, deren ich mich entsinne: der
Vorabend des siebzigsten Geburtstags Onkel Theobalds.

Nachmittag hatte man den alten Herrn unter irgendeinem Vorwand aus dem
Haus gelockt, die Nichten schmückten die Räume mit Tannengewinden. Die
Familie versammelte sich im Salon. Auf dem Tisch waren die Geschenke
aufgebaut.

Als Onkel Theobald ahnungslos seine Wohnung betrat, erkannte er sie
nicht wieder: Licht, Glanz und Blumen überall. Edith und Marga spielten
vierhändig Onkels Lieblingsstück, die Ouvertüre aus dem „Freischütz“.
Die vielen Geschenke -- das Wiedersehen mit langentbehrten Freunden: es
war zu viel Glück, zu viel für den alten Herrn. Vor Glück und Rührung
traf ihn der Schlag.

Was unsre Festfreude noch bedeutend erhöhte.

Es war ein herrlicher, ein wunderbar stimmungsvoller Abend.



Der Junggeselle


„Saan Sö aber heut wieder unwirsch!“

„Haben S’ mi scho amol wirsch gsegn?“



Kommerz


Ein Kerl in Prag hat sich von Pleiner porträtieren lassen und zahlt nun
nicht.

Pleiner wollt ihn verklagen. Ich, der Klügere, riet:

„Mensch, erkundig dich doch erst, ob dein Schuldner auch was hat. Sonst
mußt du am Ende die Gerichtskosten obendrein bezahlen.“

Richtig, Pleininger erkundigte sich.

Vom Kaufmännischen Kreditbureau kam folgende Auskunft:

„Angefragter kauft nur bei slawischen Firmen ein, unterstützt den
tschechischen Schulverein, auch ist Verdacht des Antisemitismus nicht
ausgeschlossen.“



Die Gentlemen


Im Garten der Irrenanstalt, Zahlabteilung, trafen zwei Herren zusammen
und stellten sich vor:

„v. Krowitz -- Verfolgungswahn.“

„Sehr angenehm. Huber -- weiße Mäuse.“



Haussegen


    „Nord, Süd, Ost, West --
    Daheim ist das Biest.“



Humanistik


Als ich Sextaner war, spielte sich eine Szene ab, die jetzt noch hie
und da meine Träume beunruhigt:

Es war in einer sommerlichen Lateinstunde -- ich hatte einen Kork auf
mein Taschenmesser gespießt und trommelte damit leis unter der Bank.
Der Lehrer, Doktor Weber, erwischte mich, schrieb mich ins Klassenbuch
und sprach:

„Noch fehlt dir die Einsicht für dein Tun, unglückseliger Knabe! Doch
je mehr dein Verstand reifen wird, desto furchtbarer wird dich die Reue
verfolgen dafür, daß du einst mit einem aufgespießten Kork unter der
Bank getrommelt hast.“



Ankündigung


Wichtig für Fremdenhotels, Sommerfrischen, Wirte auf dem Land:

  Patentbarometer „Tourist“,
  +stets steigend+,

zeigt nur bestes Wetter an und verhindert dadurch vorzeitige Rückkehr
der Sommergäste nach der Stadt.



Bändiger der Jugend


Mein Neffe ist auf dem Gymnasium. Gestern bringt er mir die Nachricht
heim: er werde nicht in die nächste Klasse aufsteigen.

Ich wunderte mich sehr, denn der Junge hatte das Jahr über doch in
allen Gegenständen soweit entsprochen.

Der Rektor gab es auch unumwunden zu, als ich ihn fragte. Karl wäre
sogar ein verhältnismäßig begabter Schüler -- in Untertertia.

„Aber,“ sagte er, „für Obertertia fehlt dem Jungen noch die nötige
sittliche Reife.“



Fremdwörter


„Wenn ich ‚Jupon‘ höre, denk ich immer an was Elegantes -- und bei
‚Unterrock‘ immer an was Schmieriges.“



Der Familienvater


„Haben Sie Kinder, Herr Baron?“

„Ja. Drei.“

„Und wie heißen sie?“

„Paul Schulz, Paul Wernicke und Paul Themaier.“



Fortifikation


Dem Kommandanten der Festungsfeuerwehr meldete man eines Tages
Großfeuer -- Fort 2, Objekt ~C~.

„Unsinn,“ sagte er. „Das Objekt ~C~ im Fort 2 ist von feuersicherm
Material erbaut, mit Asbest gedeckt und enthält ausschließlich
imprägnierte Gegenstände.“

Er fuhr aber doch hin.

Als er hinkam, lag das Objekt da -- ein rauchender Schutt.

Nur die Signalraketen fand man unversehrt unter den Trümmern.



Parlamentarismus


Der Sprecher der Mittelpartei führte seinen neuen Kollegen, Herrn v.
Jaritz, im Reichstagsgebäude umher.

Da sagte Herr v. Jaritz, der Neuling:

„Sitzungssaal, Büffett, Kommissionszimmer, Klosetts -- allens
schön un jut. Aber nu, Herr Parteijenosse, im Vertrauen: wo is die
Regierungskrippe?“



Ein Druckfehler


Die alten Deutschen tranken immer nach eins.



Italien


Im Dogenpalast sah ein Ehepaar aus Zwickau die Bilder an -- sie sah
hin, und er las ihr aus dem Baedeker vor.

Er hatte eine falsche Stelle aufgeschlagen, die ~Accademia di Belle
Arti~. Zum „Einzug Heinrichs III.“ las er:

„Giambino, Jesus unter den Heiligen.“

So gings durch sechs Säle. Endlich, vor Bellinis „Beweinung Christi“,
sprach der Zwickauer:

„Hier steht: Molyn, Schlittschuhläufer. Gathrin, gloobe mir, das gann
nich stimmen.“



Aus dem Gerichtsrepertoire


Montag, den 15. August: Alimentationsklage der unverehelichten Helene
Mahr gegen Kellermann und Genossen.



Hofbräuhaus


„Die Kulturentwicklung der modernen Menschheit erheischt im Interesse
einer weitern Ausgestaltung der dem Manne immanenten Triebe ...“

„Sö! Noch Ein Wort -- un i hau Eahna a Fotzen hinein.“



Der Kaufmann


Die Spinnerei von Moritz Keller steht in Flammen. Fiebernde Aufregung
in der Stadt.

Moritz Keller ist verschwunden. Endlich, gegen Mittag, findet die
besorgte Familie ihn im Kontor von Enesberger & Söhne, Wollwaren ~en
gros~.

„Vater,“ rufen die Söhne, „Moritz,“ schreit die Frau -- „was treibst du
hier, während dein Haus brennt?“

„Nu, wie ich gesehn hab anfangen den Brand, hab ich kalkuliert: nu
krieg ich doch ä größere Summe von der Versicherung. Nu kann ich
doch aber ä größere Summe nicht gleich verwerten, denn die Spinnerei
wird verbrännt sein. Hab ich gemacht mit Enesberger Söhne en
Eventualvertrag auf stille Beteiligung mit 300 Mille -- für den Fall,
daß meine Spinnerei abbrennt. Nu bin ich aber neugierig: is se richtig
abgebrännt?“



Familienfreuden


„Denken Se sich -- erhalte eben Depesche -- bin Vater jeworden.“

„Na -- und Jnädigste wohlauf?“

„Wenn die bloß nischt von erfährt.“



Pardon


Ähnlichkeit der Trachten führt oft zu unangenehmen Verwechslungen.

Im Flur des Hotels Britannia zu Braunschweig stand ein Mann in blauem
Frack mit blanken Knöpfen.

Ich drückte ihm eine Mark in die Hand und ersuchte ihn, mir die
Gummischuhe abzuziehen.

Erst als er mir eine Ohrfeige gab, bemerkte ich, daß er ein
braunschweigischer Kammerherr war.



Das Geheimmittel


„Sie kündigen da eine neue Salbe gegen kalte Füße an, ‚kolossal
wirksam, die beste der Gegenwart, der Tigel zu zwölf Mark in jedem
Laden‘. -- Sagen Sie mal aufrichtig: glauben Sie selbst an das, was Sie
ankündigen?“

„Na, zum Teil glaub ichs schon.“

„Und was glauben Sie?“

„Daß der Tigel im Laden zwölf Mark kostet.“



Bescheidenheit


„Wenn ich bei Tisch nur bequem sitze, liegt mir nichts daran, wenns
auch ein Gericht mehr gibt.“



Hof


Die Hysterie der Komtesse ist so schlimm geworden, daß man endlich
einen berühmten Spezialisten konsultiert.

Er untersucht die Kranke -- er reibt sich verlegen die Hände -- wie
soll ers der Gräfin-Mutter nur sagen?

Und endlich beginnt er:

„... Gräfin, es gibt ein Mittel, das die Heilige Schrift empfiehlt --
in dem Vers: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. Komtesse
müßte ... heiraten.“

„Glauben Sie, Herr Professor? Aber meine Tochter ist drei Jahre Hofdame
gewesen, und es hat ihr nicht geholfen.“



Nahrungsmittelchemie


„Ich habe zwei Häuser auf Abbruch gekauft.“

„Sind Sie denn Baumeister?“

„Nein, Paprikafabrikant.“



Literatencafé


„Man muß an Napoleon mit Sympathie denken: er hat einen deutschen
Verleger erschießen lassen.“



Die Galoschen


Ich traf Frau Eder auf der Promenade.

„Wohin des Wegs, Gnädigste?“

„Ach, denken Sie sich: ich habe wieder einmal meine Galoschen
verloren ...“

„Na, Gnädigste, das Polizeifundbureau ist ja nebenan -- versuchen Sie
doch Ihr Glück! Ich begleite Sie.“

Wir hatten noch kein Wort gesprochen -- da überreichte uns der Beamte
die Galoschen. Er kannte schon Frau Eder und kannte auch genau ihre
Gummischuhe.



Der Offizier


„Ick bin vor milde Handhabung des Militärstrafrechts. Dienst an sich is
Strafe jenuch.“



Der Konservative


Der alte Graf Bardy ließ sich endlich, endlich bewegen, ein Telephon
anzuschaffen.

„Na, Papa,“ riefen die Söhne, „ist es nicht wunderbar? Jetzt hast du,
ohne dich aus dem Haus zu rühren, mit der Agathetant gesprochen.“

„Ja,“ sagte der alte Bardy, „gesprochen hab ich schon mit ihr. Aber
glauben? Glauben tu ich an den Schwindel deßtwegen net.“



Der Ausweg


In der ersten Kavalleriebrigade dienten einmal zwei Prinzen: der eine
war General und Chef der Brigade -- der andre Oberst und Kommandant der
Wilhelm-Ulanen. Der Oberst war also -- seinem militärischen Rang nach
-- dem General unterstellt.

In der Hofrangliste aber standen Seine Kaiserliche Hoheit, der Oberst
obenan.

Darauf taten sich Seine Kaiserliche Hoheit, der Oberst was zugut.

Darüber ärgerten sich wieder Seine Königliche Hoheit, der General.

Und schrieben in die Qualifikationsliste Seiner Kaiserlichen
Hoheit: Seine Kaiserliche Hoheit, der Herr Oberst wären zum
Regimentskommandanten völlig ungeeignet.

Im Präsidialbureau des Kriegsministeriums gabs infolge dieses
unerhörten Vorfalls einige Verwirrung. Man konnte doch den hohen Herrn
Obersten nicht davonjagen; noch weniger das harte Urteil des Prinzen
und Generals ignorieren.

Endlich fand man einen Ausweg: man pensionierte den Oberstleutnant
Zoufalik, zweitältesten Stabsoffizier des Regiments Wilhelm-Ulanen.



Die Berufsparalyse


Bei Sardiniendragonern stand ein Rittmeister Graf Trotzki.

Eines Tages große Aufregung: Trotzki hatte es mit der Paralyse.

Der Oberst ließ ihn beobachten, und der Stabsarzt meldete nach ein
paar Wochen den Befund: von Paralyse wäre keine Rede; höchstens eine
leichte Störung -- doch: auch die sei schon behoben. Der Stabsarzt ließ
durchblicken: Trotzki habe simuliert.

So ein Schlaumeier, der Trotzki! Die Garnison hatte ihm nicht gepaßt --
da stellte er sich einfach paralytisch, um in den diplomatischen Dienst
zu kommen.



Die Skeptische


„Ich höre, Sie sind Braut, Fräulein -- ich gratuliere.“

„Gott, wenn man sich ein bißchen verlobt hat, ist man doch nicht gleich
Braut.“



Fragment


Es gibt, Gott sei Dank, noch Schauspielerinnen, die sich niemals in
Hosenrollen zeigen würden: die schlecht gewachsenen.



Chemie


In Zara hatte ein Weinwirt seine Frau vergiftet. Man übergab die
Giftreste einem Gerichtschemiker zur quantitativen Analyse, und er
stellte fest:

  Wasser                         91,0%
  Arsenik                         8,7%
  Spuren von Kieselsäure.

Ein andrer Chemiker sollte die Analyse nachprüfen. Er fand:

  Wasser                         93,0%
  Strychnin                       6,8%
  Spuren von Kochsalz.

Man rief den Sanitätsrat um ein Endgutachten an. Das Gutachten lautete:

  Wasser                         92,0%
  Arsenik                         8,7%
  Strychnin                       6,8%
  Spuren von Kochsalz und Kieselsäure.



Sport


„Ich angle jetzt. Sie können sich nicht denken, wie aufregend das ist.“

„Angeln -- aufregend?“

„Ja. Ich habe nämlich keine Fischkarte.“



Wohltätigkeit


Frau Bermann, die Philanthropin, hatte ein Säuglingsheim gegründet und
lief bei den Spitzen der Gesellschaft um -- mit einem Erpressungsbogen.

„Meine Gnädige,“ sagte der Hofmarschall, „zu einer Unterstützung aus
der Allerhöchsten Privatschatulle können wir uns nicht verpflichten.
Aber eine der königlichen Prinzessinnen fürs Ehrenpräsidium können Sie
haben. Sogar eine junge, wenn die Säuglinge ehelich sind.“



Der Grund


„Herrgott, sieht die Mira nobel aus!“

„Na, sie ist ja jetzt auch das Verhältnis von Niki Pleininger und Baron
Rosenbaum.“



Italien


Ich stellte ärgerlich meinen Wirt zur Rede: ich muß seit Monaten zehn
Lire Pension bezahlen -- und mein Nachbar, der Berliner, der heute
gekommen ist, zahlt für das gleiche Zimmer, die gleiche Küche nur
sieben.

Der Wirt zuckte die Achseln.

„Was wollen Sie,“ sagte er, „-- ~e fortunato~. Er hat eben Glück.“



Dragoner


Oberleutnant Baron Seifert schmachtete elf Jahre in einem
oberösterreichischen Dragonerregiment. Elf Generationen
Mostschädelrekruten waren nach und nach eingerückt -- er hatte sich
bemüht, sie mit Reitergeist zu erfüllen.

Einmal stand Seifert mit seinen Leuten beim Pferdeschwemmen -- da
marschierte eine Husarenschwadron vorüber.

Seifert wandte sich an seine Mannschaft:

„Ihr Affenhengste -- schauts nur an, wie schön die Husaren beisammen
sein!“

Und ein Dragoner darauf:

„Ja -- mir saan aber auch net so hoffärtig.“



Der zureichende Grund


„So, jetzt trink ich meinen Schnaps.“

„Hast du denn Durst?“

„Nein. Aber Schnaps.“



Die Witwe


„Warum trage ich eigentlich nur bei Tage Trauer? Bei Nacht trauere ich
doch am meisten um ihn.“



Die Eindringliche


„Moritz, kommst du, oder kommst du nicht?“

„Ich komme.“

„Ganz gewiß, Moritz?“

„Ganz gewiß, Liebste.“

„Schwör mir, daß du wirklich kommst!“

„Mein Ehrenwort, ich komm.“

„Dein Ehrenwort?“

„Mein Ehrenwort.“

„Nu sag aber im Ernst, Moritz: kommst du, oder kommst du nicht?“



Literatencafé


„Fleimer hat sich aufs Plagiieren verlegt.“

„Seine Gedichte sind seither auch viel besser.“



Die Ehrung


Eines Tages versammelte ein Berliner Zirkusdirektor seine Leute in der
Manege -- Artisten, Stall- und Bureaupersonal -- und verkündete:

„Meine Damen und Herren! Sie werden in der Zeitung lesen, daß ich
durch die Gnade Seiner Hoheit, des Großherzogs von Sachsen-Weimar zum
großherzoglich sachsen-weimarischen Kommissionsrat ernannt worden bin.
Wer mich mit diesem Titel anredet, fliegt.“



Das Buch


Ein ungeheuer kompromittierendes Buch war erschienen:

„Schandflecke der Gegenwart.“

„Enthüllungen aus dem Hofleben.“

Ein paar Tage später traf ich den General v. Warnhold. Er sprühte vor
Entrüstung.

„Haben Sie das niederträchtige, verlogene Machwerk gelesen? Diesen
Extrakt von Unwahrheiten, die alle aus der Luft gegriffen, glatt
erfunden sind? Diese schwindlerischen Lügen? -- Ich bin dreizehn Jahre
bei Hof gewesen. Ich könnte noch ganz andre Dinge erzählen. Aber tut
denn ein anständiger Mensch so was?“



München


Meine Braut bestellte sich ein Redoutenkleid.

Die Schneiderin fragte:

„Wie wünschen Gnädige die Dekolletage? Hoffähig oder mehr
protestantisch?“



Wagner


„Sie! Sie haben mir gestern was Schönes angetan mit dem Freibillet zu
‚Tristan‘! Diese brausende Musik! Und dann bringt mir der Kellner noch
dunkles Bier.“



Ein Mißverständnis


Die ungarischen Staatslenker sind wieder einmal in Wien. Der
österreichische Minister geht mit seinem ungarischen Kollegen über den
Ballhausplatz.

Der Ungar fühlt sich heute ungewöhnlich wohl und schreitet wacker aus.

Der Österreicher:

„Exzellenz, hast du Eile?“

Der Ungar:

„So stinketes Vogel wird durch mich nicht gehalten.“



Literaturtratsch


„Kolossaler Kerl, dieser Friemke! Hat schon wieder ein prachtvolles
Ehebruchsdrama vollendet.“

„Kunststück -- wenn man so ne Frau hat.“



Autoren


„Haben Sie schon mein neuestes Werk gesehen -- zwei Bücher in einen
Band gebunden?“

„Ach, ist er von Ihnen -- der neue doppelschläfrige Roman?“



Die Tanten


Die lieben Tanten besuchten mich in meiner Junggesellenwohnung.

Doch es war sehr ungemütlich; die Tanten blickten immerzu einander an
und blickten sich auf die Stiefel.

Ein lahmes Gespräch vom Wetter kam zustande.

Endlich sagte ich:

„Verzeihung -- stört es euch, wenn ich das Fenster öffne? Der Ofen
riecht so sehr.“

Tante Klothilde darauf erleichtert:

„Der Ofen, lieber Neffe? Du hast uns einen Alp von der Brust genommen.“



Der Lebemann


„Wenn man eine Stunde wirklich angenehm schlafen will, muß man sich um
acht Uhr wecken lassen und steht dann nicht auf.“



Der Abgesägte


„Die einzige Art, sich im Staatsdienst eine sichere Existenz zu
gründen: mit der Kasse durchgehen.“



Madjaren


Mein Freund Antalffy beurteilt alle Welt nach seinen heimischen, den
Budapester Verhältnissen.

Eines Tages standen wir im Zoologischen Garten.

„Herrgott,“ rief Antalffy, „is das großer Vogel!“

„Das ist ein Kondor.“

„Hat sicher früher Kohn geheißen,“ sagte Antalffy.



Restaurant


„Weißt du schon das Neueste? Ich lasse mich scheiden. Prost!“

„Prost -- ich komme nach.“



Die Freundin


Fräulein Mary erzählte mir.

„Denken Sie sich dieses Pech: meine Freundin lädt mich nach Wien -- ich
komme hin, da ist sie schwer krank. Fuß gebrochen.“

„Donnerwetter! Wird wohl beim Exerzieren mit dem Sporn hängen geblieben
sein?“

„Nein, er ist Tenor.“



Cercle


Herzog Bernhard von Pillingen bereiste seine Staaten.

Er kam in irgendeinen Flecken -- da wurde Seiner Hoheit die
Geistlichkeit vorgestellt, das Offizierskorps und endlich auch die
Staatsbeamten.

Seine Hoheit hatten für jedermann ein paar leutselige Worte.

Als der Direktor des Katasterbureaus an die Reihe kam, rief der Herzog:

„Ah -- Katasterdirektor? Ungemein interessant. Sagen Sie ... ist es
wirklich wahr, daß man davon eine so hohe Stimme bekommt?“



Korrespondenz


„Wie aufmerksam, Herr Kommerzienrat! Sie haben meinen Brief eigenhändig
beantwortet.“

„Nu, wenn es sich handelt um einer Angelegenheit mit feinem Stil, nimm
ich mr immer selber der Mühe her.“



Bei Dressel


„Blücher hieß mit Recht der Marschall Vorwärts.“

„Nanu -- ooch en Sozialdemokrat?“



Der kaiserliche Dienst


Ich traf einst meinen alten Freund Oberleutnant Pleininger in Wien.

Er breitete die Geschichte seines Lebens vor mir aus.

„Du weißt ja, früher war ich beim Hengstendepot. Aber siegst: es war
mir zu eintönig, immer die Beschäler pflegen -- da hab ich mich zur
Monturverwaltung übersetzen lassen. Heut laß ich Mäntel klopfen, morgen
zähl ich den Unterhosenbestand, übermorgen überwichsen wir die Stiebel
-- es is doch eine ungeheure Abwechslung.“



Fragment


Heine ist der Vater des Feuilletons, Ignatieff Vater der Lüge. In
welchem Grad mögen Heine und Ignatieff verwandt miteinander gewesen
sein?



Musik


„Meister, welche Methode des Gesangsunterrichtes halten Sie für die
beste?“

„Die, wo das Honorar im vorhinein gezahlt wird.“



Die Fleischkonserven


Bei den Benziger-Dragonern hatten wir einmal Lagerübung mit Abkochen
und Füttern.

Das Lager war bezogen -- da stürzte Wachtmeister Plhal auf mich zu und
meldete:

„Herr Leidnant, Gottes willen, mir ham Fleischkonserven z’ Haus
vergessen.“

Saubagage! Aber was gehts mich an? Sie sollen sich helfen, wie sie
können.

Eine Stunde später kommt der Oberst ins Lager, die Kochgräben und
Kochmaschinen besichtigen.

Wachtmeister Plhal reicht ihm einen Löffel von unsrer Suppe -- der
Oberst führt ihn zum Mund.

„Jetzt kommts,“ dachte ich mir.

Allein der Oberst gab den Löffel zurück und sagte:

„Brav. Brav. Sehr schmackhaft und ausgiebig.“ -- -- --

„Wachtmeister! Wie haben Sie das angestellt?“ fragte ich, als der
Oberst weit genug weggegangen war. „Wo Sie doch die Konserven zu Haus
vergessen haben?“

„O, Herr Leidnant, bitt gehorsamst, macht nix. Hamme a bißl Hufkitt mit
Stiewelwichs gekocht; schmeckte teischend wie Fleischkonserve.“



Die Mainlinie


Ärztekongreß in Berlin.

Nach der Sitzung findet man sich im Restaurant zusammen. Sanitätsrat
Doktor Schabuschnigg-Graz erzählt einen interessanten Fall aus seiner
Praxis.

„... Die Patientin hat also an Magenkrebs und zugleich a Schnürleber.
Jetzt weiß ich ja net, wies in Norddeutschland is; aber bei uns
in Österreich wird der Magen auf der rechten Seiten zum Teil vom
Leberlappen bedeckt ...“



Schmerz


Man brachte dem Meister -- er saß eben beim Mittagessen -- die
Nachricht vom Tode seiner Gattin.

Gramgebeugt, mit zitternder Stimme fragte er:

„Wird von meinem ungeheuern Verlust in den Abendblättern schon zu lesen
sein?“



Vermittelung


„Hunderttausend Mark Mitgift hat das Fräulein, malt auf Seide, spielt
Klavier? Und will mich heiraten? Da muß sie doch irgendeinen Fehler
haben?“

„Nu, sie kann ihre Kinder nix selber stillen.“



Die Behörde


Der interessante Fremdling heißt Iwan Iwanowitsch Pawloff. Er ist
Redakteur in Tula.

„Eines Tages,“ erzählt er, „fing unsre Polizei drei Gauner. Ich hatte
vor, mich auf guten Fuß mit der Polizei zu stellen -- verschaffte
mir die Bilder der drei Gefangenen, die Bilder unsrer drei höchsten
Polizeibeamten und wollte das alles in der nächsten Nummer bringen.

Und was geschieht?

In der Druckerei verwechselt mans. Unter den Bildern unsrer höchsten
Polizeibeamten steht:

‚Die gefährlichsten Verbrecher von Tula.‘

Unter den Gaunern:

‚Diese Männer haben die Verbrecher entlarvt.‘

Am selben Morgen waren unsre drei höchsten Polizeibeamten entflohen.“



Die Beschreibung


In Linz war dereinst ein Oberst Kronholz, der hatte in seiner
Qualifikationsliste stehen:

„Spricht und schreibt perfekt persisch.“

Als der Schah von Persien nach Österreich kam, kommandierte man den
Obersten Kronholz zum Ehrendienst beim Schah.

Des Staunens war kein Ende, als er wirklich Persisch konnte.



Der Theoretiker


Leutnant Meidel -- der Meidel von der Luftschifferabteilung --
schilderte mir den Flugapparat, den er erfunden hatte.

Meidels Konstruktion beruht auf jahrelangem Studium des Vogelflugs.

Solche Beobachtungen haben auch andre Fachleute angestellt. Doch
alle frühern Beobachtungen waren mangelhaft -- das bewies mir Meidel
haarklein.

Meidel hat ganz neue Theorien für die Mechanik des Vogelflugs gefunden
-- Erklärungen, die von allen bisherigen himmelweit abweichen.

Da flog draußen eine Taube vorüber.

„Siehst du,“ rief Meidel, „also, zum Beispiel: diese Taube fliegt
falsch.“



Das Recht der Frau


Auf der Elektrischen in München. Alle Plätze besetzt. Eine dicke
Marktfrau steigt mit ihrer Hucke ein; sie wird nicht müde, ihre
bösesten Blicke einem Jüngling zuzuschleudern, der da sitzt und ihr
nicht Platz macht.

Endlich mault sie:

„Junger Herr, wann Ihnen der Hintere weh tut, sagen S’ mirs -- nachher
setz i mich für Eahna hin.“



Der Zerstreute


Ich kenne Herrn v. Mollnow von meinem Aufenthalt in Pommern her -- nun
freute ich mich ungemein, ihm in Berlin zu begegnen.

„Ick bleibe nich lang,“ erzählte er mir, „ick fahre heute schon wieder
nach meener Klitsche. Jestan abend, wissen Se, is mir nämlich hier in
Balin ene sehr ene unanjenehme Jeschichte passiert.

Ick wohne doch imma int Christliche Hospiz -- nich? Un wie ick nu bei
Dressel soupiert habe, jehe ick in die Winzerstuben, un dort mache ick
ne sehr ene interessante Bekanntschaft mit ner russischen Jräfin. Een
Wort jibt det andre -- sie erzählt, sie wohne nich jut un will janz
jern diese Nacht ooch int Christliche Hospiz ...“

„Ah -- und da hat man Sie wohl nicht eingelassen?“

„Rin ließ man uns schon -- ick sagte, die Dame wäre meene Frau. Wie ick
aber mit der Jräfin in meene Stube komme, wissen Se, da waren wa nich
alleene. Ick hatte nämlich, wissen Se, in meenem Tran total vajessen,
det ick meene richtije Frau mit nach Balin jenommen hatte.“



Ihr Grundsatz


„~Les amis de mon mari sont mes amis.~“



Der Besuch


Ich sitze in meinem Arbeitszimmer -- vor einem Berg von Korrekturen.

Das Mädchen meldet mir: draußen wär ein Herr, der mich zu sprechen
wünscht.

„Fragen Sie ihn, wer er ist und was er will!“

Das Mädchen kommt im Augenblick wieder:

„Er sagt, er is Oberst und kommt in einer Privataffäre.“

„Sagen Sie ihm: ich bin aus dem Heeresverband entlassen --
satisfaktionsunfähig -- fünf Jahre Ehrverlust.“

Das Mädchen kommt zurück:

„Der Herr Oberst laßt bitten, es is eine dringende Familiensache.“

„Sagen Sie ihm, ich hätte meine Familie verstoßen.“

Das Mädchen kommt zum drittenmal:

„Der Herr Oberst muß den gnä Herrn unbedingt sprechen -- in einer
wichtigen literarischen Angelegenheit, was die Zukunft betrifft.“

„Sagen Sie ihm: ich bin schon versichert.“

Da ging er endlich.



Ahnungen


„Na, und wie gehts Ihrer Tochter?“

„Sie fühlt sich Amme.“



Der Unterschied


Als ich noch bei den Benziger-Dragonern diente, da pflegte ein
Trainrittmeister oft bei uns zu frühstücken.

Er war ein ganz anständiger Mensch -- gar nicht so, wie man denken
sollte.

Eines Tages ließ er sich mit unserm alten Pleimschauer in einen Diskurs
ein und sagte:

„Gott -- was is denn weiter für a Unterschied zwischen uns? Du bist
Rittmeister, und i bin aa Rittmeister. Ob Dragoner oder Train --
Rittmeister is Rittmeister.“

„Wer sagt denn, daß a Unterschied is?“ antwortete unser Pleimschauer
höflich. „Aaner von uns is wie der andre ... Nur natürlich, wann
zufällig a Fremder kommet und möcht mich für an Trainrittmeister halten
-- no, so möcht ich ihn halt fordern.“



Der Graf von Habsburg


Die Habsburger waren nicht immer klerikal.

Rudolf, der Ahnherr des Hauses, hatte sein Pferd einem Priester geborgt.

Als der Priester am nächsten Tag das Pferd wiederbrachte, da sagte der
Graf:

„Nö -- ein Pferd, wo mal ein Priester draufgesessen hat, das reite ich
nicht wieder.“



Etikette


Manche Leute, selbst in kulturfernen Zonen, sind von erstaunlicher
Etikettewut besessen.

In Tetuan, zum Beispiel, lebte ein reicher Kaufmann, ägyptischer
Untertan, der war Honorarkonsul von Österreich-Ungarn und Frankreich.

Am 18. August, Geburtstag des Kaisers Franz Josef, legte der Kaufmann
die französische Uniform an, fuhr rund um sein Haus, ließ halten und
gab auf dem österreichischen Konsulat seine Karte ab.

Fuhr weiter, kleidete sich um und machte in österreichischer Uniform
dem französischen Kollegen eine Dankvisite.



Werbung


„Miß Dorothee, können Sie sich entschließen, Ihre amerikanische Heimat
zu verlassen und als meine Frau zu leben -- im schönen Deutschland --
an der Seite eines Mannes, der Sie anbetet und liebt -- liebt, wie nur
je ein Mann das Weib seiner Träume geliebt hat?“

„Ja.“

„Ich danke Ihnen. -- Miß Dorothee, sagen Sie: ein Dollar sind wieviel
Mark?“



Das Mus


Meine Heimat ist ein Pflaumenland -- man kocht dort Mus in kolossalen
Kesseln.

Einst hatte Tante Julie anheizen lassen, und als es am schönsten
brodelte, beugte sie sich über, um zu sehen, ob es richtig koche -- da
glitschte sie aus und fiel hinein.

Sie war sofort mausetot.

In der Familie erhob sich ein leidenschaftlicher Streit. Die einen
sagten:

Von dem Mus, worin die gute Tante ersoffen ist, würden sie keinen
Bissen essen können, es wär ein ewiger Vorwurf.

Die Töchter wieder sagten:

Ein Mus, wo so eine Familienerinnerung dran haftet, das dürfe man doch
nicht fremden Leuten verkaufen, das wäre pietätlos.

Ich weiß, meiner Seel, nicht mehr, wie man sich einigte.



Abschied


Meine Frau konnte nicht mit -- da ließ sie mich aufs Sommerfest allein
ziehen.

„Aber,“ sagte sie, „unterhalt dich wenigstens nicht sehr gut!“



Familienleben


Unsre Großmama leidet seit Jahren an intensiver Darmträgheit. Darüber
regt sie sich manchmal sehr auf. Wenn sie sich aber aufregt, kriegt sie
Durchfall.

Seit wir das wissen, sparen wir die teuern Medikamente. Wir werfen ihr
einfach jeden Morgen gegen neun Uhr vor, sie allein wäre schuld an
Großvaters frühem Tod.

Darüber regt sie sich auf -- und um halb zehn ist der Stuhl da.



Volksetymologie


Auf dem Molo San Carlo standen einst zwei Kapitäne der Segelmarine und
betrachteten das Werk einer Taschenuhr.

„Ssön, ssön,“ rief der eine, „-- aber was kann probabilmente ~F~ und
~S~ bedeuten?“

„Oh -- du weißt nickt? Effe -- for; Esse -- ssurück.“



Beziehungen


„Merkwürdig -- ein Kind aus der ersten Ehe Ihrer Frau -- und sieht
Ihnen so ähnlich.“

„Darum hab ich sie ja heiraten müssen.“



Die Herrenreiter


Einer der aufregendsten Momente meines Lebens: das Regimentsrennen der
Benziger-Dragoner vor soundsoviel Jahren.

Bei der dritten Nummer, Steeplechase für Chargierer, stürzt Paul Kampff
am Wassergraben. Kybeo, dicht auf, landet direkt vor ihm, stürzt
natürlich ebenfalls, und die Reiter kommen unter die Gäule zu liegen.

Auf der Tribüne eine Panik, nicht zu beschreiben. Ein Herr von der
Bahnaufsicht spritzt sofort hin zu den Gestürzten, kommt zurück und
meldet:

„Beide Gehirnerschütterung. Aber zum Diner kommen sie.“



Begegnung


„Ich habe die Ehre.“

„Na, mit dieser Behauptung stehen Sie vereinzelt da.“



Seebad


„Warum schreiben Sie denn Ansichtskarten an Pollaks -- mit denen sind
Sie doch bös?“

„Nu, Pollaks sollen sich doch ärgern, daß wir sind in Ostende.“



Kunsthandel


Mein Freund Rittinger, der Kunsthändler, ist brillanter Laune.

„Ich hab,“ erzählt er, „ein kleines holländisches Bild entdeckt, aus
dem 17. Jahrhundert, unzweifelhaft von Eeckhout.“

„Na -- und?“

„Und jetzt brauch ich nur noch 20000 Mark Kapital und bin ein gemachter
Mann.“

„Verzeih, Rittinger! 20000 Mark Kapital brauchst du? Wozu?“

„Damit ich nachweis, das Bild wär von Rembrandt.“



Tradition


„Mir Weaner brauchen dö Schkandinavier nöt. Lang, eh daß der Ibsen
gschrieben hat: ‚In Schönheit sterben‘ -- ham mir Weaner gwußt: ‚Nobel
muß d’ Welt zugrund gehn‘.“



Ein Freund des Friedens


„Herr, zum Teufel, können Sie nicht anderswohin sehen als in das
Decolleté meiner Frau?“

„Nein.“

„Laura, zieh den Mantel an!“



Die Tochter


Unsre Tante, Frau Bark in Riga, hatte eine Näherin im Haus, und die
Näherin war traurig.

„Erbaarmung,“ rief unsre Tante, „warum sind Sie so traurig, Freilein
Ohsoling?“

„Wai, mein Mamming is jestorben.“

„Aber, Freileinchen, wo sie doch schon so ne alte Frau war und
krank ...“

„Nu, man hat doch Kosten, Zematting ...“

„Freileinchen, haben Sie denn in keine Bejräbniskasse jezahlt?“

„Hab schon jezahlt. Hab auch zwanzig Rubelchen bekommen. Aber was kann
man mit zwanzig Rubel mit ner Leich fir große Springe machen?“



Dichtercafé


„Wie ist denn Lenzers Première ausgefallen? Ich höre, das Theater war
überfüllt?“

„Ja, aber nur im ersten Akt.“



Resignation


Der kleine Fritz von Taussigs kam -- zum erstenmal -- aus der Schule
heim, legte seinen Ranzen ab und seufzte:

„Also jetzt weiß ichs. Ich bin ein Jud.“



Der Minister


Ich sprach eines Tages mit einem österreichischen Abgeordneten. Er
schwärmte mir sehr von Berchthold.

„Sie glauben gar nicht,“ erzählte er mir, „wie tüchtig der Mann ist,
unser Minister des Äußern. Schon sein Vorgänger, Ährenthal, war ein
perfekter Diplomat -- er brachte es fertig, die eigenen Botschafter
über seine Absichten zu täuschen. Aber was ist das gegen Berchthold?
Berchthold täuscht sogar sich selbst.“



Der Streber


„Seit der Kommerzienrat geadelt ist, sucht er sichtlich den alten
Aristokraten zu spielen.“

„Ja. Sogar unter Kuratel hat er sich stellen lassen.“



Die Witwe


„Sie auf dem Ball, Gnädigste? Und in Trauer?“

„Ach, der Schmerz um den Verlust meines teuern Gatten hängt mir schon
zum Hals heraus.“



Ehe


Mir träumte -- ich muß es vorher irgendwo gelesen haben -- der Prophet
Muhammed ließ mir eine Strickleiter aus dem Himmel nieder. Ich
kletterte die Sprossen empor, sie waren von Rubinen -- und oben empfing
mich der heilige Alte und führte mich ins Paradies. Das Paradies aber
war ein Garten voll Duft und Liebe, voll Huris, die mich in die Büsche
lockten und mit köstlichem Sorbet tränkten und wieder lockten ...

... und ich erwachte.

Wahrscheinlich mit einem Ruck -- denn meine Frau erwachte ebenfalls.

Ich erzählte ihr, berauscht von Glück, was ich gesehen hatte.

Dann schlief ich wieder ein.

Schlief wohl eine Stunde.

Meine Frau weckte mich.

„Du,“ sagte sie, „bist du mir am Ende wieder untreu?“



Fragment


Das Genie baut Häuser für ungeborne Geschlechter. Bei dieser
Bauspekulation muß man natürlich verhungern.



Die Baronin


Unser Tapezierer klagt seit drei Jahren über eine Baronin Veltzow --
sie ist ihm ein paar hundert Mark schuldig und zahlt nicht.

Unlängst, erzählt der Tapezierer, war er wieder bei ihr jammern.

„Frau Baronin, ich bitt, i hab aa mei Außenständ -- d’ Leut saan
unbarmherzig un verklagen mi. Wann Sö mir möchten unter d’ Arme
greifen, daß i wenigstens könnt das Dringendste begleichen ...“

Die Baronin sprach:

„Lieber Freund, ich komme nicht einmal dazu, meine eigenen
Angelegenheiten zu ordnen -- und nun sollte ich auch noch anfangen, Sie
zu rangieren?“



Der Lebemann


„Man wird langsam alt und bequem. Wenn ich eine Dame kennen lern, und
sie is häßlich, atme ich direkt auf.“



Der Neugierige


„Mama, welcher von den vielen Onkels is nu eigentlich mein Vater?“



Ton


Wir hatten einen Major Grafen Ghöll im Regiment.

Die Ghölls, sagt man, sind so vornehm, daß sie nicht leben können. Sie
sterben aus.

Einmal, beim Exerzieren, war Rast -- Offizier und Mann abgesessen.

Major Graf Ghöll rief mich:

„Häär Leutnaant, bieete zuh mier! Aaabäär raaasch!“

Ich lief hin.

Major Graf Ghöll schickte mich indigniert zurück.

„Häär Leutnaant,“ sprach er, „aaajn Häär laaauft niiicht.“



Bilanz


Als der Hofrat Rossipal auf dem Sterbebett lag, sprach er:

„Kinder, ich fühle, daß meine letzte Stund geschlagen hat, es geht
zu Ende. Aber ich scheide in dem Bewußtsein, nicht umsonst gelebt
zu haben: Nackt bin ich auf die Welt gekommen -- in Hofratsuniform
und mit der Zivilverdienstmedaille zweiter Klasse am Band des
Hubert-Salvatorordens verlaß ich sie.“



Die Rechner


Vor ein paar Jahren war nahe bei Valona in Albanien wieder einmal ein
fremder Wandrer erschossen worden. Der italienische Pfarrer fuhr hinaus
und machte den Bösewichten Vorwürfe.

„Wehe,“ rief er, „abermals habt ihr eure Seelen mit einer Blutschuld
beladen! Habt einen harmlosen, friedfertigen Mann getötet. Warum? --
Aus Rache? Er hatte euch nicht beleidigt. -- Aus Habsucht? Ihr habt
nicht mehr als vierzig Centesimi bei ihm gefunden. Lohnt es, den Zorn
Gottes herauszufordern -- um vierzig Centesimi?“

„Herr,“ sagten die Albaner, „du vergißt, daß eine Patrone nur zwanzig
Centesimi kostet.“



Fragment


Nachgelassene Werke sind Werke, bei denen die Schaffenskraft des Autors
schon sehr nachgelassen hat.



Der Mäzen


Der Großherzog von Knarre-Springinsfeld ist ein wahrhaft fanatischer
Kunstfreund. Sooft er von einem Dichter hört, der am Verhungern ist,
schickt er seinen Ersten Adjutanten hin und läßt sich nach des Dichters
Befinden erkundigen.



Kabel


Ich war junger Mann in der Redaktion der Wiener Universalkorrespondenz.
Der Chef lehrte mich, Nachrichten erfinden.

„Sie schreiben also,“ sagte er, „zum Beispiel: Valparaiso, 18.
August. Kabeltelegramm unsres Sonderberichterstatters. Folgenschweres
Ozeanunglück. Auf der Höhe von La Vuelpa ist der Londoner Dampfer
‚Iris‘, Kapitän O’Connor, zusammengestoßen ...“

„... mit dem Torpedoboot ‚Argentinia‘,“ schlug ich vor.

„Nein,“ rief der Chef, „nur nicht übertreiben! Wir wollen nicht gleich
zwei Schiffe zusammenstoßen lassen.“



Die Zeugen


„Heut sieht man ja hier Offiziere aller Waffen. Wohl ein Appell?“

„Nein, eine Scheidungsklage.“



Der Lebemann


„Alkoholabstinenz ist heilbar. Man nehme morgens, mittags und abends
einen Kognak.“



Der Gesandte


Eines Tags -- vor Jahren -- erhielt der österreichische Gesandte in
Kopenhagen die Nachricht von einer gefährlichen Erkrankung seiner
Mutter. Er mußte sofort abreisen.

Noch auf dem Bahnhof beauftragte er seinen Diener, den Sachverhalt
sofort dem Kanzleioffizial zu melden; und der Herr Offizial möchte den
Herrn Ersten Legationssekretär verständigen.

Der Offizial aber war nachlässig genug, diese Verständigung zu
unterlassen.

Der Erste Legationssekretär lebte genau wie immer weiter: verkehrte
beim englischen Konsul, spielte Polo mit Rumänien und Frau und aß am
Abend mit Frankreich im Tivoli.

Er hatte nicht die leiseste Ahnung von der Abreise des Chefs.

Erst viele Monate später, als er plötzlich den Franz-Josefs-Orden
bekam, wurde er gewahr, daß er „in höchst zufriedenstellender Weise ~ad
interim~ die Dienstgeschäfte der k. und k. Gesandtschaft geführt hatte.“



Zeitrechnung


„Wie lang sind Sie verheiratet, Gnädigste?“

„Drei Jahre. Aber eigentlich schon sechs.“



Die Enkel


Die Pastorskinder sind bei Großmama zu Besuch gewesen und ungewöhnlich
früh zurückgekommen.

„Sicher wart ihr unartig,“ vermutet der Herr Pastor, „da hat Großmutter
euch weggeschickt.“

„Oh, wir waren durchaus nicht unartig, wir haben ganz brav gespielt.“

„So? Was denn?“

„Wir haben gespielt: Großmamas Beerdigung.“



Die vier Buchstaben


Die Zeiten ändern sich. Auf den Inschriften der alten Römer begegnen
uns immer wieder die Lettern: ~S. P. Q. R.~

Im neuen Deutschland heißt es: G. m. b. H.



Der Rücksichtslose


„Sie verkehren nicht mehr mit Bumcke?“

„Nein. Der Kerl hat mich in die peinlichste Geldverlegenheit gebracht.
Hat mir gepumpt und gepumpt -- und plötzlich verlangt er alles wieder.“



Regierungskunst


Der Pfarrer von Asch hatte einen Vortrag angekündigt:

„Die Wunder der heiligen Elisabeth.“

Alsbald kündigte auch der Bildungsverein von Asch einen Vortrag an:

„Die Wunder der heiligen Elisabeth.“

Sofort verbot die k. k. Bezirkshauptmannschaft den Vortrag des
Bildungsvereins:

„da zu befürchten ist, daß der Vortragende den Gegenstand, im Gegensatz
zu Seiner Hochwürden, vom Standpunkt des gesunden Menschenverstandes
aus betrachten werde.“



Fragment


Denken, um zu leben, ist schwer. Wer Grundsätze hat, lebt nach
Grundsätzen -- das ist leichter.



Die Gründung


In Berlin war wieder einmal ein Theater gebaut worden.

Wermes, der kundige Thebaner, verschaffte sich und mir Eintritt zur
Eröffnungsvorstellung.

„Amice,“ sagte Wermes nach dem zweiten Akt, „ich schlage vor: wir
gehen. Sonst kommen unsre Überzieher in die Konkursmasse.“



Administration


Ich fabriziere jetzt mein patentiertes Busol oriental -- Mittel zur
Erzeugung voller Körperformen.

Der Österreichische Diözesankurier schreibt mir:

„Wir bedauern, mit Rücksicht auf unsre seit jeher festgehaltenen
Grundsätze, welche absolut unumstößlich sind, Ihr Inserat nicht bringen
zu können, außer Sie würden selbes im doppelten Umfang und mindestens
sechsmal bei Vorausbezahlung aufgeben. Doch können wir mit Rücksicht
auf den unsittlichen Charakter des Inserats einen Rabatt nicht
eintreten lassen.“



Schmuck


„Gnädigste haben wunderschöne Ringe.“

„Lauter Erbstücke. Nur der Ehering wird von Zeit zu Zeit erneuert.“



Psychiatrie


„Der Baron, der die Wechsel gefälscht hat, wird jetzt auf seinen
Geisteszustand beobachtet. Glauben Sie, daß er für verrückt erklärt
wird?“

„Dazu ist die Familie doch nicht vornehm genug.“



Die Uniform


Der Fachreferent ‚zur Festsetzung der Normen für die neue
Feldadjustierung‘ beantragte eines Tages:

die Militärgeistlichkeit wäre, ebenso wie die Truppe, mit einer Uniform
zu versehen, die sich vom Gelände möglichst wenig abhebt -- um die
Herren Superiore und Kuraten nicht unnötigerweis dem feindlichen Feuer
auszusetzen.

Der Vorstand der 13. Abteilung des k. u. k. Kriegsministeriums trat den
Akt an das Apostolische Feldvikariat ‚zur Äußerung‘ ab.

Der Feldvikar antwortete:

„Die Geistlichkeit steht unter dem besondern Schutz Gottes. Man stimmt
gleichwohl dem Vorschlag des Fachreferenten zu -- da bei der übergroßen
Portée und Durchschlagskraft der modernen Feuerwaffen erhöhte
Schutzmaßregeln rätlich erscheinen.“



Heringsdorf


„Seh, Moritz, de Abendröte! Wie ä rosa Seidenkleid, was sich der Himmel
hat angezogen -- unten ä Spitzenvolant von Brandung.“

„Nu, Jetty -- un der Posten Möven is Schund?“



Riedmann


Eines schönen Abends, gegen fünf Uhr früh, als kein Café mehr offen
war, hielt Oskar Riedmann endlich Einkehr in sich selbst.

„Ich weiß,“ sprach er, „ich falle manchen Menschen zur Last -- man sagt
mir nach, ich drängte mich den Leuten der Gesellschaft auf. Aber warum
dränge ich mich auf? Weil das die einzige Möglichkeit ist, anständigen
Umgang zu haben. Denn wenn ich mich an die Leute halten wollte, die
gern mit mir verkehren -- sag selbst: in was für Kreise geriete ich da?“



Die Berufskrankheit


In Venedig lernten wir ein nettes Ehepaar aus Deutschland kennen --
doch die Frau war vom Reisen keineswegs entzückt. Sie wollte wieder
heimkehren.

„Et is so peinlich,“ sagte sie, „mit meinem Mann. Er war doch ehemals
~maître d’hôtel~ -- un wenn nu jemand an ’t Jlas kloppt, springt er
unwillkürlich uff un rennt hin.“



Ein schwerer Fall


„Moritz, ich höre, du hast dich taufen lassen?“

„Noch nich -- gestern haben se erst angefangen.“



Grenze


Als ich noch bei der detaschierten Division in Petrinja diente, da kam
uns einmal der Korpskommandant besichtigen.

Ein gütiger Herr, ein gescheiter Herr -- doch voller Schrullen. Er
wollte, zum Beispiel, daß die Leutnante in den Familien der ältern
Offiziere verkehren.

„Herr Major,“ fragte er, „besuchen die Herren Offiziere auch Häuser?“

„Jawohl, Exzellenz,“ sprach der Major, „die jüngern Herrän schon. Ich
als Stabsoffizier lasse die Mädchän zu mir kommän.“



Budapest


„Du bist lustig, Janosch?“

„Jaj, Zigeuner hot gespielt so schöne Lied -- hab ich ihm gleich
hundert Gulden geben; aber nicht bei mir gehabt.“



Die naive Mutter


„Is ’s wahr, Frau Huberin, Ihnere Tochter hat sich a Klaans aus der
Stadt bracht?“

„Ja. Sie sagt, in der Säuglingslotterie hat sies gewonnen.“



Begeisterung


Wir sahen uns die großen Kavallerieübungen an. Doch als Laie versteht
man nichts davon.

Zum Glück fanden wir einen fachkundigen Interpreten im Obersten
Kutschera, einem Soldaten mit Leib und Seele.

Er erklärte uns:

„Der Zweck dieser grandiosen Übungen ist die Entscheidung der Frage: ob
unsre Reiterei Anschnall- oder Anschlagsporen tragen soll. Beide Arten
Sporen haben ihre Vorteile und Nachteile. Wie nun die Entscheidung
auch immer lauten mag: wenn der Befehl des Allerhöchsten Kriegsherrn
uns einst aufs Feld der Ehre ruft, wird Seiner Majestät altberühmte
Kavallerie freudig ihr Leben opfern -- ob mit Anschlag- oder mit
Anschnallsporen, oberhalb oder unterhalb des Absatzleders -- für Kaiser
und Vaterland.“



Die Dichter


„Was bist du denn so verstimmt?“

„Ah -- schreib ich da ein Drama über den Einfall des Cortez in Mexiko
-- mit dem Kämmerer Montezumas als Hauptperson -- und weiß nun keinen
Titel für das Stück.“

„Nenn es doch einfach nach diesem Kämmerer.“

„Ha -- der Mann heißt: Axtixcazintacatecatl.“



Der Süden


Wir in Österreich hatten endlich ein Arbeitsministerium.

Seine Exzellenz der Arbeitsminister war von seiner Reise nach Dalmatien
eben hochbefriedigt nach Triest zurückgekehrt.

Hochbefriedigt. Denn was er gesehen, ist herrlich gewesen: Orient und
Okzident, Strand und See, alte Städte und Paläste, Fels und Schroffen,
Zypressen, Olivenhaine.

„Warum,“ rief er, „sollte man dieses Dorado nicht dem Weltverkehr
eröffnen können? Warum sollte sich der goldführende Fremdenstrom nicht
nach Dalmatien lenken lassen? Warum die erlesene Pracht ...“

Da sah er nach der Uhr -- er wollte ja den Zug erreichen.

Die Uhr stand still.

In das Räderwerk war eine Wanze geraten und lag zerquetscht darin.



Turf


„Johnny, ist es wahr? Sie starten morgen nicht?“

„Ich hab Urlaub genommen. In Familienangelegenheiten. Mein Bruder wird
gehenkt.“



Mädi


In Wien lernte ich ein wunderniedliches Mädel kennen. Wir verstanden
uns im Augenblick -- und solang ich in Wien blieb -- von Mittwoch früh
bis Freitag abend, 9 Uhr 30 -- waren wir Ein Herz und Eine Seele.

Als ich abreiste, nahm sie weinend Abschied.

Und sprach:

„Adieu, Herzischatz, adieu! Behalt mich in gutem Angedenken! Nie hab
ich vorher geliebt, nie werde ich nachher lieben.“

Ich streichelte ihr bewegt das Haar.

„Und, Herzischatz, sei nicht bös, wenn ich dir ein kleines Andenken
anbiete.“

Sie reichte mir drei silberbeschlagene Spazierstöcke.

„Mädi! Pfui! Wie darfst du dir Auslagen für mich machen? Und gleich
drei Stöcke!“

„Oh, die kosten mich nichts -- die hat man in der letzten Woche bei mir
vergessen.“



Degeneration


„Fräulein -- nicht wahr -- Sie haben doch ein Kind von dem Marquis? Wo
ist es denn geblieben?“

„Z’Haus hab ichs in einer Zigarrenschachtel.“



Der Schüchterne


Ein Gymnasiallehrer aus Leipzig war bei uns zu Besuch.

Wir gingen in den See baden und forderten ihn auf, mitzuhalten.

Er zierte sich.

„Das hätte ich vorher wissen müssen,“ sagte er.

„Aber warum denn, Herr Oberlehrer?“

„... Das erstemal im Jahr bade ich gern allein.“



Fragment


Wenn ein Stück Erfolg hat, freut sich nur Ein Dichter.

Wenn es durchfällt, freuen sich alle.



Satisfaktion


Auf der letzten Redoute kriegte Doktor Groß Händel mit einem Studenten;
tags darauf waren die Sekundanten da und drohten mit Pistolen.

„Meine Herren,“ sagte Doktor Groß, „vor vierzehn Tagen hätte ichs noch
getan. Denn ich bin im Punkt der Ehre sehr empfindlich. Aber seither
ist meine Tante gestorben. Und von einem so schönen Vermögen weg? --
Nein.“



Die Vorstellung


Seine Königliche Hoheit geruhten, sich den Leutnant Grafen Saiblingen
vorstellen zu lassen.

Der Prinz:

„Ha ... ha ... ha ...“

Der Leutnant -- schmetternd:

„Zu Befehl, Kö’liche Hoheit!“

„Aber ... ich habe ... doch noch nichts gesagt. ...?“

„Dachte, Kö’liche Hoheit beabsichtigten zu fragen, ob ich schon mal nen
Hamster geschossen habe.“



Die Dame


Unlängst ging ich von einer längern Vereinssitzung nach Haus und
bemerkte eine einsame schlanke Dame knapp vor mir.

Natürlich hängte ich mich in sie ein.

Da fiel ein Schein Gaslicht auf sie, und ich ließ sie erschreckt wieder
los.

„Ja,“ sagte sie wehmütig, „mir tuts auch sehr leid, daß ich schon so
alt bin.“



Fragment


Denkmal? Die einen brauchens nicht, die andern verdienens nicht.



Abendkunst


Im Kabarett zu vorgerückter Stunde. Ich kriegte Händel mit einem
Studenten, der da zehn Flaschen Wein getrunken hatte und sich danach
benahm.

Der Herr Kabarettdirektor ergriff Partei für meinen Gegner. Und ich
hätte angefangen. Und man verbäte sich das. Dieses wäre ein Kunstlokal
mit Andacht.

Ich bestellte drei Pullen Sekt.

Sofort schmiß man den Studenten hinaus.



Kunst


Pfisterer, der Marinemaler, hatte Beziehungen zum Ministerium. Die
gedachte er auszunutzen, um seine Kriegsflotte loszuwerden. Er bat
Seine Exzellenz, den ‚Iltis‘ anzukaufen und als Staatspreis für die
Yachtregatta zu stiften.

„Lieber Meister,“ sprach Seine Exzellenz, „als Staatspreis werden
grundsätzlich nur Wertgegenstände gegeben -- niemals Bilder.“



Irrenhaus


„Junger Mann -- Sie sagen also, Sie sind vernünftig? Nun, die erste
Aufgabe des Seelenarztes ist, Sie von diesem Wahn zu heilen.“



Die Huldigung


Klagenfurt in Kärnten ist die Heimatstadt eines großen, großen
Staatsmanns.

Als sein sechzigster Geburtstag herannaht, tauchen mannigfache
Vorschläge auf, wie das Stadtkind zu ehren wäre; doch da eine starke
Minderheit im Gemeinderat der Politik Seiner Exzellenz abhold ist, wird
man über eine ehrende Depesche schwer hinausgehen können.

Selbst an dieser Depesche nörgelt die Opposition -- bis endlich, nach
langwierigen Verhandlungen, folgende Kompromißfassung zustande kommt:

„Genehmigen Eure Exzellenz die tiefergebensten Glückwünsche Ihrer
in Liebe und Verehrung zugetanen Heimatstadt. Die hervorragenden
Verdienste Eurer Exzellenz, die Ihren Namen weit über unsre
Grenzen berühmt gemacht haben, erfüllen uns alle mit Stolz und
Ergebenheit. Wir erwarteten aber bestimmt, daß Eure Exzellenz Ihre
vaterlandsverräterische Tätigkeit nunmehr einstellen werden.“



Fragment


Bei der Unsterblichkeit ist es wie auf der Straßenbahn: die wenigsten
Passagiere fahren bis zur Endstation mit.



Die Großstadt


In Berlin ~W.~, Ulmenstraße, spielte sich jüngst ein Unfall ab, der
schreckliche Folgen hätte haben können, wenn die Beteiligten ihre
Geistesgegenwart verloren hätten.

Ein Droschkengaul war scheu geworden und rannte quer durch das
neugebaute Haus Nr. 60 in die benachbarte Maaßenstraße.

Infolge der heftigen Erschütterung fiel im vierten Stockwerk des
beschädigten Hauses der Rentier Kuleicke vom Stuhl und störte die
Leute zwei Treppen tiefer beim Mittagessen, indem er sich auf die
Suppenterrine setzte.

Zum Glück war der Hauswirt besonnen genug, sofort auf den Dachboden zu
eilen und helfend einzugreifen.

Denn -- wär auch noch die schwere Hypothek eingestürzt, die auf Nr. 60
steht -- die Hausbewohner hätten ihr Leben unter den Trümmern lassen
müssen.



Leidenschaft


Der Bezirkskommissär Wyhlidal hat eine Braut. Täglich schreibt er ihr
-- täglich versichert er ihr, daß er sie wahnsinnig liebe.

Und unterstreicht das Wort ‚wahnsinnig‘ immer zweimal mit dem Lineal.



Revidiert


Friedrich der Große wollte den Park von Sanssouci vergrößern, doch
der Nachbar, ein Müller, gab seinen Grund und Boden für den vom König
gebotenen Preis nicht her.

Erstaunt und empört rief der Große Fritz:

„Narr, der du bist! Wer wird dir mehr für deine elende Windmühle zahlen
als ich, dein Herr, der König von Preußen?“

Und der Müller fest und bescheiden:

„~Il y a des juifs à Berlin.~“



Gussy Holl


kennt einen Satz, worin vierzehnmal ‚Mühsam‘ vorkommt:

„Mir is vor Mühsam mieß am Montag, mir is vor Mühsam mieß am
Dienstag ...“



Szene


„Weib! Ich weiß, du bist mir untreu. Eines Tages werde ich dich
ertappen, werde rasen, werde dich und ihn töten -- und das Ende wird
der Kerker sein ...“

Sie -- lächelnd:

„Sei ruhig, Männchen -- du wirst mich nie ertappen.“



Amerika


In manchen Staaten der Union ist das Verfahren der Ehescheidung
ungemein ausgebildet.

Nach Dakota, zum Beispiel, braucht man nur zu depeschieren:

„Ankomme 7 Uhr 30 morgens. Mister and Mistreß Smith.“

Pünktlich um 7 Uhr 30 erscheint ein Standesbeamter auf dem Bahnsteig
und übergibt Herrn und Frau Smith je eine Heiratsurkunde. Bei Herrn
Smith ist der Name der zweiten Frau, bei Mistreß Smith der Name des
zweiten Mannes offengelassen. Man kann ihn sofort hineinschreiben --
der Beamte hat einen Tintenstift mit.



Die Freundinnen


„Rätst du mir zu getrennten Schlafzimmern?“

„Gewiß -- wenigstens, solang du noch Braut bist.“



Rätsel


Ein Satz mit ‚Furie‘:

Vurjen Freitag waren wir im Theater.

Ein Satz mit ‚Bestie‘:

Gestern hat mich meine Frau ~in flagranti~ ertappt.



Die Folgen


Meine Base, die Gertrud, war von Kind auf die eiternde Wunde am Körper
unsrer Familie.

Mit vierzehn Jahren wußte sie durch schamloses Gebahren die
Aufmerksamkeit eines Majors auf sich zu lenken, der gegenüber wohnte,
und ließ sich von ihm zum Kaffee einladen.

Mit fünfzehn Jahren hatte sie ihr erstes Verhältnis, mit siebzehn ein
Kind.

Dann sank sie immer tiefer in den Pfuhl der Sünde.

Jetzt ist sie dreißig Jahre alt und besitzt zwei Villen in Baden und
ein dreistöckiges Haus in Wien.



Schüttelreim


    Herr Kohn hat mit der Mame Streit.
    Und wer ist schuld? Die stramme Maid.



Der Meister


Ein Verleger in Wien plante einen sensationell illustrierten Faust. Er
wandte sich an Meister Pfisterer von der Sezession.

„Ja, hm,“ sagte Pfisterer, „kann i auswendi wissen, ob i ’n Faust
illustrieren kann? Da müßt i eahm zerscht gelesen ham.“



Der verlorne Sohn


Fritz Megedow machte seiner Mutter, Exzellenz von Megedow, viel, viel
Sorge.

Er verließ das Vaterhaus und trieb sich jahrelang, Gott weiß wo, umher.

Sogar in Argentinien soll er gewesen sein -- direkt als Arbeiter.

In Paris war er jahrelang Koofmich und in London Agent.

Kurz: scheußlich.

Nun ist er endlich zurück und hat ein Fräulein Veilchenstein geheiratet.

Man kann, Jott sei Dank, wieder mit ihm verkehren -- er lebt vom Gelde
seiner Frau.



Der Kummer


Wir waren auf Ankow zur Hochzeit geladen:

Kielows, Kerbows, die Malchensberger Pollnows ... kurz: halb Pommern.

Meine Frau teilte ein Zimmer mit der Braut.

Das Mädel wälzte sich schlaflos im Bett.

„Was ist dir denn, Trude?“ fragte meine Frau.

„Ach, ich soll doch nu morgen heiraten. Wie viel Schinken hat denn ’n
Schwein?“



Der Sprachlehrer


Vor dem Strafgericht von Cadiz sollte ein deutscher Gymnasiallehrer
Zeugenschaft ablegen.

Ein Dolmetsch für Deutsch war nicht aufzutreiben -- man fragte den
Zeugen, ob er sonst noch eine Sprache beherrsche.

Er sagte:

„Ich bin Lehrer für Französisch.“

Also holte man einen Franzosen.

Der Gymnasiallehrer schilderte nun den Hergang, dessen Zeuge er gewesen
war -- redete und redete ... Der Dolmetsch hörte zu und begann zu
schwitzen und schwitzte endlich Bäche.

„Herr Richter,“ preßte er hervor, „ich fühle, der Herr spricht eine Art
Französisch -- aber -- ich weiß nicht, was es ist -- ich verstehe kein
Wort.“

Da holte man eine Gouvernante herbei.

Die verstand das Französisch des deutschen Kollegen herrlich -- sie
hatte es auch aus dem Plötz gelernt.



Sommeraufenthalt


„Ekelhaft dieses Leben auf dem Land! Keine Zeitung, überall frischer
Luftzug. Sogar gute Betten gibts -- nicht einmal ärgern kann man sich.“



Der Laureat


In Wien beriet jüngst ein Komitee über die Verleihung eines
literarischen Preises.

„Wissen S’, meine Herren,“ sagte der Vorsitzende, „kan jungen Düchter
geben mir den Preis nöt -- denn wer waaß, was ’r no amal gegen d’
Regürung schreiben wird -- daß er uns am End blamürt. Sondern dem
Hofrat Hasenmichel geben mir den Preis, für seine ‚Vaterländischen
Gedichte‘. Der is halb blöd, der wird sei Überzeugung sicher nimmer
ändern.“



Medizin


Wir sind auf dem besten Weg zur Bekämpfung des Krebses -- eine
Freudenkunde, die nur darum nicht überrascht, weil wir von unsern
Ärzten nichts Geringeres erwartet haben.

Professor Tilow-Berlin hat hundert Patienten den Krebs künstlich
eingeimpft, und es ist ihm nach jahrelangen Bemühungen gelungen, mit
dem aus den hundert Patienten gewonnenen Serum ein Kaninchen zu heilen.



Luther auf dem Reichstag zu Worms


„In der Woche zwier -- ich kann nicht anders -- Gott helfe mir --
Amen!“



Der landeskundige Beamte


Als mein Oheim noch Bezirksadjunkt in Neutra war, stürzte eines Tages
der Handelsmann Moische Affenhaut in die Kanzlei und schrie:

„Helfen Se, helfen Se, um Gottes willen, Herr Adjunktleben -- draußen
hat mä zwaa Jüden derschlogen.“

Mein Oheim winkte, und der Heiduck führte den armen Moische in den
Kotter.

Nach einer Stunde ward Moische Affenhaut wieder vorgeführt.

„Nu, Moische,“ fragte mein Oheim, „wo sennen deine zwaa toiten Jüden?“

„Herr Adjunktleben -- der aane bin iach, ün der andre ward jeden
Augenblick kümmen.“



Literatencafé


„August Junkermann hatte einen Schlaganfall.“

„Was ’ne Reklame für ihn!“



Der Lebemann


„Bei uns in der Familie hat jeder einen Sport: der Otto spielt Polo --
der Ferdi sammelt Pfeifenköpf -- un i bin Diplomat.“



Wissenschaft


Solang sich Professor Kandeldorfer darauf beschränkte, sein
philosophisches System mit Hilfe des alten Wortschatzes vorzutragen,
kümmerte sich keine Katze um ihn.

Er fühlte das und änderte eines Tages seine Taktik.

Er nannte nun, was bisher Materie geheißen hatte, „die Quantitative“;
Bewegung -- „Ferment“; Absicht -- „Logos“; Wille -- „Exaltation“;
Verstand und Vernunft zusammengenommen -- „die psychische Vitalität“.

Heut ist Professor Kandeldorfer Mitglied der Akademie der
Wissenschaften, Ehrendoktor der Universitäten Oxford, Lissabon und
Tiflis und wird demnächst gegen einen gleichwertigen amerikanischen
Gelehrten ausgetauscht werden.



Das Museum


Eines Tages erhob sich der alte Rubens aus dem Grab und ging den
Rubenssaal des Hofmuseums besehen.

„Ganz hübsch,“ sagte er. „Aber sagen Sie, Herr Musealdirektor: wer hat
all das Zeug gemalt?“



Der Segen des Alkohols


„Pasting,“ seggt John Tollin, „Se hebben dor sihr schön gegen den
Alkoholgenuß spraken -- äwer dat lett sick nich bestriden, dat de
Alkoholgenuß ock sin goden Folgen hett.

Ick harr dor enen Matrosen up mine ‚Florida‘, Bob Janson, en utpicht
Luder, weeten Se, de drünk sin Pint up enen Tog -- dree morgens, twee
an’n Middag un dree abends. En verfluchte Listung, weeten Se, een
Imperial gallon Rum an eenen Dag.

Da förd nu mine ‚Florida‘ in ene Balje up -- Ünnerwaterleck -- un
hurra, alle Mann int Boot. Bloot min leewe Bob Janson nich, dee wär to
besapen, dat hee nich kunn.

Un wat meenen Se, wat dor geschüht, Pasting?

De Bargungsdamper kümmt un freut sick all up een Drüttel von de Ladung,
wil de Besatzung, weeten Se, all weg is.

Un as nu allens schön verstäut is, da fallt min leewe Bob Janson ut sin
Koje int koole Waater un waackt up un will mit sine Retters gahn.

Un dat Strandamt, weeten Se, hett seggt: Dat is keen Bergung na
Artikel twintig -- dat is en ganz gewöhnliche Hülplistung na Paragraf
sößunddörtig, denn de Kahn weer doch vun de Besatzung nich verlaaten
-- un ick bün, dör Bob Jansons Pinten, mit dörtig Pund Hülpslohn
davunkamen.“



Redoute


„Da schminkt sie sich und donnert sich auf -- daweil is s’ a Preißin.“



Der freundliche alte Herr


Unlängst wurde ich in Kissingen einem freundlichen alten Herrn
vorgestellt und mußte ihm notgedrungen ein paar Worte sagen.

„Sind Sie ... schon lange hier?“ fragte ich.

„Das möcht sich mir wollen. Ich bin von Hälfte Mai.“

„Und ... bleiben Sie den ganzen Sommer über?“

„Da möchten wir uns gut haben -- ich fahr morgen furt.“

„... Nach Rußland, nicht wahr?“

„Warum denn nach Rußland?“ rief er. „Ich bin doch Professor von
daitscher Sprache af Prage Obrrgymnasium.“



Literatencafé


„Es gibt zwei Brüder Skowronnek. Der andre hat Talent.“



Der Arzt


Ob Sanzeno war vom Monte Roen ein Tourist abgestürzt und wurde, arg
zerschlagen, von barmherzigen Leuten nach Amblar gebracht. Nun hieß es,
rasch einen Arzt beischaffen.

Aber woher?

Zum Glück erinnerte sich jemand, daß gestern abend im Hotel von
Cavareno ein Arzt aus Dresden abgestiegen war. Und den holte man.

Er besichtigte den Verunglückten und sprach:

„Tja ...,“ sagte er, ... „wissen Se, ein Gutachten über Ihren Unfall
gann ich Ihnen gern erstatten. Aber helfen gann ich Ihnen nich. Ich bin
nämlich Gerichtsarzt.“



Glosse


„Vorsicht ist die Mutter der Weisheit.“

Wenn sie aber wirklich die Vorsicht selbst wäre, wäre sie überhaupt
nicht Mutter geworden.



Der Neugierige


„Sie leben in München? Kennen Sie da viele Dichter?“

„O -- zum Beispiel Ludwig Thoma.“

„Kennen Sie auch Thomas Frau und Thomas Mann?“



Der gute Ruf


Auf dem Weg nach Rügen kamen wir in Berlin an, da gedachten wir eine
Nacht zu bleiben.

Ich wollt unser Gepäck beheben, da zeigte sich, daß meine Frau den
Aufgabschein verloren hatte. Wir hielten uns nicht weiter auf und
fuhren ohne Gepäck ins Hotel.

„Nee,“ sagte der Portier, „Paare ohne Jepäck dürfen wa nich uffnehmen.“

Ich schlug Lärm und verlangte nach dem Wirt.

Er kam, ließ sich den Fall vortragen und zuckte die Achseln.

„Ick muß den juten Ruf von meenem Etablissemang wahren,“ sprach er.
„So spät am Abend könn wa keen Zimmer jeben -- an Paare, die wo nich
wenichstens nen Hutkarton mithaben.“



Maniküre


Wir saßen auf der Terrasse des Kurhotels.

Die Salome aus Frankfurt betrachtete ihre Hände und sprach:

„Mä verwildert af ’n Land. Ich wer müssen zu ener Manikür nach München.“

Und der Professor aus Münster:

„Sachen Se, cheehrte Frau: chlauben Se denn wirklich an das Wahrsaachen
aus der Hand?“



Die Brautnacht


Wir soupierten bei Pupp in Karlsbad, da erblickte ich im andern Saal
ein Pärchen, das mir bekannt schien.

„Weißt du denn nicht --,“ sagte meine Frau, „-- das ist doch Doktor
Teimer aus Dresden -- die hatten heute morgen Hochzeit.“

„Ah -- richtig!“

Und wir gingen schlafen.

In der Nacht polterte jemand an unsre Tür.

Das war Doktor Teimer, ungeheuer erregt, und verlangte, meine Frau zu
sprechen.

„Um Himmels willen, Gnädigste,“ rief er, „klären Sie meine Frau auf --
sie heult und will zu ihren Eltern.“



Diplomaten


„Ich blicke mit großer Besorgnis nach Berlin. Täglich kann von dort der
~lapsus belli~ kommen.“



Kaffeeklatsch


„Ihr Dienstmädchen, Frau Rätin, kommt Sonntags immer erst so spät heim?
Meins schon um neun Uhr abends.“

„Ah -- eine Perle!“

„Nein. Aber meine Stiefel sind ihr so eng.“



Die Beschwerde


Prinz Theobald von Makedonien hat seine Umgebung schon so manchesmal in
Schrecken versetzt: er stottert nämlich, und dadurch ergeben sich die
unangenehmsten Mißverständnisse.

Unlängst war der Prinz unterwegs nach Paris. In Amstetten hielt der
Zug, der Stationschef stand in Gala da.

Der Prinz ging auf ihn zu und sagte:

„I... i...ch be... be...schw..., i... i...ch be...schwere ...“

Der Beamte erbleichte.

Doch Seine Hoheit setzte leutselig fort:

„Ich beschwöre Sie, wo ist das Klosett?“



Anzeige


  +Junge hübsche Dame+,

freidenkend und unabhängig, wünscht Briefwechsel mit älterm, reichen
Herrn

  -- behufs Ehe. --

Zuschriften unter „Liebesglück 100“. Karte genügt. Komme sofort.



Margarethe


„Nicht jedes Mädchen fällt so rein.“



Der Kurarzt


Als ich nach Karlsbad kam, befragte ich Doktor Turner wegen meines
Darmleidens.

Er verordnete mir sieben Mühlbrunnen.

Ich klagte ihm auch über meine Nieren.

„Sieben Mühlbrunnen,“ sagte er wieder.

Ich wollte weggehen und fand meinen Regenschirm nicht.

„Fehlt Ihnen noch etwas?“ fragte Dr. Turner ein wenig ungeduldig.

„Der Schi...“

„Trinken Sie noch sieben Mühlbrunnen!“



Der Weltregisseur


„Herr Direktor,“ sprach ich eines Tags zu Reinhardt, „bei all Ihrer
Agilität verstehe ich nicht, wie Sie es fertigbringen, am 12. Mai in
Helsingfors zu spielen und am 14. in Lissabon.“

„Sehr einfach,“ sagte Reinhardt -- „ich habe im Kursbuch einige
überflüssige Längen gestrichen.“



Fragment


Der innerste Kern des Hasses ist die Furcht. Der Kater haßt die Maus
nicht -- mit ihr spielt er am liebsten.



Industrie


In Ischl lernte ich einen Herrn Wernicke aus Berlin kennen, einen
feinen Beobachter und offenen Kopf.

„De janzen Alpen,“ sagte er mir eines Tages, „is der reene Mumpitz.
Eene jrandiose Fremdenneppanstalt. Sehn Se, zum Bleistift, det Mächen
da mit det Edelweiß! -- Na, überhaupt det Edelweiß. Haben +Sie+ so
wat schon mal wachsen sehn? Ick nich. Un ick kann Ihn bloß sagen --
ick, Wernicke aus Berlin: ene Blume Edelweiß jibt et jar nich un
hat et ooch nie jejeben. En jeder intelljente Mensch muß et uff’n
ersten Blick raushaben, det det Zeuch jar keene Möchlichkeit von ne
Blume is. Edelweiß is de jesetzlich injetrajene Wortmarke for enen
Industrieartikel -- et wird in ene Fabrik in Plauen mit Maschinen aus
dinnen Filz jestanzt un den Touristen in de Alpen als Blume anjedreht.“



Die Skeptiker


In einem Vorort Wiens.

Ein Auto fuhr durch.

Zwei Bürger standen am Weg und blickten ihm sinnend nach.

Da sagte der eine:

„Wer aa wieder abkummen.“



Ein Vorzug des Berufes


Ich schritt mit Dr. Leindl, dem Redakteur der Täglichen Nachrichten,
über die Karlsbader Alte Wiese.

Da sagte Dr. Leindl plötzlich:

„Verzeihung, einen Augenblick ...“

„O -- bitte, ich schließe mich an.“

Und wir bogen ab.

Als wir fertig waren, zahlte ich meinen Obolus.

Dr. Leindl aber zückte seine Brieftasche und legitimierte sich als Herr
von der Presse.



Der Reisebrief


Eine Dame aus Bonn war in Ägypten gewesen -- nun schreibt sie ihre
Eindrücke nieder.

Unglaublich interessant, zum Beispiel, eine arabische Schule:

„Nirgends ist wie bei uns eine Bank zu erblicken -- mit gekreuzten
Beinen hängen die Kinder an den Lippen des geliebten Lehrers.“



Der Millionär


„Darf ich mich vorstellen, Herr Kommerzienrat?“

„Bitte -- gern -- wenn Sie kein Verwandter sind.“



~Noblesse oblige~


Der Großherzog von Weihburg-Dillingen ist ein ebenso hochherziger wie
sparsamer Souverän.

Als unlängst der pensionierte Oberhofsilberbeschließer Gerstel seinen
hundertsten Geburtstag feierte, schlug der Minister vor: das Ruhegehalt
Gerstels um hundert Mark zu erhöhen.

„Nein,“ sprach Seine Hoheit. „Hundert Mark wäre wenig vornehm. Wir
erhöhen das Ruhegehalt um tausend Mark -- dann trifft den alten Mann
vor Freude der Schlag, und wir brauchen überhaupt nichts zu zahlen.“



Population


Glückliches Habsburg! Als Karl VI. starb, gab es eine einzige
Habsburgerin -- Maria Theresia. Jetzt gibt es hundert. Nach aber 180
Jahren wird es 10000 geben.



Die deutsche Sprache


„Sie, was is denn das für eine Maschine?“

„Das? Eine gewöhnliche Strampftatzensalve -- eh, Stratzwampenfalze
-- nein, eine Wandstrafensalze, Paßstrampfenschwalbe -- eine
Staatstrampfenbalze -- eine Straftanzenfalbe, Strampfpatzensalbe --
Donnerwetter noch einmal -- eine Dampfstraßenwalze.“



Der Wagen


In Esseg war einmal feudaler Ball -- Kirchenbau mit entblößten
Rückenwirbeln und einer angenehm parfümierten Gräfin im Komitee.

Zwei Jünglinge hatten sich den Rummel einige Zeit betrachtet,
langweilten sich und sprachen zueinander:

„Weißt du was? Gehen wir lieber zur Lustigen Kreatur!“

Und holten die Überzieher.

Er regnete in Strömen. Zum Glück war ein Wagen da, ein halbgedeckter.

„He, Kutscher!“

Der Mann rührte sich nicht.

Die Jünglinge ehrten seinen Schlaf, setzten sich unters Dach, ergriffen
die Zügel und kutschierten los.

Nun stand der Wagen vor der Lustigen Kreatur, und alle, die das Lokal
verließen, fanden den Regen infernalisch und weckten den Kutscher.

Er antwortete regelmäßig:

„I kann nöt. I wart auf’n Herrn Kanonikus Krauthappel.“

Die Affäre war dem Herrn Kanonikus, als er davon erfuhr, sehr
unangenehm.



Musik


So oft ich ein Konzert besuchte, fiel mir ein alter Herr mit schönem,
eisgrauem Haar auf. Er saß regelmäßig in einer der vordern Reihen, und
vom ersten Bogenstrich an, vom ersten Tastenschlag hielt er, bis der
Schlußakkord verklang, mit gesenkten Blicken still.

Unlängst lernte ich ihn zufällig kennen.

„Sie lieben wohl die Musik über alles?“ fragte ich ihn.

„Nöh. Nicht im geringsten. Ich bin überhaupt nicht musikalisch.“

„Aber Sie fehlen doch in keinem Konzert --?“

„Tjah -- weil ich Musikreferent der Wiener Nachrichten bin.“



Diagnose


    Im Hirne hat der Vata Kalk,
    Bald liegt er auf dem Katafalk.



Ungarn


„Wir haben jetzt zwei große Parteien im Land: eine Regierungspartei und
eine Opposition. Die Regierungspartei besteht aus Seiner Durchlaucht,
unserm erhabenen Reichsverweser -- die Opposition aus den Untertanen
Seiner Durchlaucht.“



Frau Lewi


Georg David Schulz und ich veranstalteten einmal in Berlin einen
Wohltätigkeitsabend. Da brauchten wir vor allem Leute, die uns Billetts
abnehmen.

„Keine Sorge,“ sagte Schulz. „Wir wenden uns an die alte Lewi,
Kommerzienwitwe -- die kauft sicher zwanzig Karten zu zwölf Mark.“

„Gut. Aber man muß den Leuten für ihr Geld doch auch was bieten?“

„Keine Sorge! Schreib einfach der Carmencitta. Nenn sie eine südliche
Zaubergestalt und bitt sie, einen ihrer berückenden Fandangos zu
tanzen.“

Ich schrieb.

Carmencitta antwortete eisig kühl: sie könne unmöglich kommen und sende
anbei zehn Mark für unsre Kasse.

Der andre Brief, von Frau Lewi, lautete:

„Meine Herren! Ich bin einundsiebzig Jahre alt. Deklamieren will ich in
Gottes Namen -- weil es zugunsten der Armen ist. Aber einen Fandango --
das können Sie nicht von mir verlangen.“



Schüttelreim


    Wer möchte statt des Weines Kakes?
    Ich keineswegs.



Die Tante


Wir Kinder liebten unter allen Verwandten am meisten unsern Onkel
Balthasar. Er war ein wunderschöner alter Herr, weiß wie ein Lamm, und
hatte kobaltblaue Augen.

Mit Tante Berta war er immerzu im Krieg. Sie sparte gern mit Licht
-- und er wollte vier Lampen brennen haben -- eine im Flur, zwei im
Schreibzimmer und eine im Salon. Darüber grämte sie sich jeden Abend,
vierzig Jahre.

Eines Abends, Tante Berta war vor Zorn weggegangen, saßen wir bei Onkel
Balthasar und seinen Lampen.

„Eh,“ hatte er eben gesagt, „bei euerm Vater hab ich einmal einen
Gansbraten ge...“

Und blieb mit offenen Augen still.

Da kam eine Fliege, setzte sich ihm auf die Pupille und spazierte
unverfroren im Kreis umher.

Wir rüttelten ihn -- er war mausetot.

Husch -- liefen wir um die Tante.

Wir fanden sie am andern Ende der Stadt und sagten ihrs.

„Kinder,“ rief sie, „ich kann nicht, mir ists in die Glieder gefahren.
Aber rennt ihr geschwind nach Haus und löscht die Lampen aus!“



Die staatlichen Gewalten


In Gumbinnen wollten sie einmal den Biberpelz aufführen.

„Nee,“ sagte der Polizeigewaltige, „en Stück, wo drin en Amtsrichter
lächerlich jemacht wird, könn wa nich erlooben. Sie haben die Wahl,
Herr Theaterdirektor: entweder Se machen aus Wehrhahn ’n bürgerlichen
Refrendar: denn können Se det Stück vor jeladene Jäste jeben. Wollen
Se aber ne öffentliche, richtiche Aufführung haben, denn müssen Se
Wehrhahn schon als jüdischen Rechtspraktikanten spielen lassen.“



Die Kaiserin


Die Kaiserin ist in Tränen aufgelöst.

„Was fehlt Ihnen, Majestät? Die Heere Ihres Gemahls haben gesiegt --
treu und liebeglühend ist er in Ihre Arme zurückgekehrt -- Zehntausende
haben Ihnen gehuldigt ...“

„Ja, aber hinten stand ein halbblinder Bettler, der hat nicht einmal
nach mir geguckt.“



Milliardäre


„Sie reisen diesen Sommer nach Europa, Miß Ellis?“

„Nein. Papa verträgt nicht den Armeleutgeruch der europäischen
Finanzwelt.“



Der sorgende Erzeuger


Die Fürstin Möllstorff läßt die Tochter ihres Portiers erziehen -- das
Mädel soll dereinst mal Kammerjungfer werden.

Eines Tages kommt der Portier mit einer Bitte.

„Eure Durchlaucht,“ sagt er, „wann S’ halt die Gnad hätten und taten
mei Tini aa franzöisch lerna lassen.“

„Aber, lieber Johann, Französisch braucht sie doch nicht?“

„O ja, Durchlaucht. Segen S’, Durchlaucht, ewig kann s’ net
Kammerjungfer bleiben -- aamal muß s’ zu was besserm kummen. Un wann s’
a Maitresse werden will, braucht s’ französisch.“



Heraldik


„Du, Papa, was ist das?“

„Das ist das preußische Wappen.“

„Und warum tragen die beiden Männer Bruchbänder von Eichenlaub?“



Maler


„Der Kerl bestiehlt mich offensichtlich -- er plagiiert auch
Beardsley.“



Die Pistolen


Vor sieben Wochen schrieb mir Herr von Zakrzewski: er bitte dringend um
meine Pistolen -- es handle sich um eine Ehrenangelegenheit.

Ich wollte nicht -- aber: konnt ich Nein sagen? Ich schickte ihm die
Pistolen.

Heute bin ich dem Kerl endlich begegnet.

„Na, Herr v. Zakrzewski? Wie steht die gewisse Angelegenheit?“

„Panje -- ausgetrjaggen. Ljääängst ausgetrjaggen. Unjsr Geggnr tott.“

„Um Himmels willen --!?“

„Er chatt sichj geknjiffen. Morrallisch tott.“

„Und meine Pistolen?“

„Behalte ichj zu Anjdenken an verehrten Totten.“



Der Praktiker


„Wenn man an der Riviera billig leben will, muß man sich die
Weiblichkeit von zu Haus mitbringen.“



Agrarierhochzeit


„Herr Paster, die Traurede war sehr schön. Sie dürfen dafür zwei Stuten
zu meinem Hengst schicken.“



Die Bekehrung


Als ich in Bosnien diente, wollt mich der Hodja Hadji Hafis Selim zum
Islam bekehren.

„Anders,“ sagte er, „wirst du nicht in den Himmel kommen, Effendim.
Es führt eine Brücke dahin, schmal wie eine Messerschneide und
bogenförmig. Fünfhundert Jahre gehst du hinan -- fünfhundert darüber --
fünfhundert hinab -- dann erst bist du im Paradies bei Muhammed.“

„Hodja, wann ist Muhammed gestorben?“

„Nach eurer Zeitrechnung: 632.“

„Hör mal -- dann ist er ja selbst noch gar nicht drüben?“



Die Visitenkarte


Demeter Jopatz ist um drei Zoll gewachsen, seit er Trambahndirektor
ist. Mit den meisten Menschen redet er überhaupt nicht mehr, und die
wenigen, die er noch einer Anrede würdigt, schnauzt er französisch an.

Er hat sich auch neue Visitenkarten drucken lassen:

  „~Démétrius Yopâse,
  Directeur des chemins de fer de Topchidère à
  Belgrade et retour.~“



Die Aufklärung


Wenn im Mai der Schnee auf den Bergen schmilzt, setzt sich der
Fremdenstrom in Bewegung, und die jungen Damen aus Hannover erscheinen
in den Alpen.

Erstaunt sehen sie das Lenztreiben auf dem Bauernhof mit an --
besonders gewisse Vorgänge in der Tierwelt erwecken die Neugier.

Und die Bäuerin, von naiven Fragerinnen bestürmt, errötet schämig.

Bäuerin, du mußt nicht verlegen sein! Es gibt ein Buch, das dir aus der
Klemme hilft. Der Lizentiat Bohn hat es verfaßt unter dem Titel:

„Wie sage ichs meinen Sommergästen?“



Das schwere Leben


„Ja -- ja, en Abenteuer macht den Abend teuer -- un bei een Vahältnis
stehn de Kosten in jar keen Vahältnis.“



Orient


„Unsre Herrscher verdanken ihren Thron immer einer verdienstlichen Tat:
sie haben der Regierung des erlauchten Vorgängers ein Ende bereitet.“



Justiz


Nuttinger war von Kindheit auf verrückt -- später, als die Familie zu
Geld kam, nannte mans eine Nervenkrise und steckte ihn ins Sanatorium.

Darin stak er lange.

Eines Tages brach er aus, ging Unter den Linden spazieren und schrie,
er wäre der Dalai-Lama.

Daraus erwuchsen der Familie zahlreiche Unannehmlichkeiten. Denn
das Amtsgericht III zu Berlin verurteilte den Nuttinger wegen
unrechtmäßiger Beilegung eines Amtscharakters.



Die Glocke


Kellers kleiner Richard ist ein wahres Wunderkind. Er kann schon ein
ganzes Stück vom ‚Lied von der Glocke‘ auswendig. Und deklamiert:

    „Von der Stirne heiß
    Rinnen muß der Schweiß,
    Soll das Werk den Meister loben;
    Tochtersegen kommt von oben.“



Fragment


Der gesellschaftliche Verkehr ist ein Austausch von Vorurteilen und
Halskrankheiten.



Naturheilkunde


Als mir die Ärzte allesamt nicht zu helfen wußten, ging ich mit meinem
Beinleiden zu Kuhne nach Leipzig.

Kuhne in Leipzig ist ein wahrhafter Heilkünstler, Naturheilkünstler,
und diagnostiziert aus den Augen.

Er sah mir in die Augen und sprach:

„Entzündung des linken Kniegelenks.“

Und gab mir Kräuter. Und sagte, ich solle nach einer Woche wiederkommen.

Ich kam wieder, zeigte ihm mein Bein, da meinte Kuhne:

„Kurzsichtig rechts -- vier Dioptrien.“

Und gab mir wieder Kräuter.

Ein wahrer Künstler, ein Naturheilkünstler. Schade, daß ich die beiden
Kräuter verwechselte. Ich wurde kurzbeinig rechts und bekam eine
Entzündung des linken Auges.



Das Provisorium


„Fräulein Rose, ich biete Ihnen Herz und Hand fürs Leben.“

„Aber Sie sind doch verheiratet?“

„Ich werde mich scheiden lassen -- Sie können solang auf dem Diwan
schlafen.“



Mein Freund Nuber


pflegte nicht viel Federlesens mit Weibern zu machen.

Eines Tages lernte er Frau Katz kennen, die ihren Namen vollauf
verdiente. Und unterbreitete ihr einen Vorschlag.

„Was??“ schrie sie pantherwild -- „Sie frecher Mensch! Wie können Sie
sich das mir gegenüber erlauben? Meinen Sie, ich bin die Frau Schöller?“

„Ich danke,“ antwortete Nuber leise.

Und ging.

Nämlich: zu Frau Schöller.

Die war noch viel empörter.

„Unverschämter Kerl! Wer sind Sie denn? Wie dürfen Sie so was wagen?“

„Entschuldigen Sie,“ sprach Nuber, „Frau Katz hat mir ausdrücklich
gesagt: bei Ihnen darf ichs.“



Fragment


Wenn einer uns nichts zu sagen hat, tut ers in Versen. Hat er aber gar
nichts zu sagen, schreibt ers im Dialekt.

-- -- -- Schade, daß Beaumarchais das schon vor mir entdeckt hat.



Das Schuhbesteck


Eine Freundin meiner Frau ist in Paris gewesen und hat uns was
mitgebracht. Es steckt in einem Juchtenetui, die Firma eines Juweliers
darauf -- was mag es sein?

Ein Schuhlöffel und ein Stiefelknöpfer mit phänomenalen Silbergriffen.

Als sich meine Frau drei Fingernägel damit gebrochen hat, beschließen
wir, das Ding weiterzuschenken. Am besten Hutterers -- denen sind wir
ohnehin was schuldig.

Hutterers laden uns dafür zum Mittagessen. Das Schuhbesteck prangt in
der Salatschüssel.



Vor dem Familienbad


„Schatz, wenn wir einander im Gedränge verlieren sollten: ich heiße
Gertrud.“



Landleben


„Segen S’, mir brauchen ka Barometer nöt; wann der Luftdruck sinkt,
stinkt unser Abort.“



Meteorologie der Liebe


„Ihr Decolleté ist vielleicht zu tief, Lydia.“

„Bei mir richtet sich das je nach dem wärmern oder kühlern Vetter.“



Mein Freund Hollinger


war Witwer und hatte eine Bonne für sein Kind.

Die Bonne war kokett wie ein Stieglitz, ausgelassen und auffallend.

Hollinger ist ein guter Kerl -- er tat nichts dagegen.

Da kam seine Tante und sagte ihm:

„Mein Lieber, das geht nicht -- du mußt die Bonne entlassen. Jeder
Mensch meint, du hättest ein Verhältnis mit ihr.“

Hollinger ist sehr schwer von Entschlüssen. Er sagte, er wolle sichs
überlegen.

Überlegte sichs drei Tage -- und am dritten fing er das Verhältnis an.



Das Restaurant


„Die größten Portionen, sag ich Ihnen, kriegt man beim alten Postwirt.
Wenn man da einen Rehrücken bestellt, tischen sie einem eine ganze
Ziege auf.“



Der Maler


„Sö wollen a Modell sein, Fräulein? Stellen S’ Ihnen net a so
prärafaelitisch her -- sonst komm ich Ihnen gleich mit der
Radfahrpumpe.“



Der Direktor


„Herr Direktor,“ sagte des Fräulein, „ich bitte um ein Engagement
in Ihrem Theater. Ich habe noch nie gespielt, doch ich verfüge über
wundervolle Toiletten. Ich beanspruche auch keine Gage, denn ich habe
-- im Vertrauen gesagt -- einen millionenschweren Verehrer.“

„Fräulein,“ erwiderte der Direktor, „ich kann Sie nicht engagieren,
denn ich bin komplett. Aber ...“ -- er schritt auf und ab und überlegte
-- „wissen Sie was? Ich bitte um Ihre Hand.“



Das Wirtshaus


„Was können Sie uns zu essen geben, Frau Wirtin?“

„Oh, mir haben alles, Sö brauchen nur anzuschaffen. Da haben mir
Rindsbraten -- aber der ist noch net braten. Dann haben mir sauern
Aal -- der is noch net sauer. Un frischen Aal -- der is net mehr ganz
frisch ... Möchten S’ vielleicht a Butterbrod, wann mir a Butter haben
taten?“



Fragment


Zehn Helden entstehen, indem sich immer einer vor den neun andern
seiner Feigheit schämt.



Der gerettete Abend


Der Herr Redakteur plauderte:

„Mit der dichterischen Inspiration is das so ne Sache. Man muß ein
wenig nachzuhelfen wissen. Ich, zum Beispiel, arbeite nur bei Nacht.
Aber wenn mir um neun nicht gleich was einfällt -- ich gebe den Abend
noch lange nicht verloren. Nehmen wir den Fall mit gestern: Ich setze
mich um neun hin -- nichts. Da nehme ich den ersten Kognak. -- Nichts.
-- Ich nehme den zweiten Kognak. -- Nichts. -- Ich nehme den dritten,
den vierten Kognak. Endlich um Mitternacht -- der Abend war gerettet.“

„Da ist Ihnen eine Dichtung geglückt?“

„Nö. Aber fünfzehn prachtvolle Kognaks hatte ich getrunken.“



Der Kellner


Jüngst frühstückte ich mit meiner Frau auf der Halenseer Terrasse.

Wir schrieben auch eine Ansichtskarte -- ich ging, sie zur Post
bestellen.

Da, als ich wiederkam, fand ich meine Frau nicht vor. Sie hatte den
Platz gewechselt.

Der Kellner sagte mir leise:

„Das gnädige Verhältnis befindet sich weiter vorn.“



Egon


Frau Bamberger -- fünfunddreißig Jahre alt, geschieden, israelitisch
-- stand uns beim Tennis so im Weg, daß wir beschlossen, ihr einen
Kavalier zu suchen.

Ich nahm meinen Neffen vor und sprach zu ihm:

„Egon, du bist nahezu akademischer Bürger. Ich werde dich mit einer
scharmanten Dame bekannt machen.“

Er ist eine verschlossene Natur und durch den Verkehr mit sich selbst
etwas scheu.

„Was soll ich mit ihr?“ fragte er unmutig.

„Du sollst ihr den Hof machen, sie wird dir sehr dankbar sein.“

Frau Bamberger nahm den jungen Mann mit sichtlichem Behagen in Empfang
und schwenkte mit ihm in die Kirchholzanlagen ab.

Ich war neugierig. Brennend neugierig. Die Bekanntschaft mit der Frau
-- das mußte doch ein historisches Erlebnis für Egon werden.

„Na,“ fragte ich ihn am Abend, „was sagst du zu Frau Bamberger?“

„Deutsch gut. Französisch befriedigend. Englisch minus kaum genügend.“



Die Bank


Die Unionbank in Petersburg hat eine eigene Polizei eingerichtet, um
sich vor räuberischen Überfällen zu schützen.

In einer schlaflosen Nacht fiel dem Direktor ein: ob denn die
Bankpolizei auch etwas tauge?

Und er beschloß, sie auf die Probe zu stellen.

Er verkleidete sich und stürzte, mit einer Pistole in der Hand, in den
Hauptkassenraum.

Die Polizei taugte nichts. Sie sah müßig zu, wie der verkleidete
Direktor zwei Milliarden Rubel davontrug.

Seither fehlt jede Spur von ihm.



Malheur


Leutnant Nikolaj Serafimowitsch erhält die Einberufung auf den
östlichen Kriegsschauplatz.

„Verdammt,“ ruft er -- „und ich Esel hab gestern alle meine Schulden
gezahlt!“



Der Züchter


„Denken Sie sich -- dieses Glück! Meine Wachtelhündin wirft mir gestern
vier Welpen -- einen echten Leonberger, einen prachtvollen Mops und
zwei reinrassige Dackel.“



Rußland


Der Gouverneur von Moskau sollte eine Fahrt auf der Wolga machen.

Große Verlegenheit: wo einen zuverlässigen Kapitän hernehmen?

Man mietete einen Engländer.

Der Engländer ließ die Kessel heizen -- die Siederohre platzten, der
Dampfer geriet in Brand.

Man wollte löschen -- die Feuerspritze funktionierte nicht.

Man setzte das Rettungsboot aus -- es lief voll Wasser.

Man packte den Gouverneur in einen Rettungsring -- der Ring versank.

Man warf ihm ein Tau vom Ufer zu -- das Tau riß.

Der Gouverneur ging unter.

Zum Glück war er kein echter Gouverneur gewesen, sondern ein
Hochstapler.



Die Herrenmode


Für sechs Uhr abend hatten sich die beiden Gärbers angesagt. Ich sah
sie auch schon über die Straße kommen -- beide höchst elegant, im Frack.

„Papa, Papa,“ schreit mein Kleiner draußen, „zwei Oberkellner sind da
in Uniform.“



Die Verwandten


Der alte Strakosch war mit einem wunderhübschen Mädchen, seiner
Tochter, nach Berlin gekommen und stieg im Hotel Seidenberg ab, erster
Stock.

Tags darauf kam der junge Strakosch mit seiner Schwester an und mietete
sich ahnungslos im Hotel Seidenberg ein. Belleetage.

Am nächsten Mittag begegneten die vier einander.

Vater und Sohn erkannten sich sofort.

Die beiden Damen mußte man gegenseitig vorstellen.



Schüttelreim


    Die Hausfrau sitzt perplex im Moos --
    Es fehlen nämlich sechs Plumeaux.



Porto


Salomon Trompetenschleim bringt einen Brief an seine Braut zur Post.

„Da gehören noch fünfzig Pfennig drauf,“ sagt der Beamte, „das sind
keine Geschäftspapiere.“

„Wie heißt -- ä Brief an meine Braut keine Geschäftspapiere? Bin iach ä
romantische Natur?“



Handel


Ich besuchte meinen Onkel in seinem Parfümerieladen.

Da trat eine elegante Dame ein, kaufte einen Flakon zu hundert Mark und
stahl -- ich sah es deutlich -- noch fünf andre Fläschchen.

„Onkel ...“ begann ich erregt, als sie gegangen war.

Er winkte ab.

„Laß man,“ sagte er. „250 Prozent sinn ooch en janz en scheener
Reinjewinn.“



Die Heilsarmee


Die Heilsarmee hält Gottesdienst auf freiem Feld, mitten im Bergwerk.

Miß Young ist verzückt.

„Andächtige,“ ruft sie -- „gestern noch schlief ich in den Armen des
Satans. Heute ruhe ich am Busen des Engels ...“

Paddy, der besoffene Ire:

„Und für morgen, Jungfer -- seid ihr da noch frei?“



Der Vater


„An meinen Kindern freut mich nur eins: die Gouvernante.“



Der Dichter


Unlängst lernte ich im Eisenbahnwagen ein Ehepaar Kunze aus Berlin
kennen -- er soll ein sehr berühmter Romanschriftsteller sein.

Wir sprachen von allerlei. Die Frau langweilte sich und zog ein Buch
hervor, darauf stand groß und breit der Titel: ‚Die bleiche Gräfin.‘
Von Schmöcksdorf.

Da sagte Herr Kunze indigniert:

„Laura,“ sagte er, „Laura, ich verstehe dich nicht. Wie kannst du
Reklame für andre Autoren machen?“



Gefahr


„Gestern -- das muß ich dir erzählen -- gestern hätte ich um ein Haar
ein Duell gehabt.“

„Ah!“

„Ja. Kommt da auf einmal sporenklirrend ein kolossaler Dragonerleutnant
grade auf mich zu ..“

„Und du?“

„Ich ... bin im letzten Moment weggesprungen.“



Der Reiter


„Ich schwöre, mein Gaul kostet 250000 Em. -- Auf 180000 Em geb ich fast
Ehrenwort.“



Der Fidibus


Der alte Moritz Vorderfuß ist ein sehr bequemer Mann. Wenn er sich
seine lange Pfeife gestopft hat, muß immer eins von seinen Kindern
bereitstehen und sie ihm anzünden. Heut ist die Reihe an Rosa, der
Ältesten.

„Rosa,“ mahnt der Alte, „wo bleibt der Fidibus?“

„Laß mich doch, Papa! Siehst du nicht, daß ich studiere?“

„Rosa, mach mir e Fidibus und werd um fünf Minuten später Dokter!“



Der Hilfsbereite


„Es war der schrecklichste Moment meines Lebens, Otto, als ich deinen
Absagebrief bekam. Ich wollte mich erschießen -- doch ich hatte kein
Geld, mir einen Revolver zu kaufen.“

„Liebste, hättest du mir nur ein Wort gesagt ..“



Marienbad


„Die Korpulenz hat auch ihre Annehmlichkeiten. Meine Frau, zum
Beispiel, setzt sich in die Wanne -- dann gießt das Dienstmädchen einen
Teekessel Wasser über sie -- und das Vollbad ist fertig.“



General Lindemann


Festvorstellung in der Wiener Hofoper.

General Lindemann hat einen schlechten Parterresitz bekommen und ärgert
sich darüber sehr. Wie immer, denn er ist ein grober General.

Er setzt sich kurzweg, eigenmächtig auf einen bessern Platz -- in die
erste Reihe.

Dieser Platz gehört einer Hofmätresse.

Sie kommt, tippt dem General mit dem Fächer auf die Schulter und flötet:

„Lieber Lindemann -- Kavaliere pflegen Damen den Vortritt zu lassen.“

„Liebe Jenny,“ erwidert General Lindemann, „das hat mit unserm Fall nix
zu tun. Sie sein kein Dame, und i bin ka Kavalier.“



Das Merkmal


„Maanst dü, daß der feine Herr, was is mit üns gefahren, war ä Jüd?“

„Natürlich -- sonst hätt ers doch nix äso lebhaft abgeleugnet.“



Psychiatrie


„Als geistig normal haben wir jene Individuen zu bezeichnen, welche
alle geistige Anomalien in richtiger Mischung vereinigen.“



Christentum


Pastor Wuckereit von Klein-Nustago hat eine Filiale in Ellistfer -- da
muß er jeden zweiten Sonntag predigen.

Einst war er wieder dahin unterwegs. Die Ellistferschen erwarteten ihn
an der Straßenkreuzung und schlossen sich ihm an.

Ein heißer Tag -- bis zur Kirche zwei Berge, und der Weg ohne Schatten.

„Err Baster,“ sprach Jürri Koiw, „zu fas weit gehen? Alten Sie Bredig
ier an Stelle.“

Warum auch nicht? -- Pastor Wuckereit erstieg ein Hügelchen und redete.
Ergriffen hörtens die Ellistferschen und die andächtige Landschaft.

Minder erbaut aber war das Konsistorium, dem man die Sache
hinterbrachte. Es zog den Pastor zur Verantwortung.

„Ich habe getan wie unser Herr Jesus Christ -- auch er hat auf den
Bergen und im Tal gepredigt.“

„Herr Amtsbruder,“ sprach der Oberkonsistorialrat, „wir sollen aber
unsern Herrn Heiland nur in seinen guten Werken nachahmen.“



Die Badehütte


Wagner aus Chemnitz hat eine Badehütte ergattert -- die einzige in
Maderno. Er ist sehr stolz darauf.

„Aber --,“ sagt er dem Padrone am nächsten Tag, „-- in der Badehütte
riechts so schlecht ...“

Der Padrone erklärt:

„Es riecht so schlecht, weil unter meiner Badehütte alle Kloaken von
Maderno zusammenlaufen. Und bei dem lebhaften Fremdenverkehr ... Sie
verstehen? Trösten Sie sich, Signor Wagner: in vierzehn Tagen sind die
Fremden weg, dann riecht die Badehütte viel weniger.“



Die Frau


„Wer ist die schöne große Frau?“

„Lyrikerin aus München. Der Herr, der mit sie geht, wird von ihr zum
Mann gehabt.“



Die Dichter


„Komische Stimmung bei so’ner Uraufführung: lauter Leute vom Bau im
Zuschauerraum, das Theater verdunkelt ...“

„Das geschieht mit Rücksicht auf den Verfasser -- damit er nicht die
schadenfrohen Mienen der Konkurrenten sehen muß.“



Das Denkmal


Die Drosedower, treue Pommern, wollten einst dem Kaiser Friedrich ein
Denkmal errichten und bezogen auch eins -- von Moritz Köpenicker & Sohn
in Leipzig-Plagwitz -- zwei Meter hoch, edelste Bronze und garantiert
unverwüstlich.

Leider kriegten sie nicht die Bewilligung zur Aufstellung.

Da sprach Willem Strehlow, der Kirchenälteste:

„Wißt ’r wat?“ sprach er -- „wenn wa ’n Kaiser Friedrich nich ufstellen
dürfen -- nu, denn lassen wa ihm vom Klempner ’n Hut machen -- denn is
et der Turnvater Jahn.“



Familienverhältnis


„Erlauben Sie, Gnädigste, daß ich Ihnen die Herrschaften vorstelle:
meine Braut, die Frau Konsul -- ihr Gemahl, der Herr Konsul -- und ihr
Freund, der Herr Vizekonsul.“



Eile


Der selige Baron Mundy hatte es immer sehr eilig. Wenn er ins Wirtshaus
kam, rief er schon an der Tür:

„Kellner! Suppe, Fleisch, Gemüse, Mehlspeis, zahlen!“



Das Teleauto


Eine Empfindlichkeit, die mit Hilfe unsrer physikalischen Gesetze nicht
mehr erklärt werden kann, zeigt das Auto des Doktors Schachinger zu
Neusiedel am Inn.

An jedem Ersten eines Monats versagt der Wagen ohne ersichtlichen Grund
den Dienst, und kein Mechaniker vermag zu helfen.

Erst wenn der Gerichtsvollzieher dagewesen ist oder Doktor Schachinger
die fällige Autorate durch gütliche Übereinkunft prolongiert hat,
stöhnt der Motor befriedigt auf und funktioniert plötzlich wieder.



Regimentsrapport


Der Oberst:

„Ich habe Ihnen schon viele -- sagen wir: lose Streiche verzeihen
müssen, Herr Leutnant -- was Sie aber jetzt wieder angestellt haben,
übersteigt alle Grenzen. Wie kommen Sie dazu, Anzeigen über Ihr Ableben
zu verbreiten?“

„Habe meine Gläubiger ein wenig schrecken wollen, Herr Oberst.“



Der Lebemann


„Ich habe die sanften Frauen satt. Ich suche mir jetzt eine strenge,
aber gerechte Masseuse.“



Die Stiftungskneipe


Die Landsmannschaft Hercynia feiert ihr Stiftungsfest.

Beim Kommers hat der älteste Alte Herr den Vorsitz übernommen und
gebietet Silentium.

Alles schweigt ehrfürchtig und gespannt.

Doch der Alte Herr rührt sich nicht.

Minuten vergehen in peinlicher Stille -- man sieht einander befremdet
an.

Endlich wagt einer der Festteilnehmer, dem Präsidenten zuzuraunen:

„Bitte, wenn Sie nichts zu sagen haben: heben Sie doch wenigstens das
Silentium auf.“

„Ich möchte ja,“ sagt der Alte Herr verzweifelt. „Aber ich habe
vergessen, wie das Gegenteil von Silentium heißt.“



Die Großstadt


Angermeyers haben eine sonderbare Köchin, die Leni. Sie ist links zwölf
Jahre jünger als rechts und hinten größer als vorn.

Eines Sonntags bittet sie um Urlaub -- sie wolle, sagt sie, tanzen
gehen.

„Sie ...? ... tanzen?“ fragt Frau Angermeyer verblüfft.

„Oh, gnä Frau, in der Stadt trifft sich auf a jeds Madel,“ ruft Leni
mit glühenden Wangen.



Erziehung


Kandidat Schwämmlein, der Erzieher des jungen Grafen, erteilt auch dem
Komteßchen Unterricht.

Einstens sucht er die stillste Klause des Schlosses auf.

Er findet sie unverschlossen.

Als er aber öffnet, sitzt Komteßchen drin und haucht errötend: „Pardon!“

„Komtesse,“ lehrt der Herr Kandidat, „in diesem Fall habe ich Pardon zu
sagen. Sie antworten nur: ‚Ich bitte, Herr Kandidat‘!“



Die Kennerin


„Er hat sich für einen polnischen Grafen ausgegeben -- und Sie haben
ihm das ohne weitres geglaubt, Amelie?“

„Gott, ich hab mir gedacht: wann er wirklich ein Hochstapler wär, hätt
er sich doch nicht für einen polnischen Grafen ausgegeben.“



Am Scheideweg


„Sie wollen mich nicht erhören, Fräulein?“

„Lassen Sie mir doch Zeit, zu überlegen! Eine Verlobung ist ja keine
Kleinigkeit -- sie entscheidet oft über das Schicksal von Monaten.“



Unsre Tante


Unsre Tante hat unglaubliche Taschen. Wenn sie ihr Geldbörschen
vorholen will, muß sie ihre ganze Hinterfront durchstöbern.

Eines Tages verlangte das Söhnchen fünf Mark von ihr für Schokolade --
Tantchen aber mochte vor der großen Gesellschaft nicht auf die Suche
nach ihrer Tasche gehen.

„Später, Kind!“ sagte sie. „Ich habe jetzt kein Geld bei mir.“

Darauf der Kleine:

„Du hast schon, Mama -- greif nur in ’n Popo.“



Die Ehrung


Ich weiß nicht mehr, wo es war -- da wollten sie eine Hohenzollerneiche
pflanzen.

„Nein,“ sagte einer von den Vaterlandslosen, „das Andenken an die
glorreiche Regierung unsres erhabenen Herrschers wird besser durch
einen Trompetenbaum versinnlicht werden.“



Industrie


„Sind eure Möbel auch solid?“

„Ich glaube schon. Allerdings -- heute habe ich eine Postkarte auf den
Bücherschrank gelegt -- da hat er etwas gekracht.“



Der Gasthof


In Salzburg machte sich jüngst ein Mann verdächtig, weil er mit einer
jungen Dame reiste. Man dachte, er wäre ein Mädchenhändler.

Er hatte keine Legitimation bei sich, behauptete aber, einen Gasthof in
Berlin zu besitzen.

Die Salzburger Polizei erkundigte sich telegraphisch nach der Natur
dieses Gasthofs.

Nachmittag traf aus Berlin die Auskunft ein:

„Angefragtes Restaurant hochanständig, in selbem verkehren Israeliten
und Offiziere.“



Fragment


Es gibt kein schlechtes Wetter -- es gibt nur gute Kleider.



Die Aufgabe


Harro, unser Söhnchen, hat seine erste Hausaufgabe zu machen: einen
einfachen Satz zu bilden und ins Heft zu schreiben.

Harro fleht uns um Hilfe an, doch wir, die hartherzigen Eltern,
verweigern sie; er solle sich helfen, wie er kann.

Als er schlafen gegangen ist, schlagen wir sein Heft auf und finden
darin den „einfachen Satz“. Er lautet: „Meine Frau ist wasserreich“.



Der Pudel


Die alte Baronin Mohrenfeld ist verrückt eifersüchtig.

Sie schläft, da der Baron endgültig auf ihre Gesellschaft verzichtet
hat, im Vorzimmer seines Schlafgemachs -- natürlich mit ihrem geliebten
Pudel Bruno.

Da hört sie eines Nachts leise Schritte.

„Bruno, bist +du+ dä?“ fragt sie schlaftrunken.

„Jä, Mämä,“ antwortet eine Stimme.

Und die Baronin legt sich beruhigt aufs andre Ohr.



Ankündigung


„Elegante Ottomane zu verkaufen -- von feiner Dame wegen vorgerückten
Alters.“



Der Verwöhnte


In Gmunden war mir eine Waschfrau dienstbar, die tat ungemein vornehm.

„O mei,“ sagte sie, „ma hat dös Ghörtsich scho so in der Natur, wann
ma mit dö feinen Herrschaften aufgwachsn is. Mei Mann war zwanzig Jahr
Kammerdiener beim hochseligen Herzog von Cumberland. Maanen S’, er
möcht, mit Respekt, a Zeitung nehmen? Naa -- grad Klosettpapier muß er
haben.“



Der Diener


„Küß die Hand, Euer Gnaden, an schön gun Morgen wünsch ich,“ rief der
Diener des seligen Barons Mundy und schnitt ein ungemein freundliches
Gesicht dazu.

Das fiel dem Baron Mundy auf.

„Was hast denn, Johann?“ fragte er -- noch halb verschlafen.

„Euer Gnaden -- heut saans grad fünfundzwanzig Jahr, daß ich die Ehre
hab, bei Euer Gnaden zu dienen ...“ -- Johann erwartete ein größeres
Geldgeschenk.

Baron Mundy aber wurde vor Zorn blaß. Und langte nach dem Stiefelzieher.

„Seit du bei mir bist, Schurke, siehst du mich alle Tag nach rechts aus
dem Bett steigen, und alle Tag stellst du mir die Pantoffel nach links.
Ich hab bis heut noch kein Wort gesagt -- ich hab sehen wollen, ob du
endlich doch von selber draufkommst. Und das geht jetzt schon, sagst
du, fünfundzwanzig Jahre so?“

Sprachs und krachte dem getreuen Johann den Stiefelzieher an den Kopf.



Hof


„Unser Prinz braucht keinen Sabberlatz -- er hat die große
Familienunterlippe.“



Am Ziel


In Preßburg sollt ein Mann hingerichtet werden, und nach der
Verkündigung des Urteils bekam er das Henkermahl aufgetischt:
Kalbsbraten mit Salat, Bier und Schweinshaxen mit Sauerkraut.

Freundlich lud er den Seelsorger ein, am Mahl teilzunehmen.

„Die Regeln meines Ordens verbieten mir ein so üppiges Essen,“ sprach
der Franziskaner.

Da schlug der arme Sünder mit der Faust auf den Tisch und rief:

„Hab i’s endlich doch noch derzu gebracht, daß mich die Pfaffen ums
Essen beneiden.“



Der Kropf


„Ein kräftiges Volk, diese Oberbayern.“

„Ja. Aber merkwürdig, wo sie den Bizeps sitzen haben.“



Der Ausweg


„Herr Amtsrichter -- der angeklagte Pöpelmann, dessen Fall so
kompliziert ist, ist irrsinnig geworden.“

„Das Vernünftigste, was er tun konnte.“



Ostpreußen


Jüngst war ich bei Herrn v. Mollnow zu Besuch.

Ein herrliches Gut, dieses Mollnow, seit Urzeiten im Besitz der Familie.

Als es Abend war, tranken wir noch zwei, drei Pullen -- dann hieß es
schlafen gehen.

Ich bin gewohnt, im Bett zu lesen.

„Können Sie mir was Gescheites geben?“ fragte ich.

Herr v. Mollnow, der Gastfreundliche, stand’ auf und rief, daß es
weithin durchs Haus scholl:

„Das Buch! Das Buch! He, Minne, Trine, Line -- wo is das Buch?“

Man suchte stundenlang.

Doch man fand kein Buch, trotzdem sich Herr v. Mollnow bestimmt
erinnerte, eins gehabt zu haben.



Der Sprachfehler


Im Berliner Herrenfeldtheater hatten sie einen sehr tüchtigen
Schauspieler, Schulze geheißen. Und entließen ihn.

„Denn,“ erklärte mir der Direktor, „von einem Schauspieler wird man
doch verlangen dürfen, daß er Deutsch kann. Und bei unserm Repertoire
... -- Sie verstehen? Dieser Schulze christelt.“



Die Operette


Der Theaterkapellmeister hatte eine Operette komponiert -- die Partitur
war fertig und lag hochaufgeschichtet auf dem Schreibtisch.

Da geschah es, daß Mimi, das Äffchen der Frau Kapellmeisterin, auskam,
auf den Tisch kletterte und die Partitur in Atome zerriß.

Kapellmeisters kamen heim und sahen die Bescherung.

Er wollte Mimi erdrosseln.

Die Kapellmeisterin aber legte ihm begütigend die Hand auf die Schulter
und sprach:

„Geh, Franzl! Sei net gach! Es wiiird dir schon wieder was einfallen.“



Der Maler


„Herrgott, wann mich der Herrgott als künstlerischen Beirat ghabt
hätt, wie er die Welt derschaffen hat! Da wäret des Abendrot net a so
kitschig ausgfallen.“



Die Warnung


„Gnädige Frau, hüten Sie sich vor Leutnant Andorff -- er ist indiskret.“

„Um Himmels willen! Und das sagen Sie mir erst jetzt?“



Reigen


Eine Geschichte aus Galizien in Leitartikelüberschriften:

1921. Anregungen zu einer Regulierung der Weichsel.

1922. Das Volk wills.

1923. Kostenvoranschlag der Weichselregulierung.

1924. Die Weichselregulierung.

1925. Kostenüberschreitungen.

1926. Unterschleife bei der Weichselregulierung.

1927. Die Herren Regulierer auf der Flucht.

1928. Die Potemkinsche Regulierung.

1929. Im Überschwemmungsgebiet.

1930. Anregungen zu einer neuen Weichselregulierung.



Malersleute


„Hat er denn Erfolg?“

„Das will ich meinen -- seine Bilder werden schon gefälscht.“



Definition


„Was heißt denn das: ~entre deux âges~?“

„Wann man net waaß: möcht man schon die Tochter oder noch die Mutter.“



Die Besprechung


Seine Exzellenz, der Divisionär hatte die beiden Brigaden gegeneinander
kämpfen lassen. Nordpartei: Erzherzog Albrecht Ferdinand; Südpartei:
Oberst Huber von Siegschwert.

Dann Besprechung der Übung.

Seine Exzellenz sagte im Ton wärmster Anerkennung:

„Über die Führung der Brigade Eurer kaiserlichen Hoheit verliere ich
kein Wort. So und nicht anders hatte ichs erwartet. Jedermann hatte es
so erwartet. Die Feldherrntalente Eurer kaiserlichen Hoheit sind ja
bekannt. Aber wenigstens vom Herrn Obersten von Huber wird man doch,
zum Teufel, ein Atom taktischen Verständnisses verlangen dürfen.“



Ein verfehltes Leben


„Zweimal hatte ich schon das Geld beisammen für eine
Alkoholentziehungskur. Beidemal hab ichs versoffen.“



Erfahrung


„Wenn Wein sich gut halten soll, muß der Keller gleichmäßig kühl sein,
luftig, trocken und vor allem: fest versperrt.“



Anknüpfung


Ich fuhr von München um 8 Uhr 17 ab -- nach Augsburg. Im Abteil saß
schon ein Herr.

Er hatte im ‚Berliner Kaufmann‘ gelesen, faltete das Blatt zusammen und
wollt ein Gespräch mit mir anknüpfen.

„Ich glaube bereits das Vergnügen zu haben...,“ begann er.

„Ganz ihrerseits.“

Pause.

„Ich glaube, wir sind Landsleute.“

„Möglich. Ich bin Eskimo.“

Pause.

„Sie reisen wohl viel?“

„Ja. Aber immer stumm.“

„Ach so.“

Pause.

Ich hole mein Notizbuch vor und schreibe was ein.

Er sieht mir zu. Und ruft freudig:

„Ah, Gabelsberger! Da sind wir ja Kunstgenossen.“



Turf


„Beim Rennsport ist das so: die nix wissen, schreins aus -- und die
Wissenden därfens net sagen, sonst sperrt man sie wegen Betrugs ein.“



Hilfe!


Seit Tantchen Martha Witwe ist, fürchtet sie sich entsetzlich. ’s ist
auch kein Wunder: so allein im dritten Stockwerk -- unten die Bureaus,
da ist bei Nacht kein Mensch -- oben die Magazine, wo die Mäuse tollen.

Als ich unlängst zu Tantchen kam, sah ich eine Papptafel auf ihrem
Nachtkasten. Die Tafel hing an einem langen, langen Bindfaden.

„Ja,“ sagte Tantchen, „das hab ich mir ausgedacht: wenn die bösen
Menschen mich überfallen sollten, lasse ich das Täfelchen zum Fenster
hinaushängen.“

Auf dem Täfelchen stand:

„Leider haben wir Diebe im Hause.“



Die Gründung


Freund Zlamal klagt mir über sein verflossenes Berliner
Theaterunternehmen.

„Ich war doch,“ erzählt er, „in Kompagnie mit einem gewissen Reiner.
Unser Theater stand in voller Blüte. Mein Kompagnon aber war ein
einsichtsloser Schurke -- er nahm täglich zehn Mark aus der Kasse. Eine
solche Schwächung des Betriebskapitals konnte unser Theater natürlich
nicht überdauern.“



Tapferkeit


Unser Harro hat Besuch bekommen: den kleinen Uli Plötz aus der dritten
Klasse.

„Heute morgen,“ erzählt Uli, „war ich in einer furchtbaren Gefahr.
Ich hatte einen großen Jungen angespuckt -- der ist mir nachgelaufen
und wollt mich prügeln. Da bin ich rasch in ein Haustor und hab mich
versteckt.“

Harro großartig:

„Pfui -- verstecken! Das ist ja feig. Da läuft man doch davon.“



Wien


Zum Kardinal von Wien kam eine sehr hohe Dame und regte an: Seine
Eminenz möchte doch etwas gegen die gottlose Wiener Literatur tun.

„Ja,“ sagte der Kardinal, „da werden Eure Hoheit sich schon an meinen
Kollegen wenden müssen, den Herrn Oberrabbiner.“



Promenade


„Sind +Sie+ der Busenfreund von Madame Scheu?“

„Madame Scheu kenn ich nicht; aber Busenfreund bin ich schon.“



Der Irre


Professor Preyer, der berühmte Physiognomiker, besichtigte die
Irrenanstalt von Egelfing. Es galt, die Schädelbildung der Kranken auf
ihre Übereinstimmung mit der Preyerschen Theorie zu untersuchen.

Da fiel dem Gelehrten ein Mann auf, dessen Typus keine, aber auch nicht
die geringsten Preyerschen Degenerationsmerkmale aufwies.

„Was fehlt dem Mann?“ fragte der Gelehrte. „Warum ist er interniert?“

„Oh, Herr Professor,“ antwortete der Assistent, „das ist ein ganz
Verrückter; der betreibt Physiognomik.“



Folklore


„Haben Sie hier in der Gegend auch schöne Sagen?“

„Halt nur, was die Kinder so in der Schul lernen.“



Nutzen der Großmama


„Die arme alte Frau! Lassen Sie ihr doch den Bandwurm abtreiben!“

„Was fällt Ihnen ein? Ich bin leidenschaftlicher Angler.“



Studienreife


Man kann über die Japaner verschiedener Meinung sein -- eins wird man
ihnen lassen müssen: sie sind ungemein kühl und vorsichtig im Urteil.

Anfangs des vorigen Monats kam Hauptmann Osaka mit der kaiserlich
japanischen Sondergesandtschaft in Wien an. Heute lernte ich ihn kennen.

„Welchen Eindruck haben Sie von den Wiener Frauen?“ fragte ich ihn.

„Kann noch nifts sagen. Kenne elst im ganzen neunhundeltzwörf.“



Ehe


Frau Gusti hatte mir immer wieder über ihren Mann geklagt -- wie
herrschsüchtig er sei, einsichtslos und knickrig.

Seit acht Tagen strahlt sie von Glück.

„Er ist total verändert,“ erzählt sie. „Ich habe ihn mit einer jungen
Person erwischt.“



Schleis


„Da ist auch das Ehepaar Schlei. Ekelhafte Menschen.“

„An ihr ist immerhin noch ein sympathischer Zug: sie pflegt ihren Mann
zu prügeln.“



Der Kaltblütige


In Venedig lebt ein Komponist, Sandro Mezzadri, ein ungemein begabter
Kerl. Und sehr populär. Alle Welt grüßt ihn.

Unlängst geht er die Riva entlang -- da hält Signor Parea ihn an und
schreit:

„Sandro, Sie sind der gemeinste Hund und Schuft Europas. Sie haben mir
dreißigmal versprochen, mir die Schuld abzutragen -- dreißigmal haben
Sie Ihr Wort gebrochen.“

Sandro Mezzadri steht still und hört aufmerksam zu. Die Leute sammeln
sich an. Immer mehr und mehr. Ein ganzer Haufe.

„Sie sind kein Künstler, Sie sind ein Gauner und Hochstapler. Sie sind
der Ruin meiner Familie. Ein nichtswürdiger Schwindler, ein Lump, ein
Tunichtgut, ein ehrloser, niedriger Betrüger.“

Die Zuhörer füllen die Riva der ganzen Breite nach. Einige besonders
Neugierige erklettern das Denkmal von Vittore Emanuele.

„Ein Schurk, der sich nicht scheut, das sauer erworbene Vermögen seiner
Nebenmenschen zu verprassen -- ein meineidiger Schuldenmacher, ein
Dieb, den ich anspucke und verachte.“

Signor Parea schöpft Atem.

Sandro Mezzadri mit unverschämter Ruhe:

„Ganz recht hatten Sie. Und was hat der andre darauf erwidert?“



Der Auswanderer


„Sie wollen Rußland verlassen, Pjotr Mihajlowitsch?“

„Gewiß. Ich habe unsre Zustände satt. Ich sehne mich nach Ruhe, nach
einem Lande, wo die Autorität der Behörden noch durch kein Gesetz
erschüttert wird. Ich gehe nach München.“



Die Behörde


Mord im Ostrauer Kohlenrevier. Auf die Ergreifung des Täters ist ein
Preis von tausend Kronen ausgesetzt, der ‚unter allen Umständen‘ zur
Auszahlung gelangt. Sollten mehrere gleich Verdächtige angemeldet
werden, so entscheidet das Los.



Die Sentimentale


„Treue ist was Erhabenes. Aber doch nicht immer ein und demselben?“



Der Künstler


Rottmann ist Charakterspieler am Hoftheater zu München. Er stammt aus
einem Dörfchen bei Hollabrunn in Österreich.

Einst, als ihm eben der Titel eines königlichen Hofschauspielers
verliehen worden war, beschloß er, sein Heimatdörfchen aufzusuchen.
Fuhr hin und schwelgte in Sentimentalität und plauderte mit den
Nachbarsleuten.

„Ah, also z’ München bist?“ rief der alte Mistelbauer. „Schauspieler
bist? Geh, mach amal an Purzelbaum!“



Das Gewissen


Bankett des ungarischen Bankierstages.

Der zweite Vorsitzende ist in lebhaftem Flüstern mit seinem Nachbarn.

Man fordert ihn plötzlich auf, einen Trinkspruch auszubringen.

Er ruft verwirrt:

„Pardon -- ich verweigere die Aussage.“



Schüttelreim


    Er hat ’ne Gabel beim Lunch gemaust
    Und dann damit sein Mensch gelaust.



Der Vetter vom Land


Ich habe eine Tante in Steierisch-Mutzenbach.

Unlängst höre ich, sie wäre krank.

Ich setze mich sofort hin -- in München -- und schreibe an meinen
Mutzenbacher Vetter: was denn die gute Tante treibe, und ich wünschte,
Gott möge usw.

Gestern kommt plötzlich mein Vetter aus Steiermark daher.

„Weißt,“ sagt er, „ich hab mir gedacht: was soll ich da erst lang
herumschreiben? Bin ich gleich lieber selber kummen. Alsdann: meiner
Mutter gehts schon etwas besser.“



Der Lebemann


„Ich habe mich in Ostende zum Beispiel sechsmal verlobt.“

„Und das soll man Ihnen glauben?“

„‚Zum Beispiel‘ im Munde eines Kavaliers ist schon ein Ehrenwort.“



Das Korps


Mensur in Prag -- Gunther (~Bar-Kochbae~) ~contra~ ~Cand. jur.~
Robitschek aus Trebitsch.

Plötzlich schreit einer der Sekundanten:

„Gott, der Gerechte, die Herren Paukanten fechten ja mit milchige
Schläger!“



Der Sittenstrenge


Unlängst komme ich mit meiner Frau in Berlin an.

Ich will dem Träger meinen Gepäckschein geben -- der Schein ist nicht
zu finden.

Nun noch lang reklamieren und parlamentieren? Um drei Uhr nachts? Ich
fahre ins nächste Hotel -- und die Geschichte mit dem Gepäck werde ich
bei Tage erledigen.

Das nächste Hotel war das Hotel Alemannia.

Am Morgen verlange ich meine Rechnung. Zweitausenddreißig Mark.

Donnerwetter! Zweitausenddreißig Mark für ein Zimmer, für eine Nacht!

„Ja,“ sagt der Wirt, „wa sin en anständiget Etablissemang. Paare, die
wo keen Jepäck nich haben, entweda jar nich -- oda wenn, denn nich for
ne Butterstulle.“



Der Schirm


„Gestern,“ erzählte Herr Bumcke, „lasse ich meinen schönen seidnen
Schirm irgendwo stehen -- Gott allein weiß, wo. Ich renne alle Läden
ab, die ich gestern besucht habe -- lauter erste Firmen -- vergebens.
Endlich im Gemüsekeller an der Ecke kriege ich meinen Schirm wieder.
Ja, die armen Leute sind halt doch die ehrlichsten.“



Der Bericht


Im dreizehnten Regiment hatten wir einmal einen Major v. Drexler.

Ein guter Herr, ein untadeliger Offizier, nur etwas alt: dem
Grundbuchsblatt nach 52 Jahre, dem Aussehen nach 104. Er hatte immer
den Mund offen und schloß ihn nur, wenn er gefragt wurde.

Alles war einig darüber: der Herr Major ist ein irrtümliches
Plusquamperfektum, ein Armeeskandal.

Die Kunde von der hoffnungslosen Verkalkung Drexlers drang bis zum
Korpskommando. Prinz Albrecht Ferdinand, Chef des Korps, verlangte ‚die
sofortige Vorlage eines Berichtes über die Fähigkeiten des Herrn Majors
v. Drexler‘ -- mit dem festen Vorsatz, den Greis augenblicklich zu
vertilgen.

„Ha,“ rief unser Oberst, „Seine Kaiserliche Hoheit interessiert sich
für den Major.“ Setzte sich auf die Hosen und schrieb -- von Mittag bis
Abend -- einen Bericht.

Der Bericht muß glänzend ausgefallen sein. Denn Drexler ist dieser Tage
Oberstleutnant worden.



Das Betriebsreglement


Ich habe eine Dogge, die heißt Millimixchen und ist immer mit mir.

Unlängst steige ich in Kufstein in den Eilzug, finde ein leeres
Halbabteil und setze mich ans Fenster. Millimixchen macht sich ungefähr
drei Meter lang und belegt die beiden übrigen Sitze.

Millimixchen hat etwas in ihrem Blick, was Fremde abhält, sie zum
Verlassen eines Platzes aufzufordern.

Der Schaffner überwand seine unmännliche Scheu und trat ein.

„Ich bitte, der Hund därf net hier bleiben.“

„Warum?“

„Warum, weil Hunde laut Betriebsreglamaa därfen nur mitgenommen wern,
wanns Hunderln saan un wann niemand von die Paschascheer was dagegen
hat.“

„Es ist niemand da, also kann niemand was dagegen haben.“ Ich gab ihm
zwei Zigarren.

„Gnä Herr,“ sagte er, „es is haaß -- dö Hitz macht Durscht -- i wer auf
der näxten Station Ihnerm Hunderl a wengerl Wasser bringen.“



Vorstellung


„Mein Name ist v. Uebel.“

„O, das ist noch gar nichts. Ich heiße v. Kotze.“



Der Hirt


Debretzin ist eine sehr hübsche, moderne Stadt und hat eigentlich nur
einen Fehler: daß man dort jeden Morgen um vier Uhr die Schweine auf
die Weide treibt.

Dies Austreiben der Schweine geschieht ziemlich geräuschvoll; der Hirt
bläst dazu nämlich eine Trompete.

Als ich nach Debretzin in Garnison kam, blies der Hirt am dröhnendsten
und längsten immer vor dem Haus Kossuthgasse Nr. 4. -- Ich wohnte
Kossuthgasse 4~a~.

Schon am dritten Morgen ließ ich mir den Hirt rufen.

„Onkelchen,“ sagte ich ihm, „ihr seht, ich bin Soldat. Ich muß jeden
Morgen um vier Uhr aufstehen. Wollt ihr so freundlich sein, an meinem
Fenster besonders laut zu blasen? Ich zahl euch gern was dafür. Ihr
werdts jeden Morgen auf dem Fensterbrett zehn Kreuzer finden.“

Zweimal legte ich das Geld hin.

Und dann nicht mehr.

„So?“ sagte der Hirt zu meinem Burschen -- „so ist die Sache? Umsonst
soll ichs tun? Dann soll sich der Herr Leutnant nur hübsch selber
blasen.“

Sprachs und tat nie, nie mehr einen Ton.



Eheirrung


Mein Freund Krottinger kam Mittwoch spät nacht aus Dresden heim nach
München. Er fand die Wohnung finster, versperrt und verlassen.

Mittwoch nacht -- er diagnostizierte ganz richtig: ~bal paré~.

Er zog einen Frack an und ging ins Deutsche Theater. -- Die Frau war
nicht da.

Von bösen Ahnungen getrieben, suchte Krottinger sie im Hotel
Westminster und erhielt durch Bestechung der Dienerschaft Zutritt in
ihr Zimmer.

Frau Krottinger war nicht allein, sondern lag zu Bett.

„Gott, Männchen,“ sagte sie, „ich hatte sonne Kopfschmerzen ...“



Technik


Ich zeigte dem jungen Grafen Mollnow das neue Automobil.

Er fragte:

„Welches System?“

„Darraque.“

Da sprach er nachdenklich:

„Mein Bruder hat einen Benzwagen. Ich habe übrigens gar nicht gewußt,
daß man das Zeug auch mit Arrak treiben kann.“



Taxe


Sofia ist eine ungemein interessante Stadt. Ich durfte dort auch einer
gruseligen Geheimsitzung der makedonischen Komitadschi beiwohnen. Ich
war Zeuge, wie vierzehn Todesurteile gegen Verräter und politische
Gegner gefällt wurden.

Nach der Sitzung kreiste ein Teller -- man sollte Beiträge stiften für
die Komiteekasse.

Ich stiftete zehn Franken.

„Verzeihung,“ sagte der Präsident, „Sie müssen noch vier Franken
zulegen; der Eintrittspreis beträgt einen Frank per Todesurteil.“



Das vornehme Regiment


„Lieber Fähnrich, ich habe dich gestern mit einem Neunerulanen sprechen
sehen. Bitte, sei etwas wählerischer! Für einen Siebzehnerhusaren ist
ein Neunerulan kein standesgemäßer Verkehr.“



Ein Irrtum


Herr Kommerzienrat Löwinger führte mich auf seinem Besitz um. Wunder-,
wunderschön -- die Villa und der Park.

Im Park zeigte er mir seine neueste Erwerbung, „was er in Rom gekauft
hat: de Wölfin, wie se grad säugt ’n Romeo un de Julia.“



Soldatenleben


Ich stand einst, im Manöver wars, auf der Dorfstraße und blickte in die
Ferne.

Da sah ich -- weit unten irgendwo -- aus einem Tor einen Infanteristen
rausfliegen. Offenbar durch einen Fußtritt befördert. -- Na, so was
kommt ja vor.

Nach einer Weile -- was fliegt aus demselben Tor? Ein Infanterist.

Und eine Minute darauf ein dritter.

Ich fragte einen Unteroffizier:

„Um Himmels willen, was geht denn da unten vor?“

„Nichts besondres,“ sagte er. „Da hält unser Herr Regimentsarzt
Krankenuntersuchung.“



Der Skeptiker


Ein Hauptmann in Berlin schenkte seinem Offizierburschen ein Billett
für den Zoologischen Garten.

„Na, Krischpinski,“ fragte der Hauptmann am Abend, „wie hat’s dir denn
da gefallen?“

Krischpinski lächelte überlegen.

„Schwiendel, Cherr Chauptmann. Alljes Schwiendel. Ssolche Tiere in
Wirkljichkeit gibts garr njicht.“



Die Patrioten


Am 27. Oktober 1866 -- Österreich hatte kurz vorher Venedig an Napoleon
III. abgetreten -- kam es zu einer Volksabstimmung über die Frage: ob
Venedig an Italien fallen sollte oder nicht.

Es entschieden sich

  für Italien      681758 Stimmen,
  für Österreich       69 Stimmen.

Es ist einwandfrei festgestellt, daß jene 69 Freunde Österreichs
Uniformschneider waren, die noch große Vorräte von dunkelblauem Tuch
liegen hatten.



Dichtkunst


Der Herr Präsident würdigte mich einiger leutseliger Worte.

„Sie sind wohl ’n Künstler?“

„Jawohl, Herr Präsident; Schriftsteller.“

„So. Na -- und was schreiben Sie denn?“

„Für die ‚Jugend‘ ...“

„Ach -- ene männliche Thekla v. Jumpert?“



Der Käufer


„Bitte, zeigen Sie mir mal Armbänder! Aber ganz was billiges -- es ist
für meine Frau.“



~A. E. I. O. U.~


Dereinst verbot die Wiener Zensur ein Stück von mir und Väterchen
Rößler.

Ortskundige rieten uns: wir sollten uns beschweren gehen.

Wir gingen auf die Statthalterei.

Ein wilder Regierungsrat empfing uns.

Und schrie:

„Beschwerde?? Schön. Aber das sag’ ich Ihnen: Ihr Stück wird nicht
aufgeführt werden, solang Österreich steht.“

Da sagte Väterchen Rößler:

„Gut, dann warten wir halt noch die paar Wochen.“



Der Ausweg


Als Kulicke (~Vandaliae~) das ~Delirium tremens~ kriegte, hatten wir
im Sanatorium unsre liebe Not mit ihm. Er wollte durchaus kein Veronal
nehmen.

Zum Glück war unter den Assistenzärzten ein alter Korpsier. Er brummte
dem Patienten einen Bierjungen, und die Sache war gemacht.



Scharfes Manöver


„Herrgott, heut muß a hohes Tier hier sein. Heut riechen sogar die
Exzellenzen nach Schweiß.“



‚~LERNE ZU LEIDEN OHNE ZU KLAGEN~‘


-- so lautet die goldne Inschrift an der Gedächtniskirche.

Eines Tages löste sich einer der goldnen Buchstaben, das ~K~, irgendwie
ab. Der Pastor ließ einen Maurer holen und gab ihm den Auftrag: die
Inschrift in Ordnung zu bringen.

Am nächsten Tag las man:

‚~LERNE ZU KLEIDEN OHNE ZULAGEN~‘.



Der Fremde


Der selige Schönaich saß einst in Karlsbad auf einer Bank am Ufer der
Tepel.

Da kam ein Fremder und setzte sich dazu.

Lange blieb der Fremde stumm.

Endlich sprach er:

„De Brück is ä Glück über dem Wasser.“

Und ging.

Der selige Schönaich hat bis an sein Ende der Bedeutung jenes
Ausspruchs nachgesonnen.



Fragment


Gebildete Menschen sprechen leise -- -- weil man das nicht laut
erzählen kann.



Das Reiseabenteuer


Major Wandel fuhr von Krakau nach Wien.

Unterwegs stieg ein Mann mit Ringellöckchen ein.

Der Mann breitete zahlreiche Zeitschriften vor sich aus: Berliner,
Wiener Journale, illustrierte Blätter und ein Fachblatt für Aviatik.

Und der Mann las.

Der Herr Major langweilte sich, gähnte, streckte sich, rauchte und
dachte:

„Dieser Mann ist ein Jud. Aber offenbar ein besserer: er fährt erster
Klasse und interessiert sich für das Flugwesen. Ich werde ihn anreden.“

„Na,“ sagte der Herr Major leutselig, „jetzt kommt ja bald die Zeit, wo
wir beide fliegen werden.“

Darauf der Mann erstaunt:

„Beide fliegen? Haben denn Sie auch nur ä Billett dritter Klasse?“



Der Dolmetsch


Instruktionsstunde bei Molinariinfanterie in Budapest.

Der Herr Hauptmann:

„Soldaten! Disziplin ist die schwellende Knospe, aus der die köstliche
Rose Subordination sprießt. Feldwebel, übersetzen Sie das ins
Ungarische!“



Geschäft


Als ich noch in Essegg diente, mußt ich einmal ein Pferd verkaufen und
verkaufte es einem Mann mit Namen Kuhner.

„Was?“ riefen die Thebaner, „Kuhner haben Sie ein Pferd verkauft? Von
dem kriegen Sie niemals Geld.“

Nachmittag kam Kuhner und zahlte den Kaufpreis bei Heller und Pfennig.

Er machte runde, gerührte Augen dazu und sagte:

„Wissen S’ -- es is nur wegen ein andresmal.“



Liebeserklärung


„Fräulein, ich bete Sie an. Verraten Sie mir, wo und wann Sie wohnen.“



Der Grenzer


Ich sah bei Leutnant Wukowitsch -- der doch, bei Gott, kein
Multimillionär ist -- eine prachtvolle Uhr.

„Ja,“ sagte er, „die Uhr ist schön. Mein Großvater, Korporal
Wukowitsch, hat sie im Jahr 48 beim Sturm auf Mailand zum Geschenk
bekommen.“



Nachruf


Kurz vor dem Weltkrieg ist in Skutari Monsieur Ibrahim Popowitsch
gestorben.

Nach einem bewegten Lebenslauf (er war von Geburt Serbe und hatte sich
aus einem frommen Moslem zum glaubenseifrigen Katholiken entwickelt) --
nach schrecklichen Anfeindungen seiner Mitbürger (die sieben Völkern
angehören) endete Popowitsch als einer der mutigsten Vorkämpfer
Österreichs auf dem Balkan.

Monsieur Ibrahim Popowitsch war die österreichische Partei in Albanien;
er war jene ungeheure Volksmenge, die an habsburgischen Festtagen
jubelnd und huldigend vor dem österreichisch-ungarischen Konsulat
wogte; er trug jene vielberufene Sehnsucht der Balkanvölker nach dem
österreichischen Befreier im Herzen.

Und all das für einen Ehrensold von 2 ~K~ 30 ~h~ täglich. Möge die Erde
seiner vielgeprüften Asche leicht werden!



Einquartierung


„So’n Manöver ist wohl sehr anstrengend, Herr Leutnant?“

„Im Dienst nich mal -- da jiebt es Rasttage. Aber täglich ne andre
Familie amüsieren.“



Ein Mißverständnis -- nichts weiter


Vor vielen Jahren einmal forderte der Regierungspräsident in Breslau
von einem seiner Landräte Bericht ein über Herrn v. Wozinski.

Der Landrat schrieb:

Wozinski sei ein untadeliger Ehrenmann, doch eine Poloniusnatur.

Hierauf ließ der Regierungspräsident Herrn v. Wozinski rufen; und sagte:

„Mein lieber Herr, ich muß Sie dringend ersuchen, Ihre politischen
Quertreibereien einzustellen. Ich dulde in meinem Amtsbereich keine
Poloniusnaturen. ~Finis Poloniae~, mein lieber Herr!“



Bewunderung


Mein Freund Fedor Dawidowitsch ist Maler.

Einst saß er -- auf dem Land, in der Nähe von Kiew -- vor seiner
Staffelei und pinselte einen Sommermorgen.

Da kamen die Bauern und guckten ihm zu und staunten.

„Väterchen,“ riefen sie, „was mußt du Prügel bekommen haben, eh du dies
Handwerk erlernt hast!“



Entgegenkommen


Gestern kam Kornauer zu mir (der Schwankdichter Kornauer, nicht der
Fahrradhändler) -- legte mir den Stoff zu einem neuen Lustspiel vor und
fragte mich: ob ich mit ihm in Kompagnie gehen wolle?

Ich las das Ding und sprach:

„Herr Kornauer, Ihr Stück wird Aufsehen erregen. Eine verteufelt
wirkungsvolle, köstlich originelle Fabel. Reizend, packend,
interessant. Aber -- mit Ihnen daran arbeiten kann ich nicht. Denn
die Art, wie Sie Probleme stellen und lösen, widerspricht meiner
Lebensanschauung.“

„Ach, wenn Ihnen sonst alles paßt,“ sprach Kornauer mild und höflich,
„-- meine Lebensanschauung kann ich gern in dem von Ihnen gewünschten
Sinn ändern.“



Handel


Unlängst bekam ich eine Preisliste aus Galizien:

  Schöne hübsche Suppenkrebse        Dtzd. 12.10
  Feinste beste Tafelkrebse            „   13.50
  Soloware, prima springlebig          „   15.00
  Hochsolo primissima staunenswerte
    Wundertiere                        „   16.00
  -- dieselben mit zwei Scheren        „   16.60
  -- dieselben wirklich lebend         „   17.20



Das Kunstwerk


Der Sekretär der Alten Galerie in Palermo, mein lieber Freund, kam
eines Morgens merkwürdig aufgeräumt daher.

„Denk dir,“ rief er, „einer unsrer Tintorettos hat sich als echt
entpuppt.“

„Und?“

„Und nun verkaufen wir ihn nach London.“

Am nächsten Tag kam er wieder und seufzte:

„Ach, es war nur Täuschung.“

„Und?“

„Und nun geht er nach Berlin.“



Fragment


Religion ist die Aktie eines riesenhaften Syndikats. In Zeiten der Not
schneiden die Gläubigen Coupons ab.



Hoffnung


Ich besuchte in Berlin meinen Verleger.

Wie denn meine Bücher gingen?

„Gott,“ sagte er, „soso lala. Aber ich verliere den Mut nicht. Sehen
Sie, Bierbaum wird erst gekauft, seit er tot ist. Auch Ihre Zeit wird
kommen, lieber Roda!“

Und er sah mich mit zuversichtlichen Augen an.



Junggesellenleben


Die nervösen Anfälle meiner Tante haben mich eines Tages in eine
ziemlich peinliche Lage gebracht.

Tantchen besuchte mich -- ich lebte damals in Graz -- und bekam
ihren nervösen Anfall. Ich räumte ihr sofort mein Schlafzimmer ein,
verdunkelte es und bat Tantchen, ein wenig zu ruhen. Ich würde
unterdessen arbeiten -- meine Maschinschreiberin kommt um zehn Uhr.

Um zehn Uhr kam meine Maschinschreiberin. Huschte auf leisen Zehen
gradenwegs in das verdunkelte Zimmer und drückte einen warmen Kuß auf
Tantchens zitternden Mund.



Der Richter


„Heute war bei uns ein Mann angeklagt wegen Beleidigung des
Herrn Ministers. Wir mußten ihn verurteilen. Wir haben ihm aber
unwiderstehlichen Zwang zugebilligt.“



Frühling


Das Fräulein:

„Sie sind ja ein so gewandter Mensch, Herr Pfleiderer: raten Sie mir,
wie ich mich Ihrer erwehren könnt.“



Die Methode


Eines Tages wollte der Herr Primararzt auf Urlaub fahren. Ließ den
Assistenten kommen und sagte ihm:

„Sie, Doktor Grünfeld -- der Mann da im dritten Bett wird morgen
sterben. Er hat eine ungemein interessante Leber -- bitte, präparieren
Sie mir sie heraus und härten Sie sie in Formalin -- ich brauche die
Leber nächste Woche zu einer Vorlesung.“

Und dann fuhr der Herr Primararzt.

Als er nach acht Tagen wiederkam, war seine erste Frage:

„Grünfeld! Wo ist meine Leber?“

„Entschuldigen, Herr Professor -- der Mann lebt.“

Da wurde der Primararzt aber wild.

„Natürlich,“ schrie er. „Den haben Sie wieder nach eigenem Kopf
behandeln müssen.“



Fragment


Es gibt nur einen wirklich guten Detektiv: die Dummheit der Verbrecher.



Kriegsrecht


„Der Mann weiß etwas über uns. Hängen wir ihn auf!“



Bildungsdrang


Mein Vetter kam als Einjähriger zu Sardiniendragonern. Da fragte ihn
der Schwadronschef:

„Sie sind Archäolog, Einjähriger? Wo haben Sie denn studiert?“

„In Berlin, Herr Rittmeister, in Paris, Wien, London und Rom.“

„Na, hören Sie, Einjähriger -- dieses Herumvagabundieren wirft aber
nicht grade das günstigste Licht auf Ihren Charakter.“



Beleuchtung


Ich trat um elf Uhr abend ins Restaurant. Kein Mensch mehr da.

„Kellner, eine Pulle Sekt!“

Er knipste die Beleuchtung an, verbeugte sich und sagte:

„Eine Pulle Sekt -- jawohl -- bitte sehr.“

„Halt, Kellner! Kann ich nicht eine halbe Flasche haben?“

Er drehte stumm die Hälfte der Lampen ab.



Der Damenschneider


„Einer schönen Frau kreditiere ich gern. Sie trägt die Sicherstellung
in sich.“



Der Menschenfeind


Als ich noch in Essegg diente, hatten wir einen Hauptmann, der war ein
überzeugter Junggeselle.

Einmal, beim Batterierapport, sagte er einem Ersatzreservisten:

„Sie sind Familienvater -- nicht wahr? Möchten heute bis zwölf Uhr
nacht ausbleiben -- nicht wahr? Ein kleines Liebesabenteuer während
der Waffenübung -- was? Krank werden, heimkommen, Frau und Kinder
unglücklich machen -- he? Ja, mein Lieber, ja, gern. Ich gebe Ihnen die
Erlaubnis bis zwölf Uhr, Sie Schwein!“



Fragment


An Deutschlands politischem Verfall ist Ein Mann schuld: du.



Süd und Nord


Wir erörterten im Café ein beliebtes Thema: die künstlerische Kultur
von Wien und Berlin.

„Segen S’,“ sagte Mitterhuber, „ein ungeheurer Unterschied is scho:
wann in Berlin a Künstler verhungert, kümmert sich ka Mensch um eahm;
in Wien, wanns passiert, stengen Hunderte um eahm herum und bedauern
eahm, mit die Händ in die Taschen.“



Der Ehrliche


„Herr Graf, Sie schulden mir seit Monaten zwanzigtausend Mark. Da wärs
doch endlich an der Zeit, daß Sie mir wenigstens einen Wechsel über die
Summe ausstellen. Das Formular hab ich gleich mitgebracht.“ --

„Mit Vergnügen, Herr Silberstein. Aber ich mache Sie aufmerksam: solch
ein Formular kostet fünf Mark. In dem Augenblick aber, wo ich meine
Unterschrift darauf gesetzt habe, ist es völlig entwertet.“



Gesellschaft


„Heute geben wir ein Souper. Zwanzig Menschen kommen. Achtzehn davon
sind mir verhaßt.“



Die Zelebritäten


Als Maxim Gorki die Nachricht von Tolstois Tod empfing, fiel er in
Ohnmacht -- und als man ihn laben wollte, weigerte er sich, Nahrung zu
sich zu nehmen.

Man erzählte diesen Vorgang dem großen Gabriele d’Annunzio.

Er rief:

„Himmelherrgottsakra -- diese Komödie habe doch grade ich aufführen
wollen.“



Willi


Wir jagen unserm Willi nach -- er soll doch heute den Glückwunsch an
Onkel Ulrich schreiben.

„Fällt mir nicht ein,“ sagt er frech.

„Aber, Willi! Wo Onkel Ulrich immer so freundlich gegen dich ist? Erst
gestern hat er dir das schöne Schiff geschenkt. Da müßtest du dich wohl
sehr schämen, ihm nicht gratuliert zu haben.“

„Ach was,“ sagt Willi, „eh ich mich hinsetz und zwei Stunden schreib --
lieber schäm ich mich.“



Christentum


Auf der Villa meines Freundes steht ein hübscher Hausspruch:

    „Tritt in Jesu Namen ein,
    Und du wirst willkommen sein.
    Bist du arm und bist du reich --
    Uns gilt es gleich.“

Und darunter:

  „Betteln und hausieren verboten.“



Literatencafé


„Was halten Sie von unserm jüngsten Dichter?“

„Eine schwache Begabung -- alles nur halb, nichts ganz. Nicht einmal
ganz talentlos ist er.“



Das Geschenk


Wir berieten, was wir Tante Laura zum Geburtstag schenken sollten, und
konnten nicht übereinkommen.

„Wißt ihr -- was?“ schlug ich vor. „Tante Laura soll sich einfach
selber was wünschen.“

Sie zierte sich lang.

Endlich sprach sie:

„Ihr lieben Kinder -- wenn es wirklich sein muß -- und wenn ihr
durchaus wollt -- und wenns nicht zu teuer ist -- so möchte ich gern
einen kompletten Beethoven.“

„Aber Tantchen,“ rief ich, „was fängst du mit einem kompletten
Beethoven an? Du bist ja gar nicht musikalisch.“

„So?“ sagte Tantchen ganz verdutzt. „Ist das Musik? Ich dachte, es wäre
ein heizbares Betpult.“



Fragment


    „Feurig von Ideen brennen
    Ist Dalles.
    Ihren praktischen Wert erkennen
    Ist alles.“



Einer nach dem andern


Mein Freund Pick war auf der Jagd in Ödenburg.

Plötzlich, beim ersten Trieb, kriegt Pick ein paar Schrote an die Beine.

Pick lacht und sagt seinem Nachbarn, einem Husaren:

„Herr Rittmeister, wann S’ mi umbringen wollen, müssen S’ scho a
wengerl höher halten.“

Beim zweiten Trieb prescht der Rittmeister dem Pick eine in den
Lodenrock.

Krawall: Pick verbittet sich das -- der Husar wird unartig. Andre
Herren suchen zu vermitteln.

„Nein,“ sagt Pick, „i will mich mit ihm schießen. Aber jetzt komm i
dran -- er hat schon zweimal geschossen.“



Die Juristen


„Herr Kandidat, legen Sie mir den Unterschied dar zwischen
Privatehrenbeleidigung und Majestätsbeleidigung.“

„Bei Majestätsbeleidigung darf man nicht den Wahrheitsbeweis führen.“



Die Sprache des Berufes


„Ist Ihre Braut brünett, Herr Rittmeister?“

„Nee -- Schweißfuchs, stark stichelhaarig.“



Die Kur


Mein Freund Peter trinkt ein wenig. Da quälten die Tanten ihn so lange,
bis er sich zu einer Entziehungskur bequemte.

„Wieviel Wein konsumieren Sie täglich?“ fragte der Anstaltsarzt.

Freund Peter pflegt fünf Flaschen zu trinken, sagte aber
vorsichtshalber: zehn.

Hierauf gab man ihm eine Woche lang acht Flaschen, dann sieben und
sechs.

Als er wieder bei fünf angelangt war, seiner alten Tagesgebühr, wurde
er gebessert entlassen.



Die babylonische Witwe


„Edgar,“ sprach sie, „du hast mich vor meinem Personal kompromittiert
-- wenn du ein Ehrenmann bist, wirst du mich heiraten.“

„Kind, genügt es nicht, daß du das Stubenmädchen wechselst?“



Der Vater


„Siegfried, mein Kind, deklamier ämal das scheene Gedicht, was anfangt
mit: Wie? Wos? Wo?“

„Vater, meinst du: ~Vivos voco, fulgura frango~ ...?“

„Ja, mein Kind.“



Die Königin


Einmal gabs in Wien ein ‚Rosenfest unter dem Protektorat Ihrer
Kaiserlichen Hoheit der Durchlauchtigsten Erzherzogin X...‘ (der Name
ist mir entfallen). Man wählte eine Rosenkönigin und umgab sie mit
einem Hofstaat von vierundzwanzig jungen Damen der Gesellschaft.

Bald aber stellte sich heraus, daß die Rosenkönigin von Wien niemand
anders war als die bekannte angestrichene Anna von der Kärntnerstraße.

Wieder ein Beweis, wie sehr die Professionals den Amateuren überlegen
sind.



Erpressung


„Frau Rummel, um Himmels willen, Sie kriegen a Kind? An ehrsame Wittib
-- in Ihrem Alter?“

„Von meinem Zimmerherrn, dem Gauner. Wann i net mag, sagt er, ziegt er
aus.“



Versorgung


„Sie in Ihren Greisenjahren reisen noch ins Bad?“

„Ich bin ja hier als ältester treuer Kurgast engagiert.“



Fremdenverkehr


Ich fuhr mit Mr. Smith nach dem Hofbräuhaus.

Mr. Smith ließ sichs nicht nehmen, die Droschke zu bezahlen.

„Uiviel?“ fragte er.

Der Kutscher sagte:

„92 M. 50.“

„Aber der Taxameter beueist 71 M. 80.“

Gut, 71 M. 80.

Eh er wegfuhr, fragte mich der Kutscher:

„Jetz wieso kann der Engländer dö deutschen Ziffern lesen?“



Literatur


„Hüten Sie sich vor geistiger Arbeit.“

„Oh, da feit si nix, Herr Dokter -- i bin Dialektlyriker.“



Die Presse


Redaktionssitzung der ‚Wiener Tagespost‘. Sie galt einem wichtigen
Tagesereignis, dem Hirtenbrief des Kardinals.

Der Herr Chef befahl dem Volontär:

„Isidor, rufen Sie erein den Portier! Denn warum? Mir kennen uns in
Kirchenangelegenheiten doch nix aus.“



Balkan


Mein Freund Kromar und ich durchquerten einmal Montenegro.

Da kamen wir zu einem Wojwoden und blieben bei ihm.

Wir fühlten uns wohl. Schnaps, Brot, sogar Fleisch -- nichts fehlte zu
unserm Glück.

Nur störte mich, daß der Wojwode meinen Freund auffallend bevorzugte.
Er redete ihn ehrfurchtsvoll an, mich aber duzte er.

Warum?


„Ja,“ sagte der Wojwode, „dein Freund Kromar ist ein vornehmer Herr, er
kann nur deutsch. Du aber? Dich verstehe ich. Und ich weiß, was ich von
Leuten zu halten habe, die meine Sprache reden.“



Der Lebemann


„Herr Silberstein, warum heiraten Sie nicht -- ein so strammer, junger,
reicher Mann?“

„Stramm, jung und reich -- das sind doch drei Gründe, ledig zu bleiben.“



Das Rassemerkmal


„Sie sind Schwedin, Gnädigste? Wann waren Sie mit Strindberg
verheiratet?“



Die Gnädige


Herr Willibald Dräsicke, Fabrikant aus Hannover, kam in sein Berliner
Stammhotel und sprach:

„’n Zimmer!“

„Ein oder zwei Betten, Herr Dräsicke?“

„Zwei. Meine Frau kommt mit dem Nachtzug aus Hannover nach.“

„Können wir der Gnädigen vielleicht nach ihrer Ankunft gleich das
Zimmer anweisen? Wie sieht die Gnädige aus? Blond? Schwarz? Klein?
Groß?“

„Donnerwetter,“ sagte Dräsicke, „das kann ich doch jetzt noch nich
wissen.“



Sport


„Polo spielen muß net a jeder Gebildete; aber Reschpekt vor an
Polospieler muß a jeder Gebildete haben.“



Anthropologie


„Herr Professor haben den Winter in Borneo verbracht?“

„Ja -- wir haben Grabungen veranstaltet, um das Zwischenglied zu finden
zwischen Menschen und Affen.“

„+Unter+ der Erde?“



Regierungskunst


Der Bezirkshauptmann von Lopatow in Ostgalizien erhielt von der
Statthalterei den Auftrag: ‚die ruthenische Propaganda im Bezirk zu
unterbinden, insbesondere auch dahingehende Volksversammlungen nach
Tunlichkeit zu verhindern‘.

Er erschien ein paar Tage darauf persönlich auf der Statthalterei.

„Nun, Herr Bezirkshauptmann?“

„Exzellenz, alljes georjdnet. Versammljungen schonj verbottjen.“

„Aus gesetzlichen Gründen?“

„Weggen Scharlach, Exzellenz.“

Der Statthalter atmete auf.

„Richtig, wir haben ja, Gott sei Dank, Scharlach. Für diesmal ists also
gegangen. Was werden wir aber nächstens tun, Herr Bezirkshauptmann?“

Da warf sich der Bezirkshauptmann in die Brust.

„Exzellenz,“ rief er, „so weitj verdinne ichj Ihren Vertrauen, daß so
lang ichj die Erre chabbe, zu sein Bezirkschauptmann von Lopatow, wirr
werrden immer chabben den nötigen Scharlach.“



Zensur


Man hatte mir in Wien ein Stück verboten.

Ich ging aufs Polizeipräsidium und sagte:

„Ich werde natürlich Einspruch gegen das Verbot erheben.“

Der Herr Polizeipräsident lächelte. Und fragte mich:

„Wie wollen Sie denn das machen?“

„Nun,“ sagte ich, „ich werde die Gründe des Verbots widerlegen.“

„Wissen Sie denn die Gründe?“

„Sie stehen doch in der amtlichen Entscheidung.“

Da lachte der Herr Polizeipräsident aber, daß er fast geborsten wäre.

„Mensch,“ rief er, „die amtliche Entscheidung enthält doch nur
Ausreden. Die Gründe behalten wir immer für uns.“



Der Rittmeister


„Kerl, Sie sind doch nicht der Schwadronskoch, daß Sie dreckig wie eine
Sau herumlaufen dürfen.“



1913


„In Berlin ham wa vier Genies: Scherl, Aschinger un Sudermann.“



Psychiatrie


Unlängst erhielt ich die Erlaubnis, die Landesirrenanstalt zu
besichtigen. Ich durfte durch alle Säle gehen und mit allen Kranken
sprechen.

Im siebenten Saal begegnete mir ein Mann in langem, grauem Kittel, mit
entsetzlich stierem Blick.

„Sie Armer,“ fragte ich ihn erschüttert, „wie lang sind Sie denn schon
hier?“

Er lächelte und sagte:

„Verzeihen Sie, ich bin der Anstaltsarzt.“

Ich war bodenlos verlegen und erschöpfte mich in Entschuldigungen.

„Oh, bitte, bitte,“ sagte der Vorstand, „eine solche Verwechslung kann
einem Fremden bei uns schon passieren. Die Ärzte in den Irrenanstalten
unterscheiden sich ja von den Patienten nur durch die Vorbildung.“



Diplomatie


Die Frau Legationsrätin erzählte mir:

„Der französische Botschafter hat uns zweimal nacheinander zum
Frühstück geladen. Wir müssen uns revanchieren.“

„Sie geben nun auch ein Frühstück, Gräfin?“

„Es macht zu viel Umstände. Wir werden Konzessionen in Persien machen.“



Die Flucht


Drei Insassinnen der Troppauer Irrenanstalt hatten beschlossen,
auszurücken. Sie schnürten ihre Bündelchen, legten sie gegen Abend an
die Gartenmauer -- und wenns dunkel wird, gehts los.

Eh es aber losging, flüsterte die gute alte Heubauerin:

„Warts noch ein bißl!“

Lief hinauf in die Direktion und sagte:

„Entschuldigen schon, Herr Primararzt -- ich küss die Hand. Un ich dank
auch scheen für alles Gute, was Sie mir erwiesen haben. Nämlich: mir
fliehen jetzt.“



Orientierung


„Herr Leutnant,“ rief der General, „Herr Leutnant, wo haben Sie Ihren
Kompaß?“

Ich erbleichte. Ich hatte keinen.

„Herr General, ich dachte ... bei dem klaren Wetter ... die Sonne stets
sichtbar ...“

„So,“ höhnte der Herr General, „die Sonne! Mensch, an der Sonne können
Sie höchstens erkennen, wo Süden ist -- aber niemals, wo Norden ist.“



Der Seßhafte


Das Personal des Hoftheaters war zu einer intimen Festvorstellung ins
herzogliche Schloß befohlen. Nach der Vorstellung: Tee und Cercle Ihrer
Hoheit, der Herzogin.

„Ah, mein lieber Knipping!“ rief die Herzogin, „Wir freuen Uns, Sie
wiederzusehen, Unsern beliebten Heldendarsteller. Irren wir Uns? Wollte
man Sie Uns nicht im letzten Winter nach Berlin entführen?“

Da sagte Knipping:

„Hoheit, wo mir die Gnade der höchsten Herrschaften gewiß ist, bleibe
ich lieber da -- auf dem Lokus, wo ich schon seit zwanzig Jahren sitze.“



Unterricht


Kadettenschule in Prag. Eines Tages kam Herr Oberst Nastupil, um dem
Unterricht in der tschechischen Sprache beizuwohnen.

„Zögling Heinzl, schreiben S’ auf: ‚Pferd hat sich gut in ärarische
Stall, wird sich gepflegt von die Kopf bis Füß.‘ -- Haben S’
geschrieben? -- So übersetzen S’!“

„Ins Deutsche oder ins Tschechische, Herr Oberst?“



Der Husar


Rittmeister v. Pakosdy -- zum Tee bei Mänzels.

Frau Mänzel zwitschert wieder einmal aufs lieblichste -- ein Dutzend
Geschichten, die sie alle heute früh erlebt hat.

„Ich gehe die Kärntnerstraße entlang -- plötzlich rutsche ich aus und
sitze da auf meinen vier Buchstaben ...“

Pakosdy voller Interesse, aber ganz und gar verständnislos:

„Sitzen auf Ihre vier Buchstaben, Gnädigste? Wie is dos gemeint, ich
bitte?“

Man erklärt es ihm pantomimisch.

„Ach so!“ ruft Pakosky.

Und nach einer Pause des Nachdenkens:

„Entschuldigen -- das sein aber fünf Buchstaben.“



Die Eidgenossen


Ein Gespräch auf der Schweizerischen Bundesbahn, in der Nähe von Basel.

„Wenn ma halt e Zit lang im Usland gsi isch, gwöhnt me sich daheime so
schwer wieder i.“

„Sin Sie lang im Usland gsi?“

„Jo -- drei Wuche im Appezäll.“



Revanche


Als Edelsheim Korpskommandant in Pest war, traf er einmal auf der
Promenade einen Leutnant mit Rasselgeräuschen.

„Sie,“ sagte Seine Exzellenz, „Sie habe sich Ihren Sporn abgetrete --
richte Sie sich ihm emol!“

Worauf der Leutnant in einen Hausflur trat und auf alle Art versuchte,
den Sporn einzurenken.

Doch es ging nicht.

Ach was -- der Korpskommandant ist sicher schon weit weg -- los auf die
Promenade!

Der erste Mensch, dem er begegnete, war der Korpskommandant.

„Herr Leutnant,“ sagte Seine Exzellenz, „Ihr Sporn ischt noch immer
abgetrete. Sie müsse sich Zeit nehme. Bleibe Sie emol drei Tag zu Haus
un richte Sie ihm ordentlich!“

Der Leutnant meldete den Vorfall pflichtgemäß dem Regiment und trat
seinen Zimmerarrest an.

Als er ihn verbüßt hatte, ging er auf die Promenade.

Und wer kam ihm entgegen?

Seine Exzellenz, der General der Kavallerie Freiherr v. Edelsheim.

Und was schleifte Seiner Exzellenz nach?

Die Hosenstrupfe.

„Exzellenz, ich erlaube mir, gehorsamst aufmerksam zu machen ...“

„Ah, da schau her! Mei Strupfe ischt abgetrete? Und grad Sie habe es
gemerkt? Mein Spornleutnat? Ich danke Ihnen.“

Nächste Begegnung.

„Exzellenz, ich erlaube mir, gehorsamst aufmerksam zu machen ...“

„Was? Mei Strupfe wieder abgetrete? Da verdien ich ja ... Wieviel
Arrest habe Sie damals für Ihren Sporn kriegt, Herr Leutnant?“

„Drei Tage, Exzellenz.“

„Drei? Na, da verdien ich wenigschtens acht. Aber ich als
Korpskommandant hab ja nit Zeit. ... Wissen Sie was, Herr Leutnant?
Sitze Sie emol die acht Tag für mich ab!“



Das zweite Gesicht


Ich besuchte einst in Pest den Major Ischbary von Forgatschhusaren. Er
las eben in einem Buch.

„Störe ich Sie am Ende, Herr Major? Studieren Sie Taktik?“

„Oberr liieberr Fraind! Ich?? Taktik studieren?? Wo sich die Taktik
doch in unserm nächsten Krieg als grundverfehlt erweisen wird?“



Wahl


Ich saß mit Nuttinger im Volkskeller.

Die Damenkapelle spielte.

Wir brüteten.

„Freunderl,“ sagte Nuttinger plötzlich, „ob du mirs jetzt glaubst oder
net -- es ist ein historischer Augenblick in meinem Leben. Nie hab ichs
glaubt, wann die Leut von einer Liebe aufn erschten Blick reden --
aber ich bitt dich, schau dir die Bassistin an! Hast du schon so was
von Anmut gesehn? So eine schlanke Fülle? So ein volles Schlankerl?
Meiner Six, ich wer die Person heiraten un wer ihr Schklave sein
fürderhin. Du verstehst? Fürderhin. Pikkolo! Pikkolo! Obst hergehst,
Lausbua?! Siegst des Fräuln oben, die was Baß spielt? Augenblicklich
sagst ihr: ‚Fräuln‘, sagst ihr, ‚unten is a Herr‘, sagst ihr, ‚in
geordnete Verhältnisse, der bietet Ihna Herz und Hand fürs Leben.‘ Hast
verstanden, Lausbua? ‚Herz und Hand fürs Leben.‘ Der Bassistin. Oder
weißt was, Pikkolo? Sags lieber der Trommlerin.“



Schule


„Wie hießen jene jungfräulichen Priesterinnen im alten Rom, die das
heilige Feuer nährten?“

„Das waren die Westfalinnen.“



Der Traum


Paulchen ist erwacht, Paulchen ist angekleidet worden und erscheint
glückstrahlend im Salon -- im Kreis der Tanten, Großtanten und Basen.

„Ach, Paulchen! Das süße Paulchen! Wie hast du denn geschlafen?“

Paulchen hat herrlich geschlafen -- und noch mehr: Paulchen hat
geträumt.

„Zum erstenmal in seinem Leben,“ jubelt Mama. „Erzähl doch, erzähl
doch, wie es war!“

Paulchen:

„Also, mich bin geträumt, es war Nacht, da is die Tür gegangen, da is
ein Engel kommen in ein langes Hemd.“

Chor der Tanten:

„Ach, Paulchen, wie reizend!“

„Ja, in ein langes Hemd. ’s war aber gar kein Engel, ’s war Papa.“

„Was? Kein Engel? Es war Papa? Nein, wie niedlich!“

„Ja, un er is gar nicht zu Paulchen, er is gangen an Fräuleins Bett. Un
hat gesagt: ‚Weißt was, Fräulein? Du bist gar kein Fräulein, du bist
ein Engel.‘“

Mutti ist ein wenig verwirrt:

„Hör, Paulchen, Träume sind Schäume -- Lügen. Die muß man auch nicht
erzählen.“

„Oh, Mama,“ sagt Paulchen, „frag nur ’s Fräulein und Papa -- denen hat
das alles genau ebenso geträumt.“



Nahrungsmittel


Eine betrübende Kunde kommt aus Hamburg. Der Direktor einer dortigen
Margarinefabrik hat, verzweifelt über die Verleumdungen, die in der
Presse über das Unternehmen umgehen, Selbstmord versucht: er öffnete
eine zur Versendung an die Kundschaft bereite Kiste, schmierte
sich ein Butterbrot und verschlang es hastig. An dem Aufkommen des
Bedauernswerten wird gezweifelt.



Beerdigung


„Weune nicht, mein Sohn! Weunen geziemt den Weubern. Wir Männer halten
in diesem Falle Reden.“



Das Jahrhundert des Kindes


Die kleine Trude will wieder einmal, allem Zureden zum Trotz, ihre
Suppe nicht essen.

Da sagt Mama:

„Wie manches arme Kind wäre froh, wenn es nur die Hälfte hätte!“

„Ich auch,“ antwortet Trude seufzend.



Der Diplomat


Ich besuchte meinen Freund, den Legationssekretär. Er empfing mich auf
seinem Bureau.

Das Bureau ist sehr behaglich eingerichtet: Ottomane, Klubsessel,
Bärenfell, Rauchservice ... und nirgends ein Schreibtisch. Ein Möbel,
das ich anfangs für einen Dokumentenschrank gehalten hatte, erwies sich
bald als Schnapsaltar.

Der Legationssekretär verstand -- als Diplomat -- meinen fragenden
Blick sofort und erklärte mir:

„Siehst: die Akten, soweit sie nicht dringend sind, nehme ich nicht zu
mir -- die haben Zeit. Und die dringenden Akten? Ihre Eigentümlichkeit
ist doch grad, daß sie sich durch Nichtbeantwortung von selbst
erledigen.“



Montenegro


Vor ein paar Jahren war ich in Cetinje. Da sagte mir der Konsul:

„Sie wollen hier was durchsetzen? Da müssen Sie mit gewissen
kleinen Eigentümlichkeiten des Landes rechnen: wenn Ihnen der
Unterrichtsminister sein Ehrenwort gibt, hält ers bestimmt nicht; der
Kriegsminister ist ganz unverläßlich -- er hälts manchmal.“



Österreich


Baron Meyringer sah, daß es so nicht weiterging -- sein Vermögen war
tschari, nur seine drei Autos waren ihm geblieben -- da gründete er die
Erste Wiener Autounternehmung.

Wenn man aber in Wien ein Lohnfuhrwesen betreiben will, muß man eine
Lizenz haben.

Eine Lizenz bekommt man nur, wenn ‚die fraglichen Fuhrwerke in ihrer
Gänze oder den überwiegenden Teilen nach inländischen Ursprungs sind‘.

Meyringers Wagen waren französischen Ursprungs.

Was tun?

In solchen Fällen geht der Österreicher auf die Statthalterei, ‚um sich
das zu richten‘. -- Meyringer ging auf die Statthalterei.

Jede höhere österreichische Behörde hat einen sogenannten
Präsidialisten, dessen Aufgabe es ist, wenig erfahrenen, jedoch durch
ihre Geburt bevorzugten Klienten die Wege zu weisen zur Umgehung der
Gesetze.

Der Präsidialist ließ sich den Fall Meyringer vorlegen und dachte lange
nach.

Dann aber sprach er:

„Also so viel is gwiß, daß der überwiegende Teil der Wagen heimischer
Erzeugung sein muß. Könnten S’ net, zum Beispiel, für Ihnere Wägen
Wiener Laternen anschaffen?“

„Was mach ich mit den alten?“ wandte Meyringer ein.

„Oder Wiener Fußteppiche?“

„Drei Stück ... Es kostt halt Geld ...“

Der Präsidialist sann und sann.

„Eine Idee, Herr Baron: das Wasser im Kühler; wir haben das berühmte
Wiener Hochquellwasser ...“

Meyringer nickte.

Und bekam die Lizenz.



Die Warnung


„Die arme Frau kann keinen Ball mitmachen, keine Unterhaltung -- sie
hat zwei Kinder ...“

„Ja, wenn die nicht wären, hätte sie bei ihrem Temperament schon lang
ein drittes.“



Die Freuden des Lebens


In Gleichenberg war einmal ein alter Apotheker, der pflegte zu sagen:

„Zwischen zwanzig und vierzig freute ich mich am meisten über ein
schönes Weib. Zwischen vierzig und sechzig über einen guten Stuhl. Und
seitdem freue ich mich am meisten, wenn mein Nierenleiden manchmal
nachläßt.“



Grenze


Hauptmann Patrontaschewitsch vom Grenzerregiment ist beim Kassagang
gewesen. Nun sitzt er in der Kompagniekanzlei und zählt das Geld nach,
die Löhnung für die Mannschaft.

Es pocht. Der Oberleutnant tritt ein.

Hauptmann Patrontaschewitsch räumt das Geld hastig in die Tischlade und
sperrt ab.

„Pardon, Herr Hauptmann!! Was soll das?? Ich verbitte mir dieses
beleidigende Mißtrauen.“

Und der Hauptmann begütigend:

„Aaber, Bruudär! Kein Mißtrauän. Nur Erfahrung: mehr wird es auf keinen
Fall.“



Der Zweifler


In Wien soll ein neues Gebäude für das Patentamt errichtet werden. Doch
die im Finanzministerium sind dagegen.

„Denn,“ erzählt mir ein Finanzhofrat, „das jetzige Gebäude is freilich
zu klein -- bei zehntausend Patentanmeldungen im vorigen Jahr. Aber ich
bitte: wissen wir, obs im nächsten Jahr wieder so viele werden? Jetzt
-- wo das meiste, was man überhaupt braucht, schon erfunden is?“



Der Tote


Als Onkel Anton gestorben war, kamen wir alle, so weit wir auch
wohnten, zu seinem Begräbnis. Denn wir hatten ihn geliebt.

Und wir trösteten die Tante, und als wir vom Friedhof kamen, geleiteten
wir sie noch nach Haus und trösteten sie wieder und blieben bei ihr --
bei ihr im einsamen Heim, wo jedes Winkelchen, jeder Gegenstand an den
Heimgegangenen gemahnte.

Die Tante brachte uns Wein und Biskuit, und wir tranken und sprachen
von dem teuern Toten -- und tranken wieder und sprachen wiederum und
tranken zwischendurch.

Da stand Onkel Felix auf, klopfte ans Glas und hob es hoch und sagte:

„Tante Anna! Ich glaube im Sinne aller zu sprechen: der selige Onkel
Anton soll leben!“



Das Denkmal


Sonntag nachmittag; die beiden Apothekerlehrlinge haben Ausgang.

„Sag mal, was is da auf der Handelskammer für eine Statue?“

„Das weißt du nicht? Das ist Merkur.“

„Waas? Für so eine Salbe macht man ihm eine so schöne Statue?“



Justiz


Die Bevölkerung von Galizien ist von der Unbestechlichkeit
ihrer Gerichte nicht so tief überzeugt, wie es im Interesse der
Staatsautorität zu wünschen wäre.

Unlängst erhob sich der Vorsitzende des Landesgerichts von Tarnopol,
Zivilsenat, und begann die Urteilsbegründung zu lesen:

„Der Gerichtshof hat angenommen ...“

„Hab ich mir gleich gedacht,“ unterbrach der abgewiesene Kläger.



Berlin


Meine Schwester sagt: nach dem langwierigen Souper müsse sie Luft
schöpfen -- ich sollte mit ihr in den Tiergarten fahren.

Herrliche Autofahrt im Mondschein.

Wir kommen zurück und halten.

Ich will den Chauffeur entlohnen.

„Wat?“ sagt er. „Nach dem Taxameter kieken Se? Hab ick mir eenmal
umjekiekt?“



Reitunterricht


„Knetschke, lassen Sie die Gelenke los! Noch mehr! Was kneifen Sie denn
die Beine zusammen wie eine Gouvernante?“



Das Lied


Ich ging dereinst auf der Furschtadtskaja in Petersburg spazieren --
mit dem kaiserlich russischen Stabskapitän Kojuhoff.

Er sprach mir vom russischen Militär. Glühend, begeistert.

„Was sind eure Soldaten?“ rief er. „Wehrpflichtige Sozialdemokraten, im
besten Fall wehrfähige Puppen. Das Urra Suwaroffs kennen sie nicht, sie
haben kein Herz. -- Bei uns? Der letzte Mann stirbt freudig für seinen
Zaren, seinen Offizier.“

Eine Infanterieabteilung näherte sich in Schritt und Tritt.

„Hörst du sie, Fremdling? Hörst du unsre Soldaten singen? So folgt der
Slawe seinem Führer -- in blindem Vertrauen, in Liebe, in Ehrfurcht, im
Glauben an ihn.“

Die Abteilung kam immer näher. Und sang:

    „~General
    „Krupi kral,
    „I palkownik
    „Pamagal.
    „I parutschik,
    „Nasch galubtschik,
    „Po basarach
    „Prodawal.~“

Deutsch:

    „General
    „Grütze stahl,
    „Und der Oberst
    „Half ihm mal.
    „Und der Leutnant,
    „Aller Liebling,
    „Er verkaufte
    „Unser Mahl.“



Der Hund


Ritschel sah zum Erschrecken aus.

„Mensch,“ rief ich, „bist du unter die Stachelwalze geraten?“

„Nein -- weißt: gestern komm ich spät nach Haus -- mein Hund erkennt
mich nicht und springt mir ins Gesicht ...“

„Hör mal, Freunderl -- von dem Hund tät ich mich scheiden lassen.“



Der Strenge


„Hat Jraf Pantzow seine Cancaneuse noch?“

„Nee -- hat sich mit seiner Frau versöhnt und lebt mit ihr.“

„Lebt mit der eejenen Frau? Also Blutschande.“



Die Mongolei


Erzherzog Albrecht reiste einmal durch Ungarn. Ward begeistert
empfangen und freute sich sehr.

Nur eins wunderte ihn: die Leute schrien immer: Vivat. Warum nicht
Eljen, wie sie sonst doch pflegen?

Der Erzherzog befragte den Obergespan.

Und der Obergespan antwortete ehrerbietig:

„Kaiserliche Hoheit, wir haben ihnen Vivat eingelernt. Denn warum? Wann
wir sie lassen Eljen schrein, schrein s’ immer: Eljen Kossuth!“



Tragisches Los


„Was is mit unsan ollen Freund Willem -- is er nu endlich vanünftich
worden?“

„Eben wollt er vanünftich wern -- da kam der Altersblödsinn.“



Das System


„Haben Sie eine Zigarre für mich, Herr v. Hoffmann?“

„Sagten Sie denn nicht, Sie wollten sich das Rauchen abgewöhnen?“

„Gewiß -- aber das geht nicht so plötzlich. Das Rauchen eigener
Zigarren hab ich mir schon abgewöhnt.“



Das Muster


Ich hatte einen Onkel in Wien, den Onkel Aloys.

Er war eine Zierde der Familie, er war Großkaufmann.

Und dieses vorbildliche Leben: vier Tage wöchentlich verbrachte er
im Kreis der Familie. Samstag, Sonntag, Montag aber -- im Sommer, im
Winter, ob schön, ob Regen: Samstag, Sonntag, Montag stieg er auf die
Rax. Atmete die frische Bergluft ein, schrieb uns regelmäßig eine
Ansichtskarte von den Gipfeln -- und kam Dienstag früh zurück, gradeaus
in die Kontore.

Immer frisch und guter Dinge. Wenn die Tante ihn lobte, wie prächtig er
aussehe, da setzte sie auch gleich hinzu:

„Na ja, bei deiner Lebensweise?“

Unlängst legte sich Onkel Aloys hin und war krank zum Sterben.

Eh er aber starb, faßte er mich an der Hand und sprach:

„Lieber Neffe! Ich weiß, du hast ein Frauenzimmer. Aber, glaub mir,
es is nichts mit den Frauenzimmern. Sie machen uns alt. -- Höre, mein
Junge, was ich dir rate: geh drei Tage in jeder Woche in die Alpen.
Sieh dir meinen Buchhalter an, wie gut es ihm getan hat! Er ist
stark und jung. Seit Jahren hab ich ihn auf die Rax geschickt, meine
Ansichtskarten aufgeben. Und sieh mich an: wie elend sie mich gemacht
haben -- die Stadtluft und die Frauenzimmer ...“

Onkel Aloys tat einen schweren Seufzer und verschied.



Reisebekanntschaft


„Sein Sie Englishman?“

„Nein.“

„Well, mein Beileid.“



Warschau


„Herr Graf, kennen Sie den Sektionschef im Eisenbahnministerium?“

„Wenn Grjaff -- so ja; wenn njicht Grjaff -- so njein.“



Der Schlachtenmaler


„Für meine ‚Schlacht an der Katzbach‘ hab ich in Berlin keinen Käufer
gefunden. Ich mal jetzt grüne Federn auf die Mützen und brings nach
Wien als ‚Schlacht bei Aspern‘.“



Schrecken


Ich bin seit ein paar Tagen in Berlin.

Als ich gestern nacht, gegen zwei, in mein Hotel zurückkehrte, stand
auf dem Podest des ersten Stockwerks ein Mann; ein Mann, der mangelhaft
bekleidet war und seine Siebensachen unterm Arm trug; Angstschweiß
stand ihm auf der Stirn; und er schrie:

„Källner! Källner! Aber Kääällner!“

Endlich meldete sich wer.

„Källner!“

„Ja, was wollen Sie denn?“

„Aber Käällner! Meine Räächnung! Ihh ljasse miir njicht gefaallen. Ihh
gehhe auf Kabinet -- steht: ‚Biitte ziiehen!‘ Ihh ziehhe -- koomt mit
großem Gepoolter Waasser durch eine Rohrr. Was siind das für Wiitze,
einen Kavalier so erschreecken?“



Auseinandersetzung


„Sowie meine Geliebte sich von ihrem Mann scheiden läßt, hebe ich unsre
Verlobung jedesmal als zwecklos auf.“



Der Lebemann


„Johann, ich geh jetzt schlafen. Machen Sie übermorgen mittag
Wiederbelebungsversuche.“



Urlaub


Leutnant Hederhasy hatte drei Tage Urlaub nach Budapest gehabt und kam
erfrischt und angeregt zurück.

Der Oberst -- jovial:

„Nun, Herr Leutnant? Haben Sie sich gut unterhalten? Wo sind Sie denn
abgestiegen?“

„Abgestiegen, Herr Oberst?“

„Na, Sie werden doch in irgendeinem Hotel gewohnt haben?“

„Hotel, ich bitte gehorsamst? Bei Tag war ich im Café und bei Nacht im
Tingältangäl.“



Der Dienstmann


„Mei Sohn is akademischer Maler, mei Tochter Klaviervirtuosin. Aber
ernähren muß i’ s’ alle zwaa.“



Beschäftigung


Ins Garnisonsspital Nr. 1, Wien, rückte einst der Einjährige Doktor
Wimmer ein, um sein Halbjahr als Assistenzarzt abzudienen.

„Einjähriger -- sein Sie Spezialist?“

„Jawohl, Herr Oberstabsarzt -- Gynäkologe.“

„No -- dann übernehmen S’ halt die Herren Trainoffiziere.“



Musik


Ich bot einem Wiener Operettendirektor ein neues Singspiel an.

„Von wem komponiert?“ fragte er.

„Von La Touche.“

„So, von La Touche. Sagen S’: is der Herr ein Israelit?“

„Ich glaube nicht.“

„Ja, dann wer i’s kaum aufführen können. Eine Operett von an Christen?
Des wär Religionsstörung.“



Der Lebemann


„Ich bin eigentlich ein merkwürdiger Mensch: immer wieder tu ich die
verlornen Mädchen aufsuchen.“



Der Gymnasiallehrer


„Käthe, heut hatte ich einen wundervollen Traum: ich gab Cicero einen
Fünfer in Latein.“



Das Dichterehepaar


„Der herrliche Tag -- der Sonnenschein -- begeistert es dich nicht,
Otto?“

„Ja. Ich werde was aus dem Bulgarischen übersetzen.“



Staatsprüfung


In der Wiener Konsularakademie, Diplomatenklasse.

Kandidat: Erlaucht Rainer Maria Graf Putitzki zu Putitz ab Rima.

Erste Frage: „Schlacht bei Leipzig.“

Der Kandidat schweigt.

Zweite Frage: „Schlacht bei Königgrätz.“

Der Kandidat schweigt.

Dritte Frage: „Wo sind Sie geboren?“

„In Ljembärg.“

„Wissen Sie das sicher?“

„Ja, ganz siicherr.“

„Na, dann haben Sie wenigstens eine Frage richtig beantwortet.“



Heimkehr


„Mir gangst mit dera Jagerei! Dö Wildsau, wo mir einkreist ham, dös war
a Maler aus München.“



Das Symptom


„Jetzt muß also der arme Hauptmann richtig mit Gehirnerweichung ins
Garnisonsspital.“

„Ich habs lang geahnt. Er war so freundlich zur Mannschaft.“



Anfrage


Die Frau Rentmeisterin von Obradowo war in gesegneten Umständen. Und
fühlte sich höchst sonderbar -- anders als sonst.

Der Gemeindearzt untersuchte sie, getraute sich aber mit keiner
Diagnose hervor. Er telegraphierte um den Physikus nach Gutta.

Der Physikus untersuchte die Schwangere ebenfalls.

„Gnä Frau,“ sagte er, „dösmal saans Zwilling. Aber ’s pressiert nöt.“

Und reiste ab.

Kaum war er weg -- vier Uhr nachmittag -- da kam der erste Junge.

Der Gemeindearzt ließ ihn baden, tuschierte ihm die Augen -- setzte
sich ans Bett und wartete.

Wartete bis fünf. Bis sechs. Bis Mitternacht. Bis zum Morgen.

Nichts. Absolut nichts.

Mittags bekam der Physikus von Gutta folgendes Telegramm:

„~ein bub da wöchnerin ansonsten leer was tun gemeindearzt.~“



Des Leibburschen Rat


„Fuchs, jewöhn dir keene Fremdwörter an; wenn de besoffen bist, kannst
de se nich aussprechen.“



Erziehung


Ich bleibe dabei: nur eine gute Kinderstube gibt uns Fond fürs Leben.

Baron Frimmel, Oberleutnant Berghammer -- aber in Zivil -- und ich --
wir gingen einmal im Prater spazieren. Eigentlich kein Spaziergang,
sondern ein Gewaltmarsch zum Zweck des Lokalwechsels -- drei Uhr früh
-- und wir hielten einander um die Schultern gefaßt, um nicht den
Anstrengungen des Tages zu erliegen.

Drei Uhr früh. Frimmel hatte eine Dogge mit, Berghammer einen
Gummiknüppel, und ich etwas Jiu-jitsu.

Hierauf wurden wir verhaftet, weil der Raseurgehilfe Kamillo
Lendecke (ledig, katholisch, Novaragasse 26) mehrfache Verletzungen
davongetragen hatte.

Vom Augenblick der Verhaftung an hatten wir kein Wort miteinander
gewechselt.

Trotzdem sagten wir, einzeln befragt, übereinstimmend aus: Lendecke
habe sich, unserm gütlichen Zureden zum Trotz, mit dem Kopf in einen
Zaun von Stacheldraht gelegt.

Die drei identischen, mit ruhiger Sicherheit vorgetragenen Aussagen
bewirkten denn auch unsre Freilassung.

Und wir hatten uns doch gar nicht verabreden können.

War auch nicht nötig. Was ein taktvoller Mensch ist, wird sich in
jeder, noch so diffizilen Lebenslage richtig zu benehmen wissen.



Unberührte Naturzustände


„Sehn Se: die Amerikaner haben ihren Yellestonnationalpark; un wir in
Deutschland haben die beiden Mecklenburg.“



Väterlicher Rat


„Du bist nun alt genug, mein Sohn -- sieh dich um eine Frau um!“

„Um wessen Frau, Papa?“



Ehestand


„Also sieh nur, in was für Ungelegenheiten du mich bringst, Melanie!
Jetzt muß ich mich mit meinem besten Freund schießen.“



Verwandtschaft


„So -- das also sind Ihre Brüder. Und die Dame? Ist wohl eine
Schwägerin?“

„Nein, eine Norwegerin.“



Cetinje


Als der König von Italien zum erstenmal bei seinem Schwiegervater
in Montenegro einzog, Nikolaus dem Ersten -- hei, war das ein
Empfang! Jung und alt begeistert -- und Viktor Emanuel warf Gold- und
Silbermünzen in die Menge.

Viktor Emanuel sah nach seinem Schwiegervater, um ihm zu danken -- --
kein Nikolaus weit und breit.

Nikolaus hatte sich unters Volk gemischt und balgte um die Münzen.



Provinz


Der Dirigent hat mit seiner Kapelle geprobt.

„Es geht vorzüglich, meine Herren,“ sagt er, „ich bin sehr zufrieden.
Nur eins: es ist ~D~-Dur, meine Herren -- ~D~-Dur, nicht ~G~-Dur.“



Bohême


„Hast du alles eingepackt, Mieze?“

„Ja. Nur den Kamm hab ich dir draußen gelassen. Du wirst ihn vielleicht
noch brauchen.“

„Ich bin doch nicht wahnsinnig, daß ich mich zweimal kämmen werde.“



Unterricht


Einmal in der Kadettenschule fragte mich Oberleutnant Zwertschek,
Lehrer der deutschen Sprache:

„Zeegling! Was fir ein Unterschied is zwischen den Zeitwertern
‚bekommen‘ und ‚erhalten‘?“

Ich sagte: ‚bekommen‘ und ‚erhalten‘ -- eins wär wie das andre.

„Schlecht,“ sagte Oberleutnant Zwertschek, „es is nicht dasselbe. Denn
bekommen kann man bald eine Frau; aber darum muß man sie nicht gleich
erhalten.“



Basel


Ich fragte:

„Hierzuland nennt man die Kellnerinnen Saaltöchter?“

„Sie irren,“ sagte mir ein Kenner. „Saaltochter und Kellnerin ist
nicht dasselbe. Die Kellnerin kann man nachher sitzen lassen -- die
Saaltochter muß man heiraten.“



Der Ehelustige


„In erster Linie kommt et uff ene diskutable Mitjift an; det Licht im
Schlafzimmer kann man ja abdrehn.“



Verbrecherfang


Der Diplomat muß Komplikationen einfach aus der Welt zu schaffen wissen.

Einst bekam der russische Gesandte in München einen ziemlich lästigen
Auftrag aus Petersburg: er sollte den Untertan Ossip Nikolajewitsch
Bninski verhaften lassen; als welcher Bninski zurzeit im Münchner
Orpheum als Damenimitator auftrete und bezichtigt sei, in seiner Heimat
etliche Taschendiebstähle verübt zu haben.

Wenn Bninski verhaftet wird, muß der Gesandte die Auslieferung
betreiben. Endlose Schreiberei steht bevor -- ein Zustand, der mit
allem Herkommen der Diplomatie auf das peinlichste kontrastiert.

Nach einiger Überlegung begaben sich Seine Exzellenz ins Orpheum
und ließen sich diesen Bninski vorführen; wobei Seine Exzellenz die
Brieftasche unaufhörlich mit der Hand festhielten.

Hierauf verschwand Bninski, von dem humanen Gesandten freundschaftlich
gewarnt, nach Salzburg.

Bei seiner Ankunft in Salzburg wurde er verhaftet -- auf Grund der
Anzeige der Münchener Gesandtschaft.

Und die Auslieferung hatte der russische Botschafter in Wien zu
betreiben.



Der verlorne Sohn


„Papa,“ sprach der Jüngling, „es ist mein unumstößlicher Wille: ich
werde Literat.“

Der Herr Hofrat antwortete:

„Edgar, wenn du uns dö Schand durchaus antun mußt un dei Glück derbei
findst -- gut -- i bin ka Unmensch: geh hin un wer in Gottes Namen
Literat. Nur aans, Edgar, bitt i mir aus als dei alter Vater: Israelit
därfst du darum net wern.“



Die Definition


„Tate, was is das: ä Pantomime?“

„Ä Pantomime, mei Kind is: ma redt ganz wie mä gewehnlich redt -- nur
halt mä dabei äs Maul.“



Ball


„Fräulein, ich liebe Sie.“

„Sprechen Sie mit meiner Mama.“

„Was fällt Ihnen ein -- die darf kein Sterbenswort davon erfahren.“



Hausvaters Sorgen


„Unsre Gouvernante hat ein Kind gekriegt. Nun weiß ich nicht: ist das
mein Enkel oder mein Sohn?“



Abgrenzung der Rechte


Wir hatten einen jungen Marquis im Regiment, einen ungemein netten,
fröhlichen Menschen. Wenn er um sieben in die Kaserne kam, ging er von
Batterie zu Batterie und schmetterte überallhin seinen Gutenmorgen.

Bis eines Tages der Oberst wütend aus dem Stall schoß und schrie:

„Sie, Herr Leutnant! Hier bin fein ich der Gutenmorgensager.“



Der Volksredner


„Darum, Genossen, haltet fest an den Idealen: Freiheit, Gleichheit,
Brüderlichkeit -- oder, wie die Franzosen sagen: ~puberté, légalité,
paternité~.“



Das Publikum


„A so a Sauschwindel! Da kummt der Mensch her ins Fariété, daß ma
fesche Weiber siecht -- daweil san dö Brothers Estrella Männer.“



Fragment


Nimm nie Fremdwörter in den Mund. Man kann nie wissen, wer sie vorher
im Mund gehabt hat.



Café des Westens -- 1913


„Da Könich von Preußen hat wieda keenem Dichta den Schillapreis
valiehen.“

„Ob er wohl prämiiert würde, wenn die Dichter einen Königspreis zu
verleihen hätten?“



Der Oberst


„Herr Leutnant, Sie haben das Manöver im vorigen Jahr nicht mitgemacht,
weil Sie Typhus hatten. Gut. Aber jedes Jahr werde ich solche Ausreden
nicht dulden.“



Speisewagen


„Ich hab vier Passionen, wissen Se: Pferde, Hunde, Damen un Weiber.“

„Und in was reisen Sie?“

„In Barchent.“



Das Majorat


„Als mein Vater starb, vererbte er jedem von uns etwas: Otto kriegte
das Gut, Robert das Barvermögen und ich die Arterienverkalkung.“



Der Agrarier


„Satt bin ick wie en Schwein. Frage: wat nu essen?“



Superarbitrium


Eines Tages standen wir in Reih und Glied im Kasernhof -- schon seit
sieben -- und warteten auf den Herrn General. Es war halb neun.

Da trat der Schwabe Furtinger, Rekrut-Unterkanonier, aus der Front,
legte seine Flinte hin und sprach mit freundlichem Lächeln:

„Dem Furtinger dauerts allweil z’ lang.“

-- -- -- Tags darauf war Furtinger als ‚schwachsinnig, auch zu jedem
Landsturmdienst ungeeignet‘ aus dem Heeresverband entlassen.

Schnürte sein Bündel und zog ab.

Der Oberst blickte ihm sinnend nach.

Und sprach:

„Mir scheint -- mir scheint, meine Herren; den Allerschwachsinnigsten
ham mir da allweil nit entlassen.“



Zwei Fliegen auf einen Schlag


„Schreckliches Leben; mein Mann ißt so viel -- und die Kinderchen sind
so schlecht aufgelegt.“

„Gnädigste, schaffen Sie sich eine Gouvernante an mit pulsierenden
Glotzaugen!“



~Chambre séparée~

„Wirf das Silberpapier vom Käs nicht weg, Ottochen. Mein Mann
sammelts.“



Albion


Im Bahnwagen war ein Streit ausgebrochen. Der Engländer war nicht zu
bewegen, das Fenster zu schließen.

„Ich habs Reißen,“ rief der Herr aus Wien.

Der Engländer rührte sich nicht.

„Sö, wann Sö meine Gicht hätten ...“

Auf den Engländer machte es keinen Eindruck.

„Himmelherrgottsakra und Fixneusiedel -- wern Sö dös Fenster zumachen?
Oder i ruf ’n Konduktör.“

Der Schaffner kam, schob den Engländer beiseite und schloß.

Der Engländer zückte seinen Spazierstock -- tuck, tuck, tuck -- und
schlug die Scheibe aus.



Die Mutter


„A sauberer Herr, der Herr Kunstmaler! Jetz is mei Nelli scho vier
Monat in der Hoffnung -- aber ’s Modellgeld hat er ihr noch immer net
zahlt.“



Predigt


„Liebe Mitchristen, eine gute Predigt muß sein wie ein guter
Kalbsbraten: Sonntag wird er angeschnitten und labet uns die ganze
Woche.“



Afrika


Einst berief Menilek II., Herr von Abessynien, die Vertreter der
europäischen Mächte zu sich und eröffnete ihnen: er habe seinen
Großneffen zum Nachfolger auf dem Thron bestimmt.

„Warum den Großneffen, Majestät? Warum nicht den Neffen?“

„Weil mein Neffe zu dumm ist.“

— — —

Die Gesandten gingen heim. Unterwegs sprach Marquis ~A~ zu Baron ~B~:

„Geben wirs auf, Exzellenz! Wir werden dieses sonderbare Volk doch nie
begreifen lernen.“



Das Witzblatt des Himmels


„Der Herr der Heerscharen ist mißgestimmt. Wir müssen ihn erheitern.“

„Abonnieren wir einfach eine theosophische Zeitschrift.“



Bohême


„Nun hab ich endlich das Hemd gefunden.“

„Wo ist es denn gewesen?“

„Im Wäscheschrank.“

„Na, wer kann denn auch auf diese Idee kommen?“



~Qui cito dat~


Doktor Karlinger hatte einem jungen Kavalier aus der Schlammastik
geholfen -- allerdings zu ungeheuerlichen Bedingungen: zweihundert
Prozent Zinsen ungefähr.

Nun stand Karlinger vor dem Ehrenrat der Niederösterreichischen
Advokatenkammer, angeklagt des Wuchers.

„Meine Herren,“ sprach Karlinger, „angenommen, ich bin in der
Schlacht bei Bosworth; König Richard schreit: ‚Ein Pferd! Ein Pferd!
Ein Königreich für ein Pferd!‘ -- Ich liefere ihm das Pferd. --
Was geschieht? Es kommt der Ehrenrat der Niederösterreichischen
Advokatenkammer und diszipliniert mich wegen Wuchers.“



Verkehr


„Auf welchem Gleis kommt der Zug aus Bopfingen, Herr Stationschef?“

„Ja, das kommt ganz drauf an, ob der Zug 9 Uhr 55 früher kommt oder der
11 Uhr fünfer.“



Der Fehler


„Die Majorin ist hübsch, geistreich, jung -- ich hätte nichts gegen sie
einzuwenden -- wenn sie nur nicht schnarchte.“



Die Wähler


Als ich noch bei den Benzigerdragonern diente, rief man uns einmal nach
Tarnopol. Reichsratswahl -- wir sollten die Ordnung aufrecht halten.

„Verdammt,“ sagte ich am Morgen dem Bezirkskommissär, „heut wirds was
zu tun geben.“

„Absoljutt njicht, Herr Leitnant, absoljutt njicht. Bei unjs njicht.
Wir wällen onnje Miljitärrassistenz unjd soljche Mittel. Gaanzer
Wahlbeziirk hatj 3000 Wäller, und wirr chabben schonj übberr 6000
Stiimmzättelj fürr Regirrungskandidatten inj der Urne.“



Zeremoniell


Wominski war eines Tages gefürstet worden.

Der Diener:

„Befehlen Durchlaucht dieselben Hosen, was gräfliche Gnaden gestern
getragen haben?“



Ausflug


„Wer ist die Dame, mit der Sie hier sind?“

„Das ist meine Schwester.“

„Und der Herr?“

„Das ist ihr Bruder.“



Geistlicher Zuspruch


Fahrkanonier Lendecke hatte sich auf listige Art um die Osterbeichte
gedrückt.

Der hochwürdige Herr Feldkurat erfuhr es und redete dem schlechten
Christen also ins Gewissen:

„Lendecke,“ sprach er, „Lendecke -- genügt es, ein mutiger Soldat
zu sein, ein guter Stangenreiter? Nein, mein Sohn! Mit diesen
militärischen Tugenden kannst du Geschützvormeister werden, vielleicht
auch Korporal. So du aber eingehen möchtest in die ewige Seligkeit, o
Lendecke, wenn du teilhaftig werden willst des Paradieses -- wohin mußt
du vorher deine Schritte lenken?“

„Ins Garnisonspital Nr. 1,“ sprach Lendecke.



Bekanntmachung


„Das Bureau des Freidenkervereins bleibt am Montag und Dienstag der
jüdischen Feiertage wegen geschlossen.“



Der Patriot


„Wir haben in Dakota Eilzüge, die machen 250 Kilometer in der Stunde.
Und sie machen nur 250 -- nicht etwa weil die Maschinen zu schwach
sind, sondern weil die Stunde zu kurz ist.“



Fatum


Ich war nach Aussig berufen worden, um eine Vorlesung zu halten. Der
Unternehmer sagte sie im letzten Augenblick ab.

Ich verlangte Schadenersatz. Es kam zum Prozeß. Der Unternehmer siegte.

In der Begründung des Urteils heißt es:

„Der beklagte Unternehmer beruft sich mit Recht darauf, daß ihm
die Veranstaltung der Roda Roda-Vorlesung von seiten des k. k.
Bezirkshauptmanns verboten worden ist, demnach eine schuldbare
Unterlassung des Unternehmers nicht vorliegt. Ein Verbot des k. k.
Bezirkshauptmanns ist vielmehr einer ~vis major~ gleichzuachten, da es,
wie ein Elementarereignis, einen nicht vorhersehbaren blinden Zufall
bildet, welchen abzuwehren die menschlichen Kräfte übersteigt.“



Salzkammergut


„Wirr in Archangelsk chabben genjau, abber ge--njau das gljeiche
Klimma. Nurr fehllt bei unjs die Kurrtaxe.“



Medizinisches Kolleg


„Deutschmann heilt jeden vierten Fall von ~Amotio retinae~. Theoretisch
ist das allerdings unmöglich.“



Assimilation


Es war eine erhebende Feier -- Dr. Walter (Isidor) Mandels Taufe. Der
Pfarrer hielt eine wunderschöne Rede -- Matth. 26, 61:

„Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und denselben wieder aufbauen.“

Man wünschte dem Neophyten Glück, und die Frau Gräfin sagte: nun sei
die Vergangenheit ausgelöscht, und ein neues Leben fange an im Schoß
der heiligen Kirche.

Alle gingen gerührt.

Da fragte der Pfarrer den Mesner:

„Hat dir der Jud auch Trinkgeld gegeben?“



Sanatorium


„Bedaure, gnädige Frau, wir haben nur ein Zimmer zweiter Klasse frei.“

„Oh, das macht nichts.“

„Natürlich nicht. Wir werdens auch als erste Klasse berechnen.“



Die Enzykliken


„Wenn man diese verschiedenen Enzykliken liest -- es macht beinah den
Eindruck, als ob der Papst selbst an den Katholizismus glaube.“



Zensur


Eines Tages ließ der Breslauer Zensor den Konzertdirektor Kattinger
kommen und sagte ihm:

„Sie haben ein Konzert des Böhmischen Streichquartetts angekündigt?“

„Jawohl, Herr Assessor.“

„Sind Sie auch sicher, daß die Leute sich jeglicher politischer
Demonstration enthalten werden?“

„Aber gewiß, Herr Assessor.“

„Na, zur Sicherheit muß ich doch die Texte vorgelegt bekommen.“



Der Naturmensch


„Herr Tauber, gehen Sie zum ~five o’clock~ zu Geheimrats?“

„Naa. Zwegen dem bißl haaßen Wasser wer i mir nöt zwaa Stund die
hochdeutsche Pappen einhenken.“



Riviera


„Wer ist denn die Dame?“

„Meine zweite Frau.“

„Ah! Was ist denn mit deiner ersten Frau geschehen?“

„Zu Haus gelassen.“



Medizin


In Graz im Garnisonsspital wollten sie mir einst einen Knochensplitter
entfernen.

Schon setzte der Regimentsarzt das Messer an -- da erlaubte ich mir,
aufmerksam zu machen:

„Ich glaub, du hast das Messer nicht sterilisiert.“

„Ja, lieber Freund,“ sagte der Regimentsarzt, „da hätten mir beim
Militär viel zu tun, wann mir sollten a jede medizinische Modenarrheit
mitmachen.“



Anfang


„Kann Ihre Sekretärin schon selbständig Briefe schreiben?“

„Ja -- aber einstweilen nur die groben.“



Medisance


„Wer sind die zwei?“

„’n ganz junges Ehepaar. Noch nich mal verheiratet.“



Baden bei Wien


„Das soll ein Schwefelbad sein? Das Wasser ist doch ganz klar.“

„Oh, nur zu Beginn der Saison.“



Das Militärstrafgesetz


In Esseg stand ein Kanonier vor dem Kriegsrecht -- er war angeklagt,
einen Feldwebel bei Nacht und Nebel schwer verprügelt zu haben.

Zu allgemeiner Verwunderung kam er mit anderthalb Jahren Kerker davon.

In der Urteilsbegründung hieß es aber ausdrücklich:

Dem Angeklagten hätte nach dem Wortlaut des Gesetzes eine viel, viel
härtere Strafe gedroht; wenn das Gericht diesmal so ungewöhnliche Milde
walten ließ, geschah es nur aus der Erwägung: daß dem Angeklagten
seine Täterschaft in keiner Weise, nicht einmal im entferntesten,
nachgewiesen werden konnte.



Fragment


Wenn der Papst von der Christenheit wenig entzückt ist, gibt er eine
Enzyklika heraus.



Kunstakademie


„Huber? Nein, Huber hat kein Talent. Er hält nicht mal unsern Professor
für ’nen Esel.“



Hofbräuhaus


„Ich saß also im Restaurant, ich aß ...“

„Da haben S’ recht -- dös san S’.“



Das Institut


Man soll sich ein wenig um seine Kinder kümmern.

Mein Oheim, Ignaz Roda, der Konsistorialrat, ist Witwer. Er brachte vor
ein paar Jahren sein Söhnchen in ein Knabeninstitut nach Lausanne.

Diese schweizerischen Institute sind ausgezeichnet organisiert: man
braucht nur ein Kind beizustellen, die Erziehungskosten und einen
Wunsch -- nach ein paar Jahren kriegt man das Kind wieder -- genau nach
Wunsch fertig erzogen.

Der Sohn des Konsistorialrats Ignaz Roda sollte Feldprediger werden.

In diesem einen Fall muß in Lausanne eine Verwechslung passiert sein:
Ignaz der Zweite ist eben zurückgekommen, fertig ausgebildet -- leider
irrtümlich als Rabbiner.



Fragment


Der Richter ist der Kapellmeister, das Gesetz die Partitur. Wenn Ihr
Diskorde hört -- wer mag da schuld sein?



Entrüstung


„Der Kerl hat mir geschworen, daß er ledig is -- daweil is er wegen
Bigamie bestraft.“



Der Wohltäter


Es kam eine Frau zu Rothschild und bat um Unterstützung.

Rothschild blickte sie prüfend an und schrieb eine Anweisung:

  80 M.

Schon während er schrieb, sprach die Frau:

„Herr Baron, ich bin aus gutem Haus, aus jüdischem Haus ...“

„Ach so,“ murmelte Rothschild -- riß sinnend den ersten Zettel in
Stücke und schrieb sinnend einen andern:

  310 M.

Die Frau fuhr fort:

„Wie gesagt: aus gutem, jüdischem Haus, eine Frankfurterin.“

„Sie sind Frankfurterin? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?“

Und Rothschild kritzelte einen dritten Zettel:

  2779 M.

„Sie vergessen, Herr Baron, daß Ihre Tante Berta die Gliedkusine meines
verstorbenen Mannes war.“

„So ist die Sache?“ rief Rothschild -- musterte die Frau noch einmal
und schrieb:

  49607 M. 10 Pf.

„Ich mache Sie aber aufmerksam, liebe Frau: wenn Sie sich auch noch für
meine Tochter ausgeben, lasse ich Sie verhaften.“



Der Goldfisch


„Herr Leutnant, meine Eltern sind so verschlossen, und Sie wissens
bestimmt -- sagen Sie mir, bitte: wieviel kriege ich denn mal mit?“



Die Gouvernante


„In zwanzig Häusern bin ich nun gewesen -- in neunzehn haben mir die
Herren nachgestellt. Der zwanzigste konnte nicht -- er lag in Agonie.“



Die Lebensweise


„Herr, Sie sehen ja ganz verkatert aus. Leben Sie denn so unregelmäßig?“

„Bewahre! Gehe regelmäßig dreihundertmal im Jahr schlafen.“



Der Übelstand


„Nun, Helene, bist du mit deiner neuen Köchin zufrieden?“

„Soweit ja. Aber sie heißt unglückseligerweise so wie ich -- und wenn
ich nun ‚Helene‘ rufe, kommen wir alle beide.“



Der Aberglaube


In Salonik wirkte eine Ärztin -- ein wahrer Segen für die islamitischen
Frauen, die sich ja von männlichen Ärzten nicht untersuchen lassen
mögen.

Wenn die Ärztin ein Rezept geschrieben hatte, trugen die Hanüms es --
gleichwie einen Kor’anvers -- als Amulett am Hals -- gingen aber nicht
etwa in die Apotheke, um das Medikament anfertigen zu lassen.

Dadurch wurden viele vom sichern Tod errettet.



Kurfürstendamm


„Ick rate Ihnen, jehn Se nich bei Arnows. Da kommt man vor lauter
feinem Benehmen nich zum Essen.“



Agrarier


„Ja, v. Schwelbow hats jut. Voriges Jahr die jrößten Kartoffeln --
heuer Profithagel, versicherte Scheune abjebrannt -- dann noch Manöver
mit Flurschaden -- der reenste Ring des Polykrates.“



Ein Druckfehler im Erlkönig


    „Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
    Und bist du nicht billig, so brauch ich Gewalt.“



Die Neuerung


Mein Name ist Schmidt.

Meine Schwiegermutter wohnt bei uns -- sie heißt Frau Mertens.

Meine Schwester ist die Witwe Spahn.

Mein Söhnchen -- aus der ersten Ehe meiner Frau -- heißt Siegmund Vogel.

Gestern ist uns ein kleines Mädchen geboren worden. Es wird Martha
heißen.

„Und wie noch?“ fragt der kleine Siegmund.

„Martha Schmidt natürlich,“ antworte ich. „Ich heiße doch auch Schmidt.“

„Nanu,“ ruft Siegmund, „was is +det+ nu wieda vor ne Mode, det de Kinda
nach ’m Vater heeßen?“



Die Leutnante


„Eben nem Zivilisten auf’n Fuß jetreten.“

„Nu -- ntschuldigte er sich wenigstens?“



Die Schwester


Elsbeth, ein Backfisch mit feurigen Augen, hört, daß die ältere
Schwester einen Freier abgewiesen hat.

„So ne Gans!“ sagt sie. „Wenn um mich einer anhalten käm -- ich kniff
ihn vor Freude ins Bein.“



Der Bauer


Wenn Exzellenz von Pfannenstiel seine Husaren besichtigt, da übt er
eine besondre Methode: ihm genügt nicht, die Ausbildung im großen zu
prüfen, er will grade die kleinsten Zweige des Dienstes beurteilen. Vor
allem sieht er darauf, daß auch der einzelne Mann ausrichtsam sei.

Zu einem Korporal:

„Sehen Sie dort weit am Horizont den Bauernwagen? Reiten Sie hin,
fragen Sie den Bauern, wie er heißt, von wo er kommt, wohin er fährt
und was er führt.“

Drei Stunden später.

„Ist der Korporal noch nicht da?“

„Jawohl, Exzellenz.“

„Nun, was hat der Bauer gesagt?“

Der Korporal schweigt.

„Hören Sie nicht? Was hat der Bauer gesagt?“

Der Korporal schweigt.

„Himmelkreuzmillionenelement, Korporal, was hat der Bauer gesagt?“

„Exzellenz, ich bitt gehorsamst, er hat gesagt: er heißt Steuerzahler
und fahrt auf die Kirchweih, damit Exzellenz ihn dort besuchen können.“



Vom Nikotin


Ob das Rauchen schädlich ist?

Gustav Meyrink, der doch nächst Gott am meisten weiß, raucht nicht.

Die berühmte Gräfin Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem aber ist eine
passionierte Raucherin.

Das sind zwei Indizien gegen den Tabak.

Andrerseits:

Mein Großvater hat geraucht und ist dreiundneunzig Jahre alt dabei
geworden.

Mein jüngerer Bruder hat nie geraucht und ist mit vier Wochen gestorben.

Da kenne sich aus, wer kann.



Fragment


    Alles Gute ist schon gedacht worden,
    Alles Gedachte schon einmal gesagt worden,
    Alles ist auch schon einmal verlacht worden.



Die erste Frage


„Habe jestern Dame überritten.“

„War se hübsch?“



Konsequent


„Ein elender Aufschneider, dieser Flotow! Was meinen Sie -- er hat
sogar doppelt so viel Einkommen zur Steuer angemeldet, wie er hat.“



Mnemotechnik


„O, Sie hier, Herr Pleininger?“ rief ich. „Was machen Sie denn in der
Stadt?“

„Einkaufen. Tausend Sachen einkaufen.“

„Da haben Sie wohl einen langen Besorgungszettel mit?“

„I -- wo -- ich merk mir alles. Is ja nit so schwer: einen Südwester
für die Schwester, Munition für den Sohn, Butter für die Mutter, der
Kusine eine Gardine, für Tantchen etwas Proviantchen und ein Schwammerl
fürs Ammerl.“



Das Brautpaar


„Sieh den Stern da oben, Oskar -- das ist unser Glücksstern.“

„Du irrst, Geliebte! Das ist Alpha im Kleinen Hund.“



Fragment


Neid ist der Ärger über den Mangel an Gelegenheit zur Schadenfreude.



Der Weltmann


„Ich bin ein so leidenschaftlicher Feind der Ehe, daß ich sogar die
schon bestehenden Ehen zu stören suche.“



Die Richtigstellung


Oberleutnant Glauber vom Eisenbahnregiment hatte einen Vortrag gehalten:

„Die Elektrizität im Kriege.“

Seine Exzellenz, der Herr Kavalleriedivisionär, schüttelte Glaubern die
Hand.

„Wirklich sehr klar und instruktiv, Herr Oberleutnant! Man hat
doch jetzt eine Vorstellung von diese Sachen. -- Nur eins, Herr
Oberleutnant: Sie haben von Kilowatt gesprochen; das ist ein kleiner
Irrtum; ich kenne den Mann, er ist mein Freund; er heißt Graf Kolowrat.“



Das Restaurant


„Kellner, einen Gamsbraten!“

„Sofort wird einer frei, bitte.“



Das Familienblatt


„Bringt denn Ihre Zeitschrift auch moderne Bilder?“

„Gewiß -- im Anzeigenteil.“



Folklore


„Tragen hier im Dorf die Mädchen noch die Volkstracht?“

„Nur, wenn sie als Ammen in die Stadt gehen.“



Der Schnüffler


„Dieser Goethe ist immer unsittlich. Da schreibt er:

    ‚Was du ererbt von deinen Vätern hast,
    Erwirb es, um es zu besitzen.‘“

„Wo steckt denn da die Unsittlichkeit?“

„Na, erlauben Sie? ‚Vätern‘ in der Mehrzahl?“



Einst


„Wat loofen denn hier for ne Türken herum?“

„Det is doch die Deputation aus Konstantinopel. Allah is ja ~à la
suite~ des Jarderements jestellt worn.“



Der Stoff


„Lieber Rößler,“ sagte ich eines Tages, „du sollst ja ein Drama
vollendet haben. Was für einen Stoff behandelt es?“

„Unverstandene Frau mit tötlichem Ausgang.“



Klub


„So ein Glückspilz, der Baron Mendelberg! Seine Geliebte hat ihm die
Frau erschossen -- jetzt ist er beide auf einmal los.“



Goldne Worte


Der junge Doktor aus Boston sprach:

„Ich verstehe mich ganz gut in Deutschland. Nur eins ueiß ich nicht:
daß ich immer höre reden von eine Ausspruch von Götz von Berlichingen.
Uas hat Götz Besondres gesagt? -- -- -- Ach, Sie uollen nicht Auskunft
geben? Ist es am Ende das, was Bayern immer rufen, uenn man sie
narkotisiert?“



Eine sonderbare Geschichte


„Da unlängst komm ich nach Haus -- ich klingel und klingel -- es
klingelt nicht. Ich öffne die Tür -- is sie zu. Ich tret ein und seh
meine Frau an -- is sie nich da. Na, da hab ich mich zusammengepackt
und bin zurück ins Wirtshaus.“



Fragment


Weisheit ist Konsequenz, Klugheit -- Kompromiß.



Der Chef


„Was, Herr? Zwanzig Jahre sind Sie schon bei mir angestellt und haben
noch niemals Urlaub gehabt? Ja, warum wollen Sie dann jetzt plötzlich
Urlaub haben?“



Rencontre


Der General a. D. v. Kämitz pflegt seinen Frühschoppen im
Tirolerstübchen zu trinken.

Eines Tages findet er alle Tische von Fremden besetzt; bleibt in der
Tür stehen und murmelt -- etwas zu laut:

„Keen eenziger anständiger Mensch hier.“

Da fliegt ihm ein Bierfilz an den Kopf.

„Pardon. Eener,“ sagt der General.



Der Weltmann


„Superbes Weib! Ich wollt, ihr Mann hätte Grund, mich zu züchtigen.“



Das Töchterlein


„Ach, Mama, kauf mir doch für fünfzig Pfennig Schokolade!“

„Ich habe kein Geld.“

„Kauf nur, Mama -- du kannst mirs später von der Mitgift abziehen.“



Varieté


„Nun, Herr Brinkmann -- reisen Sie noch immer mit Ihrer
Akrobatentruppe?“

„Ja. Nur die Großmutter kann das Doppelsalto nimmer recht schaffen.“



Der Beamte


Herr Hofrat Neuhäusel hat eine Abordnung streikender Eisenbahnarbeiter
empfangen.

„Nun,“ fragt der Minister, „haben Sie mit den Leuten unterhandelt, Herr
Hofrat?“

„Ich habe es wenigstens versucht, Exzellenz. Aber ich kann nur
feststellen: die Leute eignen sich gar nicht für den Verkehr mit der
Behörde.“



Fragment


Kranke sind unvernünftig, Gesunde sind leichtfertig, Genesene weise.



Empfang


Am ersten Tag im Gymnasium fragte der Herr Oberlehrer einen Schüler:

„Wie heißen Sie?“

„Fontane.“

„Wie??“

„Fontane.“

„Na, warten Sie -- Ihren Adelsstolz werden wir Ihnen schon austreiben.“



Dresden am Tegernsee


„Gunigunde und Garl -- nu seht hibsch grob drein -- das gehört zum
Gostüm!“



Das Liebesmahl


Der Herr Oberst ist allen so recht aus dem Herzen pensioniert worden
-- aber ein Liebesmahl muß man ihm dennoch geben und eine Rede dabei
halten. Das muß man.

Der Herr Major feiert also den Scheidenden:

„So fasse ich denn alles zusammen, meine Herren, in den dreifach
donnernden Ruf: ‚Der Herr Oberst lebe hoch! hoch!...‘“

Alles schweigt eisig.

Der Herr Major kleinlaut:

„Wegen zu geringer Beteiligung der Herren entfällt das dritte Hoch.“



Fragment


Man muß den Kämpfer an seiner Idee messen. Wer ist Held und wer ist
Fanatiker?



Liebesglück


„Mein Mann hat sich in mich verliebt, als wir zum erstenmal zusammen im
Bett frühstückten.“



Fragment


Der pensionierte General: Auflösung einer großen Erwartung in eine
lange Pfeife.



Die Affäre


Eines Tages kam ein sehr eleganter Herr zum Herrn Obersten v. Nagel und
bat um eine Unterredung.

Eine Viertelstunde später geleitete der Oberst seinen Besucher an die
Tür und sagte:

„Herr Baron -- so peinlich der Fall ist -- seien Sie versichert: was
an mir liegt, wird gewiß geschehen, um die Angelegenheit in Ordnung zu
bringen.“

Nachmittag ließ der Herr Oberst v. Nagel seine Offiziere antreten.

Und hielt eine lange Rede an sie.

Der Herr Oberst sprach von einem gebeugten Vater, der um das Glück
seiner Tochter zittere ...

Und der Herr Oberst sprach von den Pflichten des Kavaliers -- einer
Dame gegenüber, die vielleicht in einem Augenblick des Selbstvergessens
zu weit gegangen sein könnte -- eben mit diesem Kavalier ...

Und der Herr Oberst sagte: er wolle keinen Namen nennen und die
Angelegenheit überhaupt möglichst diskret behandeln -- der betroffene
Herr würde schon selbst fühlen, was er zu tun habe.

Am selben Abend hielten drei Leutnante und fünf Rittmeister um die Hand
der Oberstentochter an.



~Il giornalista~


Schauplatz der Begebenheit: Riva, Café ... -- na, wie hieß es doch
gleich? Kurz: ein Café in Riva.

Ich bin von den Ponalefällen gekommen und möchte den Wagen bezahlen.
Dazu muß ich ein Goldstück wechseln.

Rasch ins Café. Da, als ich eintrete, ist der Cafetier knapp vor mir
eingetreten, schmeißt die Tür zu -- mir entgegen ... Klirr! Ratsch! Die
Glastafel ist zerbrochen, meine Hand blutet. Blutet immer ärger.

„’tschuldigen schon,“ sagt der Wirt.

„O, bitte -- es war mir ein Vergnügen.“

Fünf Minuten später bringt man mir eine Rechnung:

„~1 lastra di vetro decorata ... 12 L.--~“

Ein Blick auf die Uhr: es ist drei. Mein Dampfer geht um vier. Ich weiß
nicht, wie ich diese Stunde amüsanter und lehrreicher verbringen könnte
als auf einem südtirolischen Bezirksgericht.

„Eine Glastafel -- zwölf Lire? Ich zahle nicht.“

Nach mannigfachem Hin und Her schreiten wir dem Gerichtsgebäude zu.
Zeugen sind der Münchener Maler Wilm und eine junge Dame, die zufällig
dabei war. Wirklich zufällig dabei war. (Sowohl Wilm wie ich sind
verheiratet.)

Der Wirt bringt seine Klage vor.

Ich erwidere: die Schuld läge nicht an mir; der Wirt habe mir die
Tür entgegengeworfen; übrigens müßten Glastüren durch Gitterchen,
Messingstangen oder dergleichen verwahrt werden.

Grade dieser Einrede schenkt der Richter -- wie erstaunlich --
besondres Gehör. Und Richter, Kläger, Angeklagter und Zeugen
unternehmen einen Streifzug durch Riva, um festzustellen, ob die
Sicherung von Glastüren durch wagrechte Messingstäbchen ortsüblich wäre.

3 Uhr 45. Der Streit ist nicht entschieden. Noch lange nicht.

Ich beantrage Vertagung. Der Richter ist einverstanden, wenn ich mich
legitimieren könne. Ich kann mich legitimieren: Roda Roda aus München.

„Waaas?“ ruft der Wirt -- „Wie? Roda Roda? Nein, Herr, von Ihnen nehme
ich nichts. Nein, nicht einen Heller.“

Ich verstehe plötzlich Dionys, den Tyrannen, der Möros, seinem Feind,
verzieh. Ich wachse um zwei Zoll. Mein deutsches Wams wird mir zu
enge. Ich spende zwölf Lire der Armenkasse von Riva und reiche dem Wirt
stumm, bewegt die Hand.

Und vor der Tür sagt mir der Wirt:

„Sie sind ~giornalista~. Mit einem ~giornalista~ aber will ich keine
Händel haben. Ich bin einmal im ~Corriere della sera~ jämmerlich
verrissen worden.“



Fragment


    Ihr meine Kinder! Euer Haar ist seiden,
    Die Hülle spannt sich über junge Brüste,
    Das Auge blitzt -- fast möcht ich euch beneiden.
    Die Sonne meiner Tage geht zur Rüste,
    Mit uferlosen Wünschen muß ich scheiden --
    Ihr landet einst an der erträumten Küste.



Beim Dichter


„Kinder, freut euch, es gibt bald wieder Kartoffel -- Vater ist
inspiriert.“



Von =Roda Roda= sind erschienen


bei +Dr. Eysler & Co. A.-G.+ in Berlin:

  Der Schnaps, der Rauchtabak und die verfluchte Liebe. 34. Auflage.

  Ihre Gnaden und die Bäuerinnen (Kaiserliche Kämmerer -- Adlige
  Geschichten). 19. Auflage.

  Schummler, Bummler, Rossetummler. 24. Auflage.

  Der Pascha lacht. Morgenländische Schwänke. 25. Auflage.

  Die Kummerziege. 4. Tausend.

  Der Feldherrnhügel. Schnurre in drei Akten von Roda Roda und Carl
  Rößler. 17. Auflage.

  Der Sanitätsrat. Komödie in drei Akten von Roda Roda und Gustav
  Meyrink. 2. Tausend.

  Bubi. Lustspiel in drei Akten von denselben. 2. Tausend.

  Die Sklavin aus Rhodus. Lustspiel in drei Akten, nach dem Eunuchus
  des Terenz, von Roda Roda und Gustav Meyrink, Musik von Eugen
  d’Albert, Ausstattung von Olaf Gulbransson. 2. Tausend.

  Die Staatsgewalten. Drei lustige Akte. 2. Tausend.

  So jung und schon ... 40. Tausend.

  Die verfolgte Unschuld. 68. Tausend.


bei +Rösl & Co.+ in München:

  Irrfahrten eines Humoristen. 5. Tausend.

  Die Streiche des Junkers Marius. Ein Buch für Backfische. 15. Auflage.

  Schwabylon oder Der sturmfreie Junggeselle. 10. Tausend.


bei +Philipp Reclam jun.+ in Leipzig:

  Die Uhr. Ein Spiel in zwei Akten. 3. Auflage.


bei +Ullstein & Co.+ in Berlin:

  Frau Tarnotzis feinster Coup. 40. Tausend.

  Serbisches Tagebuch. 50. Tausend.


im +Rikola-Verlag+ zu Wien:

  Das Rosenland. Bulgarische Gestalter und Gestalten. 4. Tausend.

  Die sieben Leidenschaften. 10. Tausend.

  Von Bienen, Drohnen und Baronen. 27. Auflage.


bei +Paul Steegemann+ in Hannover:

  Eines Esels Kinnbacken. 28. Auflage.


im +Weltbücher-Verlag+ München:

  Weisheit des Morgenlandes. 10. Tausend.



~Romane der Eleganten Welt~


~Diese vornehm ausgestatteten Bände haben sich mit ihrem
hochinteressanten spannenden Inhalten die Gunst der deutschen Leserwelt
gewonnen, mit den reizvollen Titelbildern erster Künstler sind sie eine
Zierde für jede Bücherei, für jeden Lesetisch ... ... ... ... ... ...
... Wir empfehlen besonders~:


Hans Hyan: Diabolus

~Gestalten unserer Zeit~


F. W. Koebner: Das Décolleté der Marquise

~Roman aus der hohen Diplomatie~


Leo Leipziger: Der Berg-Hirsch

~Ein Börsen-Roman~


Alfred Schirokauer: Die kleinen Fürsten

~Diplomatie und Liebe am Balkan~


Margarete Böhme: Lukas Weidenstrom

~Die Geschichte eines bewegten Lebens~


Serafine Détschy: Orchidea

~Roman aus der Kunstwelt~


Hans Land: Entgleist

~Die Tragödie einer Künstlerin~


Margarete Böhme: Die grüne Schlange

~Roman aus der Revolutionszeit~


~Durch alle Buchhandlungen!~

~VERLAG DR. EYSLER & CO. A. G.~

~Berlin SW 68 * Markgrafenstraße 77~



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